Entwicklung und Evaluierung eines spezifischen Anfängerpraktikums für Lehramtsstudierende im Fach Physik

In der universitären Lehramtsausbildung in Deutschland werden die Trennung von Fach und Fachdidaktik und der hohe fachwissenschaftliche Anteil in der Studieneingangsphase kritisch diskutiert. An der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel wurde daher beschlossen, die Lehramtsausbildung im Fach Physik neu auszurichten und die Bereiche Fach und Fachdidaktik früher im Studium zu vernetzen, um die kumulative Entwicklung der fachlichen und fachdidaktischen Komponenten des Professionswissens zu verbessern und die wahrgenommene Relevanz der Lerninhalte zu fördern. Dazu wurde im Rahmen dieser Arbeit ein physikalisches Laborpraktikum für Lehramtsstudierende mit 25 neuen, lehramtsspezifischen Praktikumsversuche konzipiert, das sich an aktuellen fachdidaktischen Gestaltungsprinzipien orientiert. Der Entwicklung liegt ein theoretisch abgeleitetes Wirkmodell zugrunde, wonach eine Förderung der wahrgenommenen Relevanz sich positiv auf die Lernmotivation und damit wiederum förderlich auf den Lernerfolg auswirkt. Das Forschungsziel dieser Arbeit ist, Erkenntnisse über die optimale Gestaltung von Lehramtspraktika zu gewinnen und die Wirkannahmen quantitativ zu prüfen. Hierzu wurde im neuen Lehramtspraktikum eine Vollerhebung vorgenommen, sodass eine ausreichende Stichprobe und eine Vielzahl der Bedingungsfaktoren erfasst werden konnten. Mithilfe eines dafür neu entwickelten Fragebogens wurden dabei auch die Eigenschaften der Praktikumsversuche erfasst, sodass in der begleitenden Beforschung mittels Mehrebenenanalyse Erkenntnisse über die Eigenschaften relevant wahrgenommener Versuche gewonnen werden konnten. Zentrale Ergebnisse der Arbeit sind folgende: Eine Schlüsselrolle für die wahrgenommene Relevanz spielt dabei neben dem schulrelevanten Versuchsthema und der Anschaulichkeit vor allem die Kontextualisierung der Versuchsbeschreibungen. Eine Mehrebenen-Strukturgleichungsmodellierung des Wirkmodells hat gezeigt, dass die wahrgenommene Relevanz das situationale Interesse an den Praktikumsinhalten hypothesenkonform positiv beeinflusst. Zudem konnte anhand von empirischen Indizien aus weiteren Modellierungen der Wirkzusammenhänge geschlossen werden, dass sich die wahrgenommene Relevanz ebenfalls förderlich auf den Lernerfolg in Bezug auf experimentelle Kompetenz, Selbstwirksamkeitserwartungen bzgl. des Experimentierens und Fachwissen der Studierenden auswirkt. Basierend auf diesen Erkenntnissen konnte damit in dieser Arbeit gezeigt werden, dass ein lehramtsspezifisches Laborpraktikum eine wirksame und umsetzbare Möglichkeit ist, um den Studierenden die Relevanz der Lerninhalte für ihre zukünftige Lehrtätigkeit zu verdeutlichen, die Lernmotivation und den Lernerfolg zu fördern und dadurch die Lehramtsausbildung in den naturwissenschaftlichen Fächern zu verbessern.

In teacher education programs at universities in Germany the separation of academic subject and subject education as well as the high subject-specific proportion in the introductory phase are critical discussed. Therefore, at Kiel University the teacher education program in physics was redesigned with an emphasis on linking academic subject and subject education early, in order to improve the cumulative development of content knowledge and pedagogical content knowledge and to enhance the perceived professional relevance of learning contents. Within the scope of this work a physics laboratory course for pre-service teachers with 25 new teaching specific practical experiments was developed on the basis of recent didactical design principles. A base for this new development is a theoretically derived causal model, according to which an enhancement of the perceived relevance has positive effects on the learning motivation and in turn on the learning success. The goal of this work is to better understand the optimal design of teacher’s laboratory courses and to quantitatively verify the hypothesized causal model. On the basis of an adequate sample an exhaustive survey including relevant covariates was administered in the new teacher’s laboratory course. With a newly developed questionnaire the characteristics of the experiments were identified, so that as part of this research, knowledge about the characteristics of experiments perceived as relevant could be gained by multilevel analysis. Main results of this work are: Besides a topic with relevance for school and a demonstrative character of the experiment, the contextualisation of the experiment instruction plays a key role for the perceived relevance of the experiment. Supporting the causal hypothesis, multilevel structural equation modelling showed, that the perceived relevance has a positive effect on the situational interest in the learning contents of the experiments. Additionally, from further modelling of the presumed causal relations indicates, that the perceived relevance also beneficially affects the learning success with regard to experimental competences, self-efficacy expectations concerning experimentation, and content knowledge of the students. These findings of this work show, that a teaching-specific laboratory course is an effective and feasible opportunity to clarify the relevance of the learning contents to the students for their future teaching, to enhance the learning motivation and the learning success, and thus to improve the teacher education programs in natural science subjects.

Rechte

Nutzung und Vervielfältigung:


CC BY-NC-ND 4.0

Bitte beachten Sie, dass einzelne Bestandteile der Publikation anderweitigen Lizenz- bzw. urheberrechtlichen Bedingungen unterliegen können.

Zitieren

Zitierform:
Zitierform konnte nicht geladen werden.