Untersuchungen zum abriebpartikelinduzierten Zelltod mittels "live-cell Imaging" im Kontext der aseptischen Endoprothesenlockerung

Eine ungelöste Langzeitkomplikation der modernen Orthopädie stellt die aseptische, abriebpartikelinduzierte Endoprothesenlockerung dar. In diesem Kontext zeigen sich ursächlich neben Osteolysen und inflammatorischen Prozessen auch apoptotische Reaktionen der Abriebpartikel phagozytierenden Makrophagen. Die Verwendung eines Pan-Caspase-Inhibitors führte sowohl zu einer Minderung der Apoptose als auch der Osteolysen. Dies erschien paradox, da es sich bei der Apoptose im Gegensatz zur Nekrose um einen programmierten "protektiven" Zelltod handelt, der keine weiteren Zellschädigungen oder inflammatorischen Reaktionen auslöst. Ziel der vorliegenden Studie war es, den abriebpartikelinduzierten Zelltod zytomorphologisch genauer zu qualifizieren und quantifizieren. Insbesondere sollte evaluiert werden, ob der bei der Phagozytose von Abriebpartikeln entstehende Zellschrott, primär die Apoptotic Bodies (AB), weitere Zellschädigungen induzieren. THP-1 Zellen wurden zu makrophagenähnlichen Zellen (MLC) ausdifferenziert und in einer Cokultur mit Kobalt-Chrom- und Polyethylenabriebpartikeln inkubiert. Mittels cytomorphologischer Auswertung und einer Annexin-PI-Färbung erfolgte unter einem "live-Imaging" Fluoreszenzmikroskop die Detektion von Apoptose und Nekrose in Zeitraffer-Videos. Aus dem Überstand an apoptotischen Zellresten wurden anschließend die Apoptotic Bodies isoliert und unter gleichen Bedingungen erneut mit zu MLCs ausdifferenzierten THP-1 Zellen coinkubiert. Die Auswertung der Zeitrafferaufnahmen mit Abriebpartikeln zeigte einen signifikanten Anstieg der Zelltodrate durch Apoptose. Die isolierte Coinkubation von THP-1 MLCs mit ABs führte zu einer nochmaligen signifikanten Steigerung der Zelltodrate der phagozytierenden Zellen. Zudem zeigten sich anders als bei dem durch die Abriebpartikel induzierten Zelltod sowohl morphologisch als auch mittels Apoptose-Nekrose Färbung Eigenschaften des unkontrollierten nekrotischen Zelltodes. Die apoptotischen Zellreste, nicht jedoch die Abriebpartikel, lösen somit Übergangsformen der Apoptose und Nekrose aus, wie sie unlängst auch schon im Rahmen anderer Pathomechanismen beschrieben wurden. Die vorliegende Studie untermauert erstmalig die These, dass eine hohe primäre Apoptoserate oder ein fehlender Abbau der apoptotischen Zellreste einen Circulus vitiosus auslösen, der zu einem immer unkontrollierteren Zelltod führt. Dies erklärt, warum eine Hemmung der initialen Apoptose zu einer Verminderung der Osteolysen führt. Daraus lassen sich potenzielle pharmakologische Therapieoptionen wie z.B. die systemische Hemmung der Apoptose, die Optimierung der Clearance-Funktion der ABs (Adiponektin) oder der Einsatz immunmodulatorischer Substanzen (MTX, Biologicals) ableiten. Neben pharmakologischen Interventionen könnten auch Innovationen im Bereich der Materialforschung das zelltodinduzierende Potenzial der Abriebpartikel reduzieren.

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