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Bitte verwenden Sie diesen Link, wenn Sie dieses Dokument zitieren oder verlinken wollen: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:gbv:9-002603-1

Modellierung der Innenballistik von durch Gas-Luft-Gemische angetriebenen Projektilen

  • Selbst hergestellte illegale Waffen sind weltweit bekannt. Häufig werden dabei Gas- oder Alarmwaffen (sog. Schreckschusswaffen) derart umgebaut, dass damit Projektile verschossen werden können. In Deutschland zählen zu den illegalen Waffen auch sogenannte „Kartoffelkanonen“, die meist nicht in krimineller Absicht, sondern von Jugendlichen aus Experimentierlust oder zum Zeitvertreib hergestellt werden. Sie weisen eine sehr einfache Bauart auf, die meist nur aus einer Explosionskammer mit einem entsprechenden Zündmechanismus sowie einem Lauf besteht, und lassen sich mit wenigen Grundkenntnissen und überall erhältlichen Materialien herstellen. Das Funktionsprinzip dieser Kartoffelkanonen beruht auf der Explosion eines Gas-Luft-Gemisches, die zu einer schlagartigen Druckexpansion führt, die das Geschoss durch den Lauf beschleunigt. Mit diesen Kanonen lassen sich beachtliche Schussleistungen erzielen. Von forensisch-traumatologischer Relevanz sind diese Schussapparate durch die schweren Verletzungen, über die in der medizinischen Literatur bisher kasuistisch berichtet wurde. Um das Wirkungspotenzial einer Schusswaffe beurteilen zu können, ist das Verständnis der physikalischen und technischen Grundlagen zwingend notwendig. Insbesondere zu den extremen physikalischen Vorgängen in der Waffe während der Schussentwicklung (Gasdruckkurvenverlauf, maximaler Gasdruck, maximaler zeitlicher Gasdruckanstieg) lagen für Kartoffelkanonen bisher keine Daten vor. Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein experimentelles Modell entwickelt, um die grundlegenden innen- wie außenballistischen Vorgänge darzustellen und die diese Vorgänge beschreibenden physikalischen Parameter zu untersuchen. Zu diesem Zweck wurde eine Gaskanone konstruiert, um unter Laborbedingungen verschiedene Gas-Luft-Gemische (Acetylen, Wasserstoff, Ethylen) als Treibmittel zur Beschleunigung eines Testprojektils im Kaliber 46 mm zu untersuchen. Mittels eines piezoelektrischen Druckaufnehmers wurde der Gasdruck in der Explosionskammer erfasst. Die Geschwindigkeit des Testprojektils wurde mittels einer Lichtschrankenanlage gemessen. Aus der Gasdruckkurve über der Zeit wurden der maximale Gasdruck pmax, der maximale zeitliche Gasdruckanstieg (dp/dt)max sowie die zeitlichen Parameter der Gasexplosion ermittelt. Nach dem Bewegungsgesetz wurden die Beschleunigung a(t), die Geschwindigkeit v(t) sowie der Geschossbodenweg s(t) des Projektils im Lauf berechnet und daraus die theoretische Mündungsgeschwindigkeit ermittelt. Der maximale Gasdruck wurde zwischen 1,4 bar (Ethylen) und 4,5 bar (Acetylen) ermittelt und lag deutlich über dem maximalen Prüfdruck der Kunststoffrohre, die häufig für den Bau dieser Kartoffelkanonen verwendet werden. Somit wurde der Nachweis erbracht, dass bei diesen Kartoffelkanonen ein erhebliches Risiko einer unfallmäßigen Waffensprengung besteht. Der größte maximale Druckanstieg wurde für Wasserstoff mit (dp/dt)max = 607 bar/s berechnet. Die Mündungsenergie lag zwischen 67 J (Ethylen) und 204 J (Acetylen). Die Wertung der ermittelten ballistischen Größen mit der Hilfe von ein- und mehrparametrigen Traumamodellen belegt das Risiko schwerster Verletzungen, das von diesen ungewöhnlichen Schussapparaten ausgeht.
  • Potato guns are popular homemade guns which work on the principle of gas combustion. They are usually constructed for recreational rather than criminal purposes. Yet some serious injuries and fatalities due to these guns are re- ported. As information on the internal ballistics of homemade gas combustion-powered guns is scarce, it is the aim of this work to provide an experimental model of the internal ballistics of these devices and to investigate their basic physical param- eters. A gas combustion gun was constructed with a steel tube as the main component. Gas/air mixtures of acetylene, hydro- gen, and ethylene were used as propellants for discharging a 46-mm caliber test projectile. Gas pressure in the combustion chamber was captured with a piezoelectric pressure sensor. Projectile velocity was measured with a ballistic speed mea- surement system. The maximum gas pressure, the maximum rate of pressure rise, the time parameters of the pressure curve, and the velocity and path of the projectile through the barrel as a function of time were determined according to the pressure- time curve. The maximum gas pressure was measured to be between 1.4 bar (ethylene) and 4.5 bar (acetylene). The highest maximum rate of pressure rise was determined for hydrogen at (dp/dt)max=607 bar/s. The muzzle energy was calculated to be between 67 J (ethylene) and 204 J (acetylene). To conclude, this work provides basic information on the internal ballistics of homemade gas combustion guns. The risk of injury to the operator or bystanders is high, because accidental explosions of the gun due to the high-pressure rise during combustion of the gas/air mixture may occur.

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Metadaten
Author: Volker Andreas Schorge
URN:urn:nbn:de:gbv:9-002603-1
Title Additional (English):Modeling internal ballistics of gas combustion guns
Advisor:Dr. Matthias Frank
Document Type:Doctoral Thesis
Language:German
Date of Publication (online):2016/08/24
Granting Institution:Ernst-Moritz-Arndt-Universität, Universitätsmedizin (bis 31.05.2018)
Date of final exam:2016/07/07
Release Date:2016/08/24
Tag:Blunt ballistic impact; Blunt trauma; Gascombustiongun; Internal ballistics
GND Keyword:stumpfes Trauma, Innenballistik, Kanone, Gasdruck
Faculties:Universitätsmedizin / Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie
DDC class:600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften / 610 Medizin und Gesundheit