Passive mechanische Mikrosysteme für multiple Ereigniserkennung

Mikrosysteme, welche vorhandene Umgebungsenergie (bspw. mechanisch, thermisch) in elektrische Energie wandeln und so den dauerhaften Betrieb bspw. eines nachgeschalteten Mikrosensors ermöglichen, bilden einen bedeutenden Forschungsbereich. Nach wie vor bestehen technologische Herausforderungen, die die Produktreife derartiger Konzepte behindern, wobei als größtes Hindernis die begrenzte elektrische Leistungsmenge vieler Systeme anzuführen ist. Für Applikationen, bei welchen die Umgebung nicht genügend Energie für einen annähernd konstanten Betrieb eines Energiewandlers liefert, der Einsatz elektrochemischer Energiespeicher bspw. aufgrund gesundheitsgefährdender Risiken nicht möglich ist oder selten (Jahre) auftretende aber funktionell kritische Grenzwertüberschreitungen sensorisch erfasst werden sollen, sind neue Konzepte notwendig. Im Rahmen dieser Arbeit wird ein neuartiger Bereich energieautarker Mikrosysteme thematisiert. Er umfasst Systeme, welche ohne den Bedarf an elektrischer Energie physikalische Größen der Umgebung erfassen und über beliebige Zeiträume speichern können. Dabei wird die Energie der zu erfassenden physikalische Größe selbst genutzt, um eine reversible oder irreversible Zustandsänderung im Mikro-system hervorzurufen. Die Beibehaltung dieser Zustandsänderung über beliebige Zeiträume wie auch die Möglichkeit den internen Zustand des Mikrosystems in einen nutzbaren elektrischen Messwert zu wandeln sind für den Systementwurf von entscheidender Bedeutung. In dieser Arbeit werden zwei Beispiele derartiger passiver Mikrosysteme vorgestellt. Dabei handelt sich um rein mechanisch passive Mikrosysteme, bei welchen das mechanische Funktionsprinzip des Formschluss verwendet wird. Beide Systeme werden mittels Silicon-on-Insulator Substraten hergestellt. Ein passiver Stoßbeschleunigungssensor auf Basis eines Rastmechanismus, ermöglicht die Erfassung und Speicherung mehrerer Stoßbeschleunigungen. Eine federgeführte seismische Masse bewegt sich relativ gegenüber zwei gefederten Gegenrasten. Die Lage der seismischen Masse wird über eine Verzahnung zu den Gegenrasten gesichert. Je nach Systemvariante können 12 bis 16 verschiedene Stoßbeschleunigungsamplituden im Bereich von 3 g bis 240 g erfasst und gespeichert werden. Mittels eines integrierten elektrostatischen Tangentialaktors können die Systeme bei Spannungen von bis zu 65 V initialisiert werden. Zwei strukturierte Elektrodenflächen, welche mittels eines Deckelchips aus Glas 10 µm oberhalb der seismischen Masse positioniert sind, ermöglichen eine kapazitive Messung und so die Wandlung der mechanischen Position in einen elektrischen Messwert. Ein erstmals präsentiertes Konzept für einen lateral aufgebauten, mechanisch binären Zählmechanismus bildet das zweite passive mechanische Mikrosystem. Der Systementwurf weist das Potential zum Zählen und Speichern einer großen (> 100) Anzahl physikalischer Grenzwertüberschreitungen auf. Der Zählerwert wird im System in Form eines mechanisch binären Codes gespeichert. Der Mechanismus ist aus einer Grundmenge funktionaler Systemelemente aufgebaut, die seriell aneinander gereiht werden. Am Eingang des Mechanismus soll ein Energiewandler sitzen, welcher die Energie der zu erfassenden physikalischen Grenzwertüberschreitung in eine zum Mechanismus passende Kraft-Weg-Charakteristik wandelt. Im Rahmen dieser Arbeit werden die Konzeptionierung und die Demonstration der Funktionsfähigkeit des Mechanismus vorgestellt, der Energiewandler am Systemeingang wird als abstrakte Größe behandelt. Die Funktionsfähigkeit des Mechanismus wird mit 2-Bit Systemen demonstriert. Die maximale Schaltkraft tritt beim [3 → 0�� Zustandswechsel auf und beträgt rund 20 mN. Dabei muss der Eingang über einen Schaltweg von rund 82 µm bewegt und eine maximale Schaltenergie von rund 650 nJ erbracht werden. An einem 2-Bit System wird ein Dauerversuch mit 15 000 Schaltvorgängen durchgeführt, wobei am Ende des Dauerversuchs rund 30 % der Schaltvorgänge fehlerhaft sind. Mittels dünner, piezoresistiver Polysilicium-widerstände auf den Bitführungsfedern kann der mechanische Zählerwert in einen elektrischen Messwert gewandelt werden. Das Phänomen Reibung zwischen trockenchemisch strukturierten Siliciumflächen ist für beide Systementwürfe von Bedeutung. Es wird mittels eigens entworfener Teststrukturen untersucht. Dabei wird ein Gleitreibfaktor zwischen 0,35 und 0,5 bei maximalen Normalkräften von 2,6 mN gemessen.

Microsystems that transduce environmental energy into electrical energy usable for a subsequent microsensor have been of great research interest for many years. However, there are still numerous technology challenges existing inhibiting business products of suchlike systems. New concepts are needed for applications that do not allow usage of conventional energy transducers, for example caused by poor environmental energy amounts. This thesis presents a novel field of self-sufficient microsystems. This field comprises systems that do not need electrical energy but nevertheless enable detection and storage of physical off-limit conditions. The energy of the physical measure to be detected is used for a reversible or irreversible constitutional change inside the microsystem. The retention of this status as well as the possibility to convert it into a usable electrical measurement value are crucial for the design. Two of these so-called passive microsystems are presented. They are pure mechanical systems for which the locking principle is used. Both systems are fabricated utilizing silicon on insulator technology. A passive shock sensor based on a ratcheting mechanism enables the detection and storage of numerous acceleration shocks. A spring-guided seismic mass is relatively moved to two stationary ratcheting parts. Ratchets between the three elements secure the seismic mass position. Dependent on the system version 12 to 16 different acceleration shocks in the range of 3 g to 240 g are detected and stored. A capacitive measurement is used to transduce the seismic mass position into an electrical measurement value. The second system is a novel binary counter mechanism. The counter value is stored as a mechanical binary code. The mechanism is composed of a number of basic elements that are serially arranged. 2-Bit demonstrator systems are fabricated and characterized. The maximum switching force is about 20mN. An endurance test was performed with one 2-Bit system. It was switched 15 000 times with roughly 30% of incorrect switching operations at the end of the test. As friction between dry etched silicon surfaces plays an important but unknown role for the system designs, it is investigated using sufficient test structures. Here a sliding friction factor in the range of 0.35 to 0.5 for normal forces of about 2.6 mN is measured.

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