Die Rolle von Sphingosin-1-Phosphat und seines Rezeptors S1P2 in der Regulation des Gleichgewichts zwischen Osteo- und Adipogenese und der Knochenhomöostase

Das biologisch aktive Sphingolipid Sphingosin-1-Phosphat (S1P) spielt eine wichtige Rolle bei der Regulation vieler physiologischer Prozesse. Zunehmende Beachtung fand in den letzten Jahren die Rolle von S1P im Knochenstoffwechsel. In der hier vorgelegten Arbeit konnte gezeigt werden, dass eine pharmakologische Inhibition oder induzierbare Deletion der S1P-Lyase in adulten Mäusen zu einem Anstieg des Knochenvolumens und, überraschenderweise, einer Reduktion des weißen Fettgewebes führte. Der Anstieg des Knochenvolumens lag zum einen in der Inhibition der Osteoklastenaktivität und -Differenzierung, deren Ursache in einer S1P-vermittelten Induktion der OPG-Expression und –Sekretion in Osteoblasten identifiziert wurde. Zum anderen war die Osteoblastenaktivität in diesen Modellen stimuliert, was sich in vitro in verstärkter Proliferation, Mineralisation und v.a. Differenzierung durch S1P Stimulation widerspiegelte. Bei beiden Mechanismen spielte der S1P2-Rezeptor eine entscheidende Rolle. Das wurde in vitro durch Experimente mit S1P2 Antagonisten und S1P2-defizienten Osteoblasten nachgewiesen und in vivo durch den Phänotyp von S1P2-Knockout Mäusen bestätigt. Für die S1P-vermittelte Induktion der OPG-Genexpression wurden zwei unabhängige und zeitlich überlappende Signalwege identifiziert – eine unmittelbare Aktivierung der OPG-Genexpression über einen neuen p38 MAPK/GSK3β/β-Catenin-abhängigen Signalweg und eine später einsetzende, durch Wnt5a und Lrp5 vermittelte OPG-Induktion. Die kausale Beteiligung beider Wege wurde durch die Inhibition der OPG Produktion mittels p38 MAPK Blockade bzw. Wnt Inhibition gezeigt. Gleichzeitig wurde für den S1P/S1P2 Signalweg eine Schlüsselrolle bei der Osteoblastendifferenzierung identifiziert: dieser beeinflusste nachhaltig die Entscheidung von Progenitorzellen zwischen Osteoblastogenese und Adipogenese zugunsten der Entstehung von Osteoblasten. Entscheidend war dabei die Wirkung von S1P auf die an diesem Prozess beteiligten Transkriptionsfaktoren: S1P induzierte einerseits den Osteoblasten-spezifischen Transkriptionsfaktor Osterix und supprimierte andererseits die adipogegenen Transkriptionsfaktoren PPARγ und C/ebpα. Beides ging mit gleichsinnigen Effekten auf die Expression ihrer nachgeschalteten Gene einher. Dass dem Einfluss von S1P auf PPARγ eine kausale Rolle dabei zukam, wurde durch die Aufhebung aller S1P-Effekte auf die Differenzierung durch den PPARγ-Agonisten Rosiglitazon nachgewiesen. Diese in vitro nachgewiesene Wechselwirkung zwischen Osteo- und Adipogenese wurde in vivo durch den Phänotyp aller in dieser Arbeit untersuchten Modelle eindrücklich bestätigt: Inhibition oder Deletion der S1P-Lyase resultierte neben dem Anstieg des Knochenvolumens in einer Reduktion der Gesamtmasse des weißen Fettgewebes, eine reduzierte Adipozytengröße und die erniedrigte Expression Fettgewebs-spezifischer Gene. Umgekehrt, waren S1P2-KO Mäuse osteopenisch und adipös, und ihr Fettgewebe wies größere Adipozyten auf. Auch die Beteiligung von S1P2 an der konstitutiven Produktion von OPG in vivo wurde durch die erniedrigte OPG-Plasmakonzentration der S1P2-KO Mäuse belegt. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass in klinischen Studien abdominelles Fett mit einer erniedrigten Knochenmasse im Menschen assoziiert ist und Adipositas positiv mit Osteoporose korreliert, könnten die hier erzielten Erkenntnisse neue Ansätze für Therapien dieser Erkrankungen bieten. In der Tat, konnte in der vorgelegten Arbeit gezeigt werden, dass S1P-Lyase-Inhibition in einem Tiermodell, bei dem Osteopenie mit Adipositas gekoppelt ist, erfolgreich therapeutisch genutzt werden kann. Ob sich Eingriffe in den S1P Metabolismus bzw. pharmakologische S1P2 Agonisten als Modulatoren der Knochen-Fettgewebshomöostase tatsächlich für die Therapie von Osteoporose und Fettsucht eignen, muss allerdings in weiteren etablierten und Krankheits-relevanten tierexperimentellen Modellen wie beispielsweise nach Ovarektomie und bei Leptin-Defizienz geprüft werden. Auch würden Studien mit Opg-defizienten Mäusen helfen, den Beitrag des OPG-abhängigen S1P-Effekts auf Osteoklasten von dem auf die Osteoblastendifferenzierung mechanistisch voneinander zu trennen. Es bedarf viele weitere Untersuchungen, um ein besseres Verständnis für die komplexe Rolle von S1P im Knochen- und Fettstoffwechsel zu erlangen. Erst dann kann das volle Spektrum der Einsatzmöglichkeiten pharmakologischer Substanzen, die sich auf S1P und S1P-Rezeptoren konzentrieren, erfasst und ausgeschöpft werden. Die Ergebnisse dieser Arbeit leisten einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Rolle von S1P in der Knochen- und Fettgewebshomöostase und eröffnen potentiell neue Blickwinkel für die Therapie menschlicher Erkrankungen.
Sphingosine-1-phosphate is involved in bone metabolism but its precise role and potential use for therapeutic applications are unknown. In male human subjects, we observed that plasma S1P levels were positively associated with activity markers of enhanced bone turnover and negatively with bone mineral density, respectively. In search of potential therapeutic applications in adult mice, we raised S1P levels by conditionally deleting or pharmacologically inhibiting the S1P lyase and observed an impressive increase in bone mass that, surprisingly, was accompanied by striking reduction of adipose tissue. This was due to S1P receptor 2 signaling affecting fundamental osteoblast and osteoclast functions: S1P potently stimulated osteoblastogenesis at the expense of adipogenesis through osterix and PPAR, while simultaneously inhibiting osteoclast differentiation through increased osteoprotegerin production involving both the p38/GSK3/-catenin and non-canonical Wnt5a/Lrp5 pathways. Accordingly, S1P2-deficient mice were osteopenic and obese, whereas lyase inhibition prevented both the osteoporosis and obesity developing under high-fat diet in apolipoprotein E-deficient mice or in the absence of the leptin receptor. In humans, body mass index and leptin levels correlated with plasma S1P. Thus tonic and amplified S1P/S1P2 signaling reciprocally connects bone and adipose tissue homeostasis and represents an endogenous autoregulatory mechanism that could be exploited for novel therapeutic approaches to osteoporosis and obesity.

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