Thermoelektrische Materialien und Halbleiter : Vom metallorganischen Precursor zum nanoskaligen Material

Das Ziel der Arbeit war zum einen die Synthese und strukturelle Charakterisierung von metallorganischen Precursoren und zum anderen deren Eignung zur nasschemischen Synthese nanoskaliger thermoelektrischer Materialien und Halbleiter zu untersuchen Precursorsynthesen und -charakterisierung: In dieser Arbeit konnten erstmals, mithilfe der lasergestützten in situ Kristallisationstechnik, Einkristallstrukturen von metallorganischen Gruppe-V- und Gruppe-V/VI-Verbindungen mit kleinen organischen Resten gemessen werden. Die Verwendung von sterisch weniger anspruchsvollen Resten wie Ethyl- oder Methylgruppen ermöglichte die Betrachtung von interessanten und unbekannten intermolekularen Wechselwirkungen und die daraus resultierenden Packungseffekte im Kristallgitter. So lieferten die Messungen der Kristallstrukturen von Sb2Et4 (1) und Bi2Et4 (2) überraschenderweise unterschiedliche Ergebnisse. Sb2Et4 (1) bildet durch intermolekulare Wechselwirkungen lineare Ketten, während Bi2Et4 (2) keine intermolekularen Bi---Bi Wechselwirkungen im Festkörper zeigt. Dadurch konnte erstmalig und entgegen bisheriger Literaturergebnisse gezeigt werden, dass analog substituierte Distibane und Dibismutane nicht isostrukturell sein müssen. Des Weiteren konnten zwei unterschiedliche Kristall-strukturen für das thermochrome Sb2Et4 (1a und 1b) gemessen werden. Die Strukturlösungen der gelben und roten kristallinen Phase ergaben zwar zwei unterschiedliche Kristallgitter, innerhalb dieser Kristallgitter wurden aber in beiden Fällen nahezu identische intermolekulare Sb–Sb-Wechselwirkungen beobachtet. Durch Beobachtung konnte bewiesen werden, dass nicht das alleinige Vorhandensein von intermolekularen Wechselwirkungen für die Thermochromie des Sb2Et4 verantwortlich sein können. Aufgrund dieser Ergebnisse kann die Erklärung für den Ursprung der bathochromen Verschiebung thermochromer Verbindungen nicht vollständig sein. Des Weiteren wurden die thermolabilen Chalkogeninsertionsprodukte des Sb2Et4 und Bi2Et4 synthetisiert und röntgenkristallographisch untersucht. Die Kristallstrukturen der Bis(dialkyl-stibanyl)chalkogenane E(SbR2)2 (R = Et, E = S (3), Te (5); R = Me, E = Te (6)) wiesen sehr interessante Packungsbilder auf. Während in der Kristallpackung des S(SbEt2)2 (3) nur intermolekular Sb–S-Wechselwirkungen zu beobachten waren, traten in den Kristall-packungen von Te(SbEt2)2 (5) und Te(SbMe2)2 (6) zusätzlich intermolekulare Sb–Sb-Wechselwirkungen auf. Dies führte dazu, dass das S(SbEt2)2 (3) eine Zickzack-Kettenstruktur ausbildete, die Verbindungen Te(SbR2)2 (5 und 6) hingegen die charakteristische Leiterstruktur. Weiterhin konnten unterschiedliche Bindungsumgebungen für S und Te beobachtet werden, wobei S einen trigonal planaren 2+1 Koordinationsmodus und Te einen T-förmigen 2+1 Koordinationsmodus, unabhängig vom Alkylrest, einging. Alle Versuche Se(SbEt2)2 (4) zu kristallisieren schlugen leider fehl. Die Bis(diethylbismutanyl)chalkogenane E(BiEt2)2 (E = S (7), Se (8), Te (9)) unterscheiden sich allein schon dahingehend von ihren Antimonhomologen, indem sie Feststoffe und keine Flüssigkeiten bilden. Im Vergleich zu den Bis(dialkylstibanyl)chalkogenanen bildeten die Verbindungen E(BiEt2)2 (E = S (7), Se (8), Te (9)) keine Ketten- oder Leiterstrukturen, sondern dreidimensionale Netzwerke. Das übergeordnete Strukturmotiv konnte als verzerrtes Adamantangerüst identifiziert werden, wobei die Bi-Atome annähernd linear und die Chalkogenatome verzerrt tetraedrisch vorlagen. Die Verzerrung der Tetraeder und damit die Verzerrung des Adamantangerüsts nahm mit steigender Ordnungszahl des Chalkogens zu. Für die langbekannten Trialkylchalkogenostiborane Et3SbS (10) und Et3SbSe (11) konnten ebenfalls Kristallstrukturen bestimmt und die Molekülstrukturen charakterisiert werden. Auffällig daran waren das Fehlen intermolekularer Wechselwirkungen in der Kristallpackung, die tetraedrische Koordination des Sb-Atoms und die Bindungsordnung der Sb–E-Bindung, die am besten als polarisierte kovalente Bindung mit Doppelbindungscharakter beschrieben werden sollte. Zudem wurde die kürzeste jemals gemessene Sb–Se-Bindung mit 2.4062(8) Å im Et3SbSe Molekül (11) ermittelt, was auf einen vergleichsweise hohen π-Bindungsanteil hindeutet. Zuletzt wurden die Diethyl(ethyltelluro)stibane und -bismutane Et2SbTeEt (12) und Et2BiTeEt (13) synthetisiert und röntgenkristallographisch charakterisiert. Interessant war hier vor allem die unterschiedliche Te-Koordinationsumgebung. Während im Et2SbTeEt (12) ein fast linearer M–Te∙∙∙M Winkel von 160.50(1)° beobachtet wurde, ist der M–Te∙∙∙M Winkel im Et2BiTeEt (13) mit 110.04(1)°) deutlich unterschiedlich. Zwar bildeten beide Moleküle über intermolekulare Wechselwirkungen Kettenstrukturen, die im Et2BiTeEt (13) konnte jedoch besser als Zickzack-Kette beschrieben werden. Partikelsynthesen: In diesem Teil der Arbeit wurden die zuvor synthetisierten metallorganischen Precursoren in nasschemischen Nanopartikelsynthesen thermolysiert. Zu diesem Zweck wurden geeignete Synthesemethoden entwickelt, die innerhalb einer Glovebox durchführbar waren, um eine mögliche Oxidation der Precursoren durch Luftsauerstoff zu verhindern. Die Thermolysen selber fanden in hochsiedenen Lösungsmitteln wie DIPB und OA in Gegenwart geeigneter capping agents statt. Auf diese Art und Weise konnten Bismut-, Gruppe V/VI-, ternäre Gruppe V/VI- und GeTe-Nanopartikel generiert werden. Desweiteren konnten thermische Daten aller Precursoren mithilfe von DSC-Messungen aufgenommen werden. Im ersten Teil dieses Kapitels konnten einkristalline und annähernd monodisperse 25 nm große Bismut Pseudokuben synthetisiert werden. Dies gelang durch die kontrollierte Thermolyse des Precursors Bi2Et4 (2) in der Gegenwart von Na[N(SiMe3)2] und PVP. Dies war die erste bekannte Thermolyse eines niedervalenten Organobismut-Precursors. Der gemeinsame Einsatz der capping agents Na[N(SiMe3)2] und PVP waren unabdingbar für die Nanopartikelsynthese, da sie sowohl zur Größen- und Formkontrolle als auch zur Stabilisierung der Kolloide in Lösung nötig waren. Die größeren pseudokubischen Bi-Partikel entstanden in einer Folgethermolyse des in situ generierten BiEt3 bei 170 °C, indem die neu entstanden Bi-Atome auf den Facetten der Bi-Nanopseudokuben aufwuchsen. Im Anschluss daran konnten sehr dünne (d < 30 nm) und einkristalline hexagonale Sb2Te3 Nanoplättchen durch die Thermolyse der Single-Source-Precursoren Te(SbEt2)2 (5) und Et2SbTeEt (12) synthetisiert werden. Es hat sich hierbei herausgestellt, dass die Benutzung von PVP* entscheidend für die Synthese nicht-agglomerierter und größenselektiver Nanoplättchen ist. Die thermoelektrische Charakterisierung eines kaltgepressten Pellets zeigte, dass der Seebeckkoeffizient mit 150 µV/K bei Raumtemperatur einen sehr guten Startpunkt für weitere thermoelektrische Untersuchungen lieferte, da die Precursoren Sb2Te3 mit einem sehr niedrigen antisite Defekt generierten. Analoge Nanopartikelsynthesen konnten ebenfalls mit den Single-Source-Precursoren S(SbEt2)2 (3), Se(SbEt2)2 (4), Et3SbS (10) und Et3SbSe (11) erfolgreich durchgeführt werden. Es zeigte sich, dass die Thermolysen bevorzugt Sb2S3-Nanobündel und Sb2Se3-Nanostäbchen bzw. Nanodrähte lieferten. Der Durchmesser der gebildeten einkristallinen Nanodrähte belief sich auf Werte d < 20 nm, wobei sie einige µm lang waren. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die co-Thermolyse von S(SbEt2)2 (3) und Se(SbEt2)2 (4) den Zugang zu ternären Sb2SxSey ermöglicht, wohingegen weitere co-Thermolysen sowohl von S(SbEt2)2 (3) und Te(SbEt2)2 (5) als auch von S(SbEt2)2 (4) und Te(SbEt2)2 (5) Phasen-gemische erzeugten. Die Ergebnisse aus den Thermolysen von E(BiEt2)2 (E = S (7), Se (8), Te (9)) und Et2BiTeEt (13) waren dahingehend überraschend, dass in keiner Synthese das erwartete Bi2E3 gebildet wurde. Anstatt dessen konnten die Bismutchalkogenide Bi4Te3 und Bi2Te synthetisiert werden. Die einkristallinen Bi4Te3-Partikel waren zwar sehr klein (20 – 60 nm), besaßen aber keine definierte Morphologie. Abschließend wurde die Synthese von GeTe-Oktaedern durch die Reaktion von GeCl2∙Dioxan mit Te(SiEt3)2 bei Temperaturen von 160 °C durchgeführt. Die Ergebnisse zeigten wie wichtig die Wahl der richtigen Lösungsmittels war. Die Partikelsynthese gelang ausschließend in Gegenwart von primären oder sekundären Aminen wie z.B. Oleylamin. Die Rolle der Amine beschränkte sich aber nicht nur auf die eines Lösungsmittels, sondern nahm zudem die eines capping agents und Reaktanten ein. Die Anwesenheit eines protischen Lösungsmittels war demnach zwingend notwendig für die Bildung von größen- und formselektiven GeTe-Oktaedern. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass sich während der Reaktion gebildetes Te auf den GeTe-Oktaedern, durch Reaktion mit TOP wieder entfernt werden konnten.

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