Fluorbasiertes Trockenätzen von Mikrostrukturen in Glas und Glaskeramik

Mit einem thermischen Ausdehnungskoeffizienten von nahe 0 im Temperaturbereich von 0. . . 50 °C wird Zerodur vielfach für temperaturstabilisierte Systeme eingesetzt. Da es an Untersuchungen und Ergebnissen zu Batch-kompatiblen Mikrostrukturierungsverfahren mit hoher Genauigkeit fehlt, ist dessen Einsatz in der Mikrosystemtechnik bisher jedoch selten. Die Ursachen dafür liegen in den herausfordernden Materialeigenschaften. In dieser Arbeit wird ausgehend von Untersuchungen an herkömmlichen Gläsern das Plasmatiefenätzen der komplexen Glaskeramik Zerodur im Fluorplasma als massenmarkttaugliche Strukturierungsmöglichkeit untersucht. Herausfordernd ist dabei zum einen die komplexe chemische Zusammensetzung. So ist ein Großteil der Bestandteile im Fluorplasma nicht chemisch ätzbar. Weiterhin muss den thermischen Eigenschaften wie der Wärmeleitung und der thermischen Dehnung mehr Beachtung geschenkt werden, als dies z.B. für die Strukturierung von Silicium oder anderen herkömmlichen Gläsern der Fall ist. Für die Untersuchungen des Ätzverhaltens kommt ein induktiv-gekoppeltes Plasma (ICP-RIE) zum Einsatz. Wegen der hohen Plasmadichte bei gleichzeitig geringem Prozessdruck sind eine hohe Ätzrate und Anisotropie erreichbar. Das optimierte Ionen-induzierte Ätzen setzt aber Hartmasken voraus, die sowohl stabil gegenüber den thermischen und chemischen Belastungen als auch dem physikalischen Ionenbeschuss sind. Hierzu wurde eine geeignete Maskierungstechnik etabliert. Ausgehend von den erreichten Ergebnissen in Quarzglas wird der Einfluss der Materialkomplexität auf das Ätzergebnis untersucht. Dabei werden komplexe Borosilikatgläser mit unterschiedlichen Anteilen an nichtflüchtigen Reaktionsprodukten im Fluor-Plasma betrachtet. Der Einfluss der Materialkomplexität auf die Ätzrate, die Selektivität, die Rauheit des Ätzbodens und die Vertikalität der Seitenwände wird eingehend diskutiert. Diese Erkenntnisse dienen als Ausgangspunkt für die Untersuchungen der komplexen Glaskeramik Zerodur. In einer breiten Parameterstudie zeigt sich, dass mit der Wahl der Prozessparameter Einfluss auf die topografischen Kenngrößen der erzeugten Strukturen genommen werden kann. Hohe Ätzraten von mehr als 250 nm/min bei einer Selektivität von 6,4 und einem Flankenwinkel von 70,5° werden mit den Ätzgasen SF6/CHF3 und SF6 erreicht. In der Anwendung der prozesstechnischen Erkenntnisse wird die Freistellung von mikromechanische Elementen demonstriert. Mit einem optimierten Prozess können Wafer mit einer Dicke von 150 [my]m vollständig durchgeätzt werden. Der dafür entwickelte zweiseitige Ätzprozess erlaubt ein hohes Aspektverhältnis trotz Flankenneigung. Die weiteren Herausforderungen an den Freistellungsprozess und die optimale Wahl der Prozessparameter werden eingehend diskutiert. Strukturuntersuchungen der tiefengeätzten und freigestellten Strukturen zeigen, dass nichtflüchtige Reaktionsprodukte aus Aluminium und Fluor den Strukturierungsprozess beeinflussen. Hier existieren Unterschiede zwischen dem Tiefenätzen und dem Freistellen, die mit einem entwickelten Erklärungsmodell beschrieben werden können, das auch auf andere komplexe Gläser und Glaskeramiken angewendet werden kann. Diese Arbeit leistet einen wichtigen Beitrag zur Batch-kompatiblen Strukturierung komplexer Gläser und Glaskeramiken in Fluorplasmen. Vor allem die Strukturierung von Zerodur hebt sich vom wissenschaftlichen Stand ab. Bislang konnte hierfür nur auf Literatur mit einem geringen Umfang an Ergebnissen zurückgegriffen werden.

Zerodur is widely used for temperature-stabilized systems because of its extreme low thermal expansion in a temperature range of 0 − 50 °C. The lacking of investigations on batch-compatible high accuracy micro-structuring makes the use of the material in microtechnology rather rare. The challenges lie in the material properties. In this work, the microstructuring of the complex glass-ceramic Zerodur is investigated by deep plasma etching with fluorine-containing gases. Challenging on one hand is its complex chemical composition, a high amount of the reaction products are non-volatile. On the other hand, more attention needs to be paid to thermal properties such as thermal conduction and thermal expansion. These make the structuring more difficult than that of silicon or other glasses. For the investigation of the etching behaviour, an inductively coupled plasma is used for a high etch rate by high plasma density at low process pressure. This allows an efficient ion-induced etching, but requires hard masks to be thermally, chemically stable and resistant to ion bombardment. Based on the structuring results of fused silica, the influence of material complexity on the etching results is investigated. Various, complex borosilicate glasses with different levels of non-volatile reaction products in the fluorine plasma were used. The influences on the etch rate, the selectivity, the roughness of the etch bottom as well as the verticality of the sidewalls are determined as the starting point for the investigations of Zerodur. A broad parameter study for Zerodur shows that the process parameters can influence the topographical parameters of the etched structures. High etch rates of more than 250 nm/min with a selectivity of 6.4 and a flank angle of 70.5 °C are achieved with a combination of etching gases SF6/CHF3 and SF6. In a further step, the releasing of micromechanical elements is demonstrated. With an optimized process, wafers with a thickness of 150 μm can be completely etched through. The developed double-sided etching process allows a high aspect ratio despite the conical structure profile. Additional challenges due to the releasing process and the optimal choice of process parameters are discussed in detail. Investigations of the deep-etched and released structures show that non-volatile reaction products of aluminium and fluorine affect the patterning process. The determined differences on the sidewall composition between the deep etched and the released elements can be described in a developed explanatory model, which can be used for other complex glasses and glass ceramics, too. This work makes an important contribution to the batch-compatible structuring of complex glasses and glass ceramics in a fluorine plasma. The scientific view on the structuring of Zerodur in this context goes beyond the state of the art. So far, only patents with a low depth of information on micro structuring of this glass ceramic could be used.

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