Magnetorezeption bei Säugetieren

Für Tiere ist es oft unerlässlich aus diversen Gründen ihr Territorium zumindest zeitweise zu verlassen. Die Fähigkeit zur Orientierung stellt dabei eine Notwendigkeit dar; die Tiere müssen geeignete Futterquellen, Sexualpartner oder Schutz vor Prädatoren finden und anschließend den Heimweg bestreiten. Eine erfolgreiche Orientierung setzt nicht nur Kenntnisse von der Richtung voraus, in der sich das Ziel befindet, sondern auch eine Bestimmung der Position. Die Orientierungshinweise, die dabei zu Hilfe gezogen werden, können z. B. visueller oder auditiver Natur sein, auf Landmarken oder eben auf der Wahrnehmung von magnetischen Parametern beruhen. Das Magnetfeld der Erde weist durch Inklination und Magnetfeldstärke räumliche Gradienten auf und gibt Auskunft über horizontale Richtungen. Das Erdmagnetfeld (EMF) ist jedoch auch unter Tage stabil und verlässlich und so orientieren sie sich beim Bau ihrer Nester an der Polarität des EMF. Die vorliegende Dissertation beschäftigte sich nun mit der Frage, ob die Tiere neben der Richtung des magnetischen Feldes auch die Feldstärke bzw. Schwankungen der Intensität wahrnehmen können und Präferenzen für einen bestimmten Intensitätsbereich zeigen. Leider habe ich keinen gesicherten Beweis dafür erbringen können. Sollten die Tiere jedoch in der Lage gewesen sein, die durch eine magnetische Anomalie beeinflussten Intensitäten wahrzunehmen, kann davon ausgegangen werden, dass diese nicht als störend empfunden worden sind. Möglicherweise funktioniert ihr Magnetkompass nur innerhalb eines festgelegten Intensitätsbereiches oder wird, neben dem Nestbau, nur bei Aufgaben genutzt, bei denen eine Orientierung über größere Distanzen notwendig ist. Des Weiteren sollte untersucht werden, ob Coruros (Spalacopus cyanus) zur Orientierung ebenfalls einen Magnetkompass nutzen, da sie auch den größten Teil ihres Lebens unter der Erde in Tunnel- und Gangsystemen verbringen. Ich habe untersucht, ob die Tiere, ähnlich den Graumullen, eine gemeinsame Richtungspräferenz beim Nestbau zeigen oder ob die Tiere eine Vorliebe für eine bestimmte Richtung haben, die sich von Individuum zu Individuum, von Coruro-Familie zu Coruro-Familie oder zwischen Männchen und Weibchen unterscheidet. Bis zum jetzigen Zeitpunkt konnte nicht nachgewiesen werden, dass Coruros beim Bau ihrer Nester eine bestimmte Richtung bevorzugen und auch meine Ergebnisse konnten leider nicht dazu beitragen eine solche Präferenz aufzuzeigen. Möglicherweise ist der magnetische Sinn innerhalb der Rodentia nur auf einige Familien beschränkt. Bislang war es schwierig, wenn nicht gar unmöglich, das spontane Verhalten größerer Säugetiere mit einer ausreichenden Stichprobenzahl in einem Labor zu studieren, doch jetzt ist es uns bei Rindern (Bos primigenius taurus), Rehwild (Capreolus capreolus) und Rotwild (Cervus elaphus) erstmalig mit einfachen, nicht-invasiven Methoden (Freilandbeobachtung, Messen von Betten im Schnee, Analyse von Satelliten- und Luftbildaufnahmen (Google Earth)) gelungen. Die Google Earth-Methode gestattet eine Analyse von Rindern weltweit und daher mit enormer Stichprobengröße; sie ist schnell, objektiv, erlaubt Vergleichbarkeit und zeigt Tiere, die sich vom Betrachter nicht gestört fühlen. So konnten wir ein neues und faszinierendes Phänomen entdecken und den ersten gesicherten Beweis dafür liefern, dass auch in größeren Säugetieren ein magnetischer Sinn präsent ist: Während Rinder, Reh- und Rotwild unter normalen Bedingungen des EMF eine Ausrichtung ihres Körpers zeigen, die in etwa einer nord-südlichen Richtung entspricht, ist diese Orientierung unter oder in der unmittelbaren Nähe von Hochspannungsleitungen gestört.

For animals, it is often indispensable to at least temporarily leave their territory for various reasons. In doing so, the ability to orientate represents a necessity; animals have to find adequate food resources, sexual partners, and shelter from predators and to subsequently find their way back home. Successful orientation not only implies knowledge of the goal’s direction, but also position determination. Helpful orientation cues may be of e. g. visual or auditory nature, based upon landmarks or on the perception of magnetic parameters. Through both inclination and intensity, the magnetic field for instance exhibits regional gradients and provides information of horizontal directions. Especially for subterranean mole-rats (Fukomys sp.), access to many of such orientation cues and signals being used by aboveground living animals, is limited. However, the earth’s magnetic field (EMF) is stable and reliable even in the underground habitat; thus, these animals use the EMF’s polarity to build their nests. This thesis deals with the question whether, in addition to using polarity information, mole-rats are able to perceive the intensity of the EMF or intensity fluctuations, respectively, and also whether they show preferences for certain intensity ranges. Unfortunately, the data recovered and presented here does not adduce appropriate evidence. However, if the animals were indeed able to perceive the intensities influenced by magnetic anomalies, one can assume that they simply do not perceive them as disturbing. Possibly, their magnetic compass entirely works within a specific intensity range or is, in addition to the observed nest building behavior, used in tasks requiring orientation over larger distances only. A second part of this thesis aims at analyzing whether coruros (Spalacopus cyanus) also use a magnetic compass for orientation, a theory deduced from their lifetime mostly spent in underground burrow systems. I have here investigated whether the animals, just like mole-rats, show a common direction preference when building their nests and if so, whether such a preference differs from individual to individual, from family to family or between males and females. Up to now, a directional preference during nest building activity has not been demonstrated, and my study could neither fill this gap. The magnetic sense might be limited to just a few families within the Rodentia. The third part of this thesis deals with a topic that has been, until now, difficult or maybe impossible to study: spontaneous behavior of large animals with sufficient sample size. This study presents data from studies of domestic cattle (Bos primigenius taurus), roe deer (Capreolus capreolus), and red deer (Cervus elaphus) by means of simple, noninvasive methods (i.e. field observations, measuring deer beds in the snow and analysis of satellite images and aerial images). The Google Earth method enables the analysis of large mammals on the global scale and with an adequate sample size; this method is fast, objective, allows comparability, and shows animals which are undisturbed by the observer. We could detect a new and fascinating phenomenon and provide significant evidence for the existence of a magnetic sense in large mammals: Whereas domestic cattle, roe deer and red deer show a roughly north-south alignment of their body axes in the normal magnetic field, their orientation is disturbed under or in the vicinity of power lines and pylons.

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