Nachweis und Charakterisierung des geschlossenen Blutgefäßsystems in murinen Röhrenknochen

Knochen stellen ein hoch spezialisiertes Gewebe dar, welches die muskelvermittelte Fortbewegung des Lebewesens ermöglicht, dem Schutz von weichen Organen dient, eine Nische für immunologische Zellen bildet, so wie die Homöostase und den Metabolismus reguliert. Darüber hinaus erfolgt in ihrem Knochenmark ausgehend von hämatopoetischen Stammzellen, die in so genannten Knochenmarksnischen lokalisiert sind, die Hämatopoese, die Bildung von Blut- und Immunzellen. Da diese Nischen bisher lediglich eindeutig in Röhrenknochen nachgewiesen wurden, könnte ein funktioneller Unterschied zwischen Röhrenknochen und flachen Knochen vorliegen. Um die Mechanismen zu analysieren, die der Bildung, Interaktion und Rekrutierung von Immunzellen zu Grunde liegen, fokussiert sich diese Doktorarbeit daher ausschließlich auf Röhrenknochen. Interessanterweise lagen zu Beginn dieser Doktorarbeit keine umfassenden und einheitlichen Modelle zum Blutgefäßsystem und dem geschlossenen Blutkreislauf in Röhrenkochen vor. Das Verständnis des geschlossenen Blutkreislaufs im Röhrenknochen ist aber essentiell, um die generelle Knochenbiologie sowie diverse immunologische Mechanismen, wie die Mobilisierung von Immunzellen aus dem Knochenmark in die Peripherie, zu begreifen. Zur Aufklärung des geschlossenen Blutkreislaufs im Röhrenknochen wurde daher im Rahmen dieser Doktorarbeit ein Verfahren zur Optimierung der optischen Durchlässigkeit entwickelt und patentiert, das auf einer Gewebedehydrierung mittels Ethanol und der Anpassung des refraktiven Indexes mittels Zimtsäureethylester (engl.: ethyl cinnamate, ECi) basiert. Dieses Verfahren ermöglichte die Visualisierung und Analyse von fluoreszent markierten Strukturen in ganzen Organen, weshalb ein zusätzliches Verfahren zur antikörper-basierten Färbung und Identifizierung von Endothelstrukturen etabliert wurde. Diese Methoden wurden zunächst an weichen Organen getestet und etabliert, wobei sich die Niere aufgrund ihrer starken Vaskularisation als besonders geeignet ergab. Folglich wurden das Ethanol-ECi-Verfahren und die Antikörperfärbungen zur Visualisierung von Endothelschädigungen, die durch eine nephrotoxische Nephritis induziert wurden, in ganzen Nieren mittels der Lichtblatt-Fluoreszenzmikroskopie genutzt. In Kombination mit einem neu entwickelten Algorithmus konnten die entsprechenden Strukturen voll automatisiert quantifiziert werden, wobei die so generierten Daten im Rahmen einer separaten Studie publiziert wurden. Das Ethanol-ECi-Verfahren wurde darauf folgend dazu genutzt, um Knochen in ihrer Gesamtheit untersuchen zu können, wozu die Lichtblatt-Fluoreszenzmikroskopie und für hochauflösende Detailaufnahmen die konfokale Laserrastermikroskopie sowie die Zwei-Photonen Laserrastermikroskopie verwendet wurden. Die entsprechenden Analysen ermöglichten die erstmalige Aufklärung des geschlossenen Blutkreislaufs im murinen Röhrenknochen unter Berücksichtigung der Vaskularisation des kompakten Knochens. Überraschenderweise wurden dabei Blutgefäße identifiziert, die zuvor nicht in der Literatur beschrieben wurden. Diese verbinden die Vaskularisation des Knochenmarks durch den kompakten Knochen hindurch mit dem periostalen Gefäßnetzwerk, weshalb sie als trans-Kortikalgefäße (TKGs) bezeichnet wurden. Das entsprechende Gefäßsystem des kompakten Knochens wurde darüber hinaus bei verschiedenen knochenverändernden Erkrankungen wie der Osteoporose, der Osteopetrose und der rheumatoiden Arthritis untersucht. Hinsichtlich der Osteoporose und der Osteopetrose ergaben sich hoch signifikante Veränderungen der TKGs die mit der Knochendicke korrelierten. So wiesen die osteoporotischen Knochen mit einer geringen Knochendicke weniger Gefäße als die Kontrolltiere auf, während bei den osteopetrotischen Knochen mit einer erhöhten Knochendichte mehr Gefäße vorlagen. Und auch bei der rheumatoiden Arthritis zeigte sich über den chronischen Verlauf der Krankheit hinweg eine stete Zunahme der TKGs, die in der nahezu dreifachen Gefäßanzahl im Vergleich zu den Ausgangswerten resultierte. Da mittels intravitaler Zwei-Photonen Laserrastermikroskopie gezeigt werden konnte, dass die TKGs zur Auswanderung von Immunzellen aus dem Knochenmark genutzt werden können, wurde mittels durchflusszytometrischer Analysen die Rekrutierung von Immunzellen, am Beispiel der G-CSF vermittelten Mobilisierung von neutrophilen Granulozyten aus dem Knochenmark in die generelle Blutzirkulation, untersucht. Entsprechend der Gefäßanzahlen im kompakten Knochen waren unterschiedlich starke Rekrutierungen nachzuweisen. Die erhöhte Zell-Rekrutierung bei hoher TKG-Anzahl und die niedrigere Rekrutierung bei geringer TKG-Anzahl lassen daher auf eine Korrelation der Gefäßanzahl und der Effektivität der Zellauswanderung aus dem Knochenmark schließen. Neben den Analysen des murinen Systems wurden auch humane Knochen mittels fotographischer und 7-Tesla magnetresonanzmikroskopischer Aufnahmen untersucht. Dabei ließen sich Strukturen nachweisen, die starke Homologien zu den Blutgefäßen der murinen Röhrenknochen aufwiesen. Insgesamt wurde durch die Etablierung eines Verfahrens zur Visualisierung und Analyse ganzer Knochen, so wie durch die Aufklärung des geschlossenen Blutkreislaufs im Röhrenknochen die Grundlage für umfassende Studien zu knochenassoziierten Fragestellungen ermöglicht. Neben der Aufklärung der strukturellen Gefäßorganisation können nun auch funktionelle Aspekte des Knochenmarks, Knochenerkrankungen sowie immunologische Mechanismen in diesem bisher nur schwer zugänglichen Organ untersucht werden.

Bones represent a highly specialized tissue, which permits the movement and locomotion, protects the internal organs, forms a reservoir for immunologic cells, and regulates the homeostasis and metabolism. Furthermore, the hematopoiesis takes place within distinct stem cell niches in the bone marrow, where blood cells and immune cells are generated. Interestingly, so far these niches have only been clearly identified in long bones but not in flat bones, hinting at functional differences between these two types of bones. Therefore, this thesis is focusing on murine long bones for analyzing the mechanisms of immune cell formation, interactions and recruitment. At the beginning of this project, only contrary concepts of the bone vascularization and the blood circulation in long bones were existing. Certainly, the knowledge about the blood circulation in long bones is essential for understanding general aspects of bone biology as well as complex immunologic mechanisms. For example, the process of im-mune cell mobilization from the bone marrow to peripheral sites cannot be explained without this knowledge. To identify the fully circulatory system of long bones, a method for optical clearing of soft and hard organs, based on tissue dehydration via Ethanol and the refractive index matching via Ethyl cinnamate (ECi) was established, published and patented within this thesis. This method allowed the visualization and analysis of fluorescently labeled structures in whole organs. Therefore, an additional approach for in vivo labeling of endothelial structures was established. First, these methods were tested and established on soft organs, whereupon kidneys were extremely suitable as they are highly vascularized. Thus the Ethanol-ECi-method and the antibody-labeling of endothelial structures were used for visualizing endothelial damage in whole kidneys induced via nephrotoxic nephritis. For whole organ imaging, a light sheet fluorescence microscope (LSFM) was used, which allows imaging of samples up to two centimeters size. In combination with a newly generated algorithm, this method facilitated a fully automated quantification and characterization of glomerular tufts in whole kidneys. The regarding results were published in a separated study. Subsequently, the LSFM was used to analyze ECi-cleared long bones and two-photon laser scanning microscopy (TPLSM) was used for high resolution imaging. Based on the generated data, a closed vascular system in long bones was identified for the first time. Surprisingly, a completely new type of vessels, running through the compact bone connecting the endosteal vessels with the periosteal vessel network, could be visualized. Therefore, these newly identified structures were named transcortical vessels (TCVs). In addition to the identification and characterization of a closed vessel network, the ef-fects of changes on bone formation to these structures were analyzed. Osteoporosis, a model for bone loss, and osteopetrosis, a model for increased bone mass, were investi-gated. Furthermore, the effects of acute and chronic rheumatoid arthritis on long bones were studied. The osteoporotic bones as well as the osteopetrotic bones showed highly significant changes in TCV numbers and their structure, which correlated with the bone mass. Thus, a lower bone mass was associated with decreased TCV numbers, while increased bone mass showed increased TCV numbers compared to healthy bones. In case of the rheumatoid arthritis, a constant increase in TCV numbers was observed during pathogenesis. Furthermore, it was shown by intravital TPLSM, that the TCVs can be used for cell re-cruitment from the bone marrow to peripheral sites. Accordingly, the cell recruitment after stimulation via the granulocyte-colony stimulating factor (G-CSF) was analyzed by flow cytometric measurements. Interestingly, the percentages of recruited neutrophil granulocytes correlated with the TCV numbers at defined time points. In case of high TCV, numbers more cells were recruited compared to healthy control, while reduced TCV numbers resulted in reduced cell recruitment. This might hint at a correlation be-tween the vessel architecture of long bones and cell recruitment effectivity. Beside the analysis of murine long bones, also human bones were analyzed by photography and 7Tesla magnetic resonance tomography imaging. Various structures were observed, which showed high homology to the murine structures. The establishment of a new method for the visualization and analysis of whole bones as well as the identification of a closed vascular system in murine long bones provide a basis for a broad range of bone associated studies. In addition to the structural aspects of vessel organization, also functional aspects of the bone marrow, bone associated diseases and immunologic mechanisms can now be studied in this, so far, hardly accessible organ.

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