Politiker, Wissenschaftsorganisatoren und Verbandsfunktionäre : Kieler Historiker vom 19. zum 21. Jahrhundert

Unter den Kieler Historikern fanden sich nur wenige vor und nach der Gründung des Historischen Seminars der Kieler Universität bereit, zeitweise oder für immer die universitäre Lehrkanzel mit der Politik oder mit Leitungsaufgaben in Universität und Wissenschaftsorganisationen zu tauschen. An der Selbstorganisation der Wissenschaft im regionalen, nationalen und internationalen Maßstab nahmen nach 1945 fünf Mitglieder des Kieler Historischen Seminars in führenden Positionen Anteil: Karl Dietrich Erdmann, Hartmut Lehmann, Werner Paravicini, Ludwig Steindorff und Gerhard Fouquet. Für Gerhard Stoltenberg und Ekkehard Klug war ihre akademische Zeit nur die Vorstufe ihrer politischen Karriere. In der langen Zeitspanne vor dem Zweiten Weltkrieg waren die Ambitionen für derartige über die Professur hinausweisende Ämter nur in den Jahrzehnten vor der Gründung des Historischen Seminars ausgeprägt. Das ›Dreigestirn‹ der Paulskirche, Friedrich Christoph Dahlmann, Johann Gustav Droysen und Georg Waitz, ragt heraus; alle drei taten sich erst unter dem Eindruck der Revolution von 1848/1849 als Politiker hervor. Der Landes- und Nordeuropahistoriker Otto Scheel scheiterte Ende April 1933 nach zwei Monaten als Rektor der durch NS-Studentengruppen und Dozenten radikalisierten Kieler Universität. Vorgelegt werden Biogramme von Männern – Frauen sind am Historischen Seminar erst seit 2013 (!) berufen worden –, berücksichtigt werden auch Hinweise auf Zeitumstände, Planungen, auf Erfolg und Scheitern, zusammengeführt in einer Prosopographie von Professoren als Politikern, Wissenschaftsorganisatoren und Verbandsfunktionären.

Before and after the founding of the Department of History at Kiel University only few historians in Kiel were prepared to swap the university chair for politics or leadership roles at the university and in scientific organisations, either temporarily or permanently. After 1945 five members of the Department of History in Kiel took part in the self-organisation of science on a regional, national and international scale occupying leading positions: Karl Dietrich Erdmann, Hartmut Lehmann, Werner Paravicini, Ludwig Steindorff, and Gerhard Fouquet. For Gerhard Stoltenberg and Ekkehard Klug their academic time was only the preliminary stage of their political careers. During the long period before the Second World War, ambitions for such offices which went beyond the professorship were pronounced only in the decades before the founding of the Department of History. The ›triumvirate‹ of the Paulskirche, Friedrich Christoph Dahlmann, Johann Gustav Droysen, and Georg Waitz, stands out; all three first emerged as politicians under the impact of the revolution of 1848/1849. The historian Otto Scheel, who specialised in regional and Northern European history, failed at the end of April 1933 after two months as rector of the Kiel University, which had been radicalised by Nazi student groups and lecturers. Short biographies of men are presented – women have only been appointed to the Department of History since 2013 (!) – and in addition, references to the circumstances of the time, planning, and success and failure brought together in a prosopography of professors as politicians, academic organisers, and association functionaries are taken into account.

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