Dokument: Zum Wandel des Stillverhaltens von Müttern im Großraum Düsseldorf zwischen 1951 und 1990 - Eine Oral History Studie

Titel:Zum Wandel des Stillverhaltens von Müttern im Großraum Düsseldorf zwischen 1951 und 1990 - Eine Oral History Studie
Weiterer Titel:On the change in the breastfeeding behaviour of mothers in the Düsseldorf area between 1951 and 1990 - An oral history study
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URN (NBN):urn:nbn:de:hbz:061-20201113-110448-0
Kollektion:Dissertationen
Sprache:Deutsch
Dokumententyp:Wissenschaftliche Abschlussarbeiten » Dissertation
Medientyp:Text
Autor:Dr. med. Harrich, Friederike Helene Margarethe [Autor]
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Dateien vom 12.11.2020 / geändert 12.11.2020
Beitragende:Prof. Dr. Vögele, Jörg [Gutachter]
Univ.- Prof. Dr. med. Ruckhäberle, Eugen [Gutachter]
Stichwörter:Stillen, Stillverhahlten, Mütter, Düsseldorf
Dewey Dezimal-Klassifikation:600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften » 610 Medizin und Gesundheit
Beschreibungen:Stillen sei in den ersten sechs Lebensmonaten essentiell für die Gesundheit und die Entwicklung eines Säuglings, so propagiert es die WHO in ihrer Publikation „Guiding principles for complementary feeding of the breastfed child“.1 In den Jahren 1997/1998 wurde die bisher einzige Erhebung der Daten bundesweit zu diesem Thema durchgeführt. Diese Dissertation stellt dar, wie sich das Stillverhalten im Großraum Düsseldorf zwischen 1951 und 1990 im Verlaufe der Dekaden dargestellt und geändert hat, wozu es bislang keine Daten gab. Die Stillbereitschaft schwankte im Verlaufe der Geschichte. Zur Erhöhung der Stillbereitschaft wurden im Verlaufe des 20. Jahrhunderts verschiedene Maßnahmen ergriffen. Frauen sollten über die positive Wirkung des Stillens aufgeklärt werden. Broschüren, Kurse, Ratschläge durch Ärzte, Krankenschwestern und Hebammen nahmen Einfluss auf das Stillverhalten, ebenso die Ausstellung GeSoLei in Düsseldorf im Jahre 1926.2 Ferner wurde im Jahre 1904 nach französischem Vorbilde eine Stillprämie in Deutschland eingeführt.3 Die Sterblichkeit eines Neugeborenen reduzierte sich in den letzten 150 Jahren deutlich, die Lebenserwartung stieg, die Geburtenraten sanken. Dennoch wurde vermehrt nach Möglichkeiten gesucht, die Säuglingssterblichkeit weiter zu reduzieren. In den Jahren 1900 ± 20 Jahre erreichte oft nur jedes dritte Neugeborene das Erwachsenenalter. Heute liegt die Säuglingssterblichkeit bei 0,67 %.4 Der aktuelle Forschungsstand besagt, dass „Stillen in den ersten sechs Monaten [...] für die Mehrzahl der Säuglinge die ausreichende Ernährung“5 sei. Ein Zufüttern von Beikost ergibt sich individuell und ist abhängig von dem „Gedeihen und der Essfähigkeit des Kindes“6. Europäischen Stilldaten aus dem Jahre 2003 zufolge wird den Empfehlungen noch nicht nachgekommen.7 Bezüglich der Säuglingsgesundheit und -sterblichkeit stellt die Stillinzidenz einen äußerst wichtigen Faktor dar. Hierzu werden folgende Fragen in dieser Dissertation beantwortet: WelcheEinflussfaktoren haben das Stillverhalten zwischen 1951 und 1990 im Großraum Düsseldorf bestimmt? Aus welchen Gründen haben die Mütter der entsprechenden Dekade im Großraum Düsseldorf gestillt? Welche dekadenübergreifenden Schlussfolgerungen lassen sich bzgl. des Stillverhaltens von Müttern zwischen 1951 und 1990 im Großraum Düsseldorf ziehen? Welcher Trend im Wandel des Frauenbildes zeichnet sich bei den Studienteilnehmerinnen ab? Gab es einen Wandel des Frauenbildes über die Zeit und wenn ja, wie stellt er sich dar? Hat die Möglichkeit des Kaufes von Milchersatzprodukten einen Einfluss auf die Stillquote der Frauen zwischen 1951 und 1990 im Großraum Düsseldorf gehabt? Haben die zwischen 1951 und 1990 stillenden Mütter aus dem Großraum Düsseldorf all ihre Kinder gestillt oder haben sie sich nach dem Stillen des ersten Kindes gegen das Stillen weiterer Kinder entschieden? Welche Personen nahmen zwischen 1951 und 1990 Einfluss auf das Stillverhalten der Mütter im Großraum Düsseldorf? Welchen Einfluss hatte das medizinische Personal auf das Stillverhalten? Welchen Einfluss hatte der Partner auf das Stillverhalten? Zur Beantwortung der Fragen erhielten die Studienteilnehmerinnen einen Fragebogen, darauf folgte ein persönliches Interview, sodass die Zeitzeugenaussagen durch die Oral-History-Methode festgehalten werden konnten. Zur Auswertung der Ergebnisse wurden die Studienteilnehmerinnen in vier Kohorten aufgeteilt, wobei eine Kohorte einer Dekade entspricht. In den Ergebnissen zeigte sich, dass die Frauen in den einzelnen Dekaden in ihrem Stillverhalten stark durch wirtschaftliche Verhältnisse und Ratschläge durch das medizinische Personal beeinflusst wurden. Diese Ergebnisse machen das Stillverhalten und die damit verbundenen Konsequenzen im ersten Schritt konkretisierbar und im zweiten Schritt diskutierbar. Werden diese Ergebnisse abschließend diskutiert, so ist festzustellen, dass jede Dekade ihre Trends im historischen Kontext mit sich bringt. So zeigt sich, dass in Kohorte 1 (1951–1960) Muttermilch als selbstverständliche Option in der Nachkriegszeit mit ihrer Armut gesehen wurde, dass in Kohorte 2 (1961–1970) ein zunehmendes Körperbewusstsein der Frauen das Stillverhalten maßgeblich beeinflusste, dass in Kohorte 3 (1971–1980) der Milchersatz eine von Müttern häufig bevorzugte Alternative zum Stillen darstellte und dass in Kohorte 4 (1981–1990) das Stillverhalten durch ein emanzipiertes Frauenbild und eine gleichberechtigte Partnerschaft geprägt wurde. Jedoch ist nicht nur die Dekadenaufteilung von Bedeutung, auch dekadenübergreifend lassen sich Schlussfolgerungen ziehen. So zeigt sich z. B., dass das Stillverhalten von der gesellschaftlichen Akzeptanz abhängig ist, dass das medizinische Personal maßgeblich an der Beeinflussung der Frauen beteiligt ist, dass das Rollenbild einer Frau in der Gesellschaft ein wichtiger Faktor ist und auch, dass das Stillverhalten nicht davon abhängig ist, ob die Mutter als Säugling selbst gestillt wurde.

Breastfeeding is essential for the health and development of an infant in the first six months of life, according to the WHO's publication “Guiding principles for complementary feeding of the breastfed child”.8 In 1997/1998, the nationwide only data collection on this subject has been carried out. This dissertation shows how breastfeeding behaviour in the greater Düsseldorf region has behaved and changed over the decades between 1951 and 1990, for which no data were available so far. The readiness to breastfeed fluctuated throughout history. In order to increase the readiness for breastfeeding, various measures were taken in the 20th century. Women should be informed about the positive effect of breastfeeding. Brochures, courses, advice from doctors, nurses and midwives influenced breastfeeding behaviour as well as the exhibition GeSoLei in Düsseldorf in 1926.9 Furthermore, in 1904, a breast-feed premium was introduced in Germany according to French models.10 The mortality rate of a newborn has decreased significantly over the last 150 years, life expectancy has increased, birth rates have fallen. This situation led to an increasing search for further ways to reduce infant mortality. In 1900 ± 20 years, only one in three newborns reached the adult age. Today, infant mortality is 0.67%.11 Current research suggests that “breastfeeding in the first six months is sufficient nutrition for the majority of infants.”12 Feeding of solid food is individual and depends on the “child's well-being and eating ability”13. According to the 2003 European data, the recommendations have not yet been complied with.14 Breastfeeding incidence is an extremely important factor in infant health and mortality. The following questions are answered in this dissertation: Which factors have determined the breastfeeding behaviour between 1951 and 1990 in the greater Düsseldorf area? For what reasons did the mothers of the respective decade in the greater Düsseldorf region breastfeed? What cross- decade conclusions can be drawn regarding mothers' breastfeeding behaviour in the Düsseldorf area between 1951 and 1990? What is the trend in the changing image of women among the study participants? Was there a change in the image of women over time and if so, how does it look? Has the possibility of buying milk substitute products had an influence on the breastfeeding rate of women in the Düsseldorf area between 1951 and 1990? Have the mothers from the Düsseldorf area who were breastfeeding between 1951 and 1990 breastfed all their children or have they decided against breastfeeding other children after the first child was breastfed? Between 1951 and 1990, which persons influenced the breastfeeding behaviour of mothers in the greater Düsseldorf area? What influence did the medical staff have on breastfeeding? What influence did the partner have on breastfeeding behaviour? In order to answer the questions, the study participants received a questionnaire, followed by a personal interview, so that the time witness statements could be recorded by the oral history method. To evaluate the results, the study participants were divided into four cohorts, one cohort being one decade. The results showed that women were strongly influenced by economic conditions and advice by medical staff during the individual decades in their breastfeeding behaviour. These results make breastfeeding behaviour and the associated consequences more tangible in the first step and more discussible in the second step. When these results are finally discussed, it is noted that each decade was influenced by the historical context. Thus it appears that in Cohort 1 (1951–1960), breast milk was seen as a natural option in the post-war period considering its poverty. In Cohort 2 (1961–1970), an increasing body awareness of women had a major impact on breastfeeding behaviour, in Cohort 3 (1971–1980), milk substitute products were a mothers-preferred alternative for breastfeeding, and in Cohort 4 (1981– 1990) breastfeeding was characterized by an emancipated female image and an equal partnership. However, it is not only the division of decades that is important, but conclusions can also be drawn across the decades. For example, it is evident that breastfeeding behaviour is dependent on social acceptance, that medical staff is involved, that the role of a woman in society is an important factor, and that breastfeeding does not depend on whether the mother was breastfed as an infant.
Lizenz:In Copyright
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Fachbereich / Einrichtung:Medizinische Fakultät
Dokument erstellt am:13.11.2020
Dateien geändert am:13.11.2020
Promotionsantrag am:18.05.2020
Datum der Promotion:03.11.2020
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