Evaluation von Biomarkern für eine zerebrale Zellschädigung nach kardiochirurgischen Eingriffen unter Einsatz der Herzlungenmaschine im Säuglingsalter : Einfluss der zerebralen Gewebeoxygenierung

Einleitung: Kinder mit angeborenen Herzfehlern haben ein erhöhtes Risiko für Auffälligkeiten in der kognitiven Entwicklung. Eine mögliche Ursache ist eine perioperative hypoxisch-ischämische Hirnschädigung. Da diese in der Regel zunächst klinisch inapparent verläuft, ist die Diagnose erschwert. Die Erforschung von Methoden zur Erkennung von zerebralen Schädigungen im Rahmen der Behandlung von Kindern mit angeborenen Herzfehlern ist daher von großem Interesse. Ziel der Arbeit war es mit dem Protein S100B und dem Sauren Gliafaserprotein zwei potentielle Biomarker für eine neuronale Zellschädigung nach herzchirurgischen Eingriffen im Neugeborenen- und Säuglingsalter zu untersuchen. Beide Biomarker sind in der klinischen Routine bisher nicht etabliert, sodass durch sequentielle Bestimmung zu verschiedenen Zeitpunkten zunächst ein typisches Profil erstellt werden sollte. Der Schwerpunkt der Untersuchung lag auf der Auswertung des Einflusses der mittels Nahinfrarotspektroskopie gemessenen zerebralen Gewebeoxygenierung auf die Serum-konzentrationen der beiden Biomarker. Methodik: Neugeborene und Säuglinge im Alter zwischen 0 und 12 Monaten, bei denen ein herzchirurgischer Eingriff unter Einsatz der Herzlungenmaschine durchgeführt wurde, waren zur Teilnahme an der Studie berechtigt. Serumkonzentrationen der Biomarker wurden präoperativ am sowie 0, 12, 24 und 48 Stunden nach Operation bestimmt. Parallel erfolgte eine kontinuierliche Messung der zerebralen und somatischen Gewebeoxygenierung. Diese wurde 12 Stunden vor Operation begonnen, intraoperativ fortgeführt und 48 Stunden nach der Operation beendet. Zusätzlich wurden Parameter der postoperativen Routineüberwachung erfasst. Anhand der präoperativen Biomarker-Konzentrationen wurden Normwerte zur Interpretation der postoperativen Werte erstellt. Patienten mit normwertigen bzw. erhöhten Biomarkern wurden vergleichend gegenübergestellt. Es erfolgte eine separate Auswertung für Neugeborene und Säuglinge. Ergebnisse: Insgesamt wurden 74 Patienten eingeschlossen bei denen 38 Operationen im Neugeborenenalter und 56 Eingriffe jenseits der Neugeborenenphase durchgeführt wurden. In der Gruppe der Neugeborenen waren die Norwood-Operation und die arterielle Switch-Operation die am häufigsten durchgeführten Eingriffe. Für das Protein S100B zeigte sich eine deutliche Altersabhängigkeit der Werte. Neugeborene hatten zu allen Abnahmezeitpunkten höhere S100B-Konzentrationen. Die höchsten Werte traten in beiden Altersgruppen direkt postoperativ auf. Im Verlauf fielen diese wieder auf das präoperative Ausgangsniveau ab. Nach 24 bzw. 48 Stunden waren noch bei jeweils etwa 40% der Neugeborenen und Säuglinge erhöhte S100B-Konzentrationen nachweisbar. Es konnte jedoch nur in der Gruppe der jenseits des Neugeborenenalters operierten Patienten ein Zusammenhang zwischen erhöhten postoperativen S100B-Konzentrationen und einer niedrigeren zerebralen Gewebe-oxygenierung gezeigt werden. Bei Säuglingen mit postoperativ erhöhten S100B-Werten bestand frühpostoperativ eine niedrigere zerebrale Gewebeoxygenierung sowie eine größere arterielle-zerebrale Sauerstoffsättigungsdifferenz. Im gesamten postoperativen Verlauf fand sich ebenfalls eine niedrigere zerebrale Sauerstoffsättigung. Im Gegensatz zum S100B zeigte sich für das Saure Gliafaserprotein keine Altersabhängigkeit der präoperativen Werte. Das Saure Gliafaserprotein war nach etwa jedem zweiten Eingriff im Neu-geborenenalter erhöht. Nach Operationen im Säuglingsalter kam es lediglich bei etwa einem Viertel der Patienten zu erhöhten Werten. Die Saure Gliafaserprotein-Werte der Neugeborenen mit erhöhten Werten war deutlich höher als die der betroffenen Säuglinge. Bei Neugeborenen mit postoperativ erhöhten Gliafaserproteinwerten fand sich eine niedrigere präoperative zerebrale Sauerstoffsättigung, wohingegen die absoluten postoperativen Werte keine Unterschiede aufwiesen. Nach Eingriffen im Säuglingsalter konnte kein signifikanter Zusammenhang zur zerebralen Oxygenierung gezeigt werden. Schlussfolgerung: In Übereinstimmung mit der Literatur sprechen einige der Ergebnisse für eine potentielle Eignung des S100B als zerebralen Biomarker. Insbesondere der Zusammenhang zwischen postoperativ erhöhtem S100B und eingeschränkter zerebraler Gewebeoxygenierung ist bedeutsam. Die Assoziation zwischen präoperativer zerebraler Oxygenierung und postoperativ erhöhtem Saurem Gliafaserprotein nach Operationen im Neugeborenenalter unterstützt die mittlerweile in mehreren Arbeiten formulierte Hypothese, dass die präoperative Phase eine bedeutende Rolle für das Auftreten perioperativer Hirnschäden und möglicherweise auch für die spätere neuropsychologische Entwicklung hat. Es sind jedoch weitere Arbeiten erforderlich um insbesondere einen Zusammenhang zwischen Biomarkerkonzentrationen, zerebraler Gewebeoxygenierung und einer hypoxisch-ischämischen Schädigung mittels zerebraler Bildgebung nachweisen zu können.

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