Veränderung des sensorischen Phänotyps von Patienten mit Arthrose vor und nach Gelenkersatz

Die Osteoarthrose ist eine der häufigsten chronischen, degenerativen Erkrankungen des Bewegungsapparates. Eine konservative Therapie kann bislang keine langfristige Symptomlinderung erreichen und den Krankheitsprozess nicht aufhalten. Bislang wurde angenommen, dass die Schmerzentstehung der Arthrose rein nozizeptiv ist. Eine genaue Analyse des somatosensorischen Phänotyps insichtlich Funktionsverlust oder Sensitivierung ermöglicht die Quantitativ Sensorische Testung (QST) und erlaubt Rückschlüsse auf die zugrunde liegende Pathophysiologie. Ziel dieser Arbeit war die Charakterisierung des sensorischen Phänotyps und Analyse hinsichtlich Schmerzintensität, demographischen Charakteristika, Funktionalität, Lebensqualität und psychischer Gesundheit von Patienten mit Arthrose. Weiterhin sollten Unterschiede zwischen Patienten mit und ohne zentrale Schmerzsensibilisierungsprozesse sowie die konservativ und operativ behandelten Patienten, einerseits innerhalb der Gruppen longitudinal und andererseits im Gruppenvergleich, analysiert werden. Die Studie bestand aus zwei Untersuchungszeitpunkten (Visite 1 und Visite 2), an denen nach Erhebung der Anamnese, demographischen Daten und Schmerzintensität, eine QST im Areal des übertragenden Schmerzes am Oberschenkel durchgeführt wurde. Weiterhin wurden validierte Fragebögen eingesetzt zur Erfassung der Funktionalität, gesundheitsbezogenen Lebensqualität, psychischen Gesundheit, Qualität des Schlafs und Schmerzcharakteristika. 49 Patienten mit Coxoder Gonarthrose haben an dieser Studie teilgenommen. 31 der Patienten haben auch an Visite 2, teilgenommen; 13 dieser Patienten erhielten zwischenzeitlich eine Gelenkersatzoperation, deren Indikation unabhängig von dieser Studie gestellt wurde. Das somatosensorische Profil der Arthrosepatienten war charakterisiert durch eine Sensibilisierung im Sinne einer thermischen und/oder mechanischen Hyperalgesie. Fast die Hälfte der untersuchten Patienten wiesen Zeichen einer zentralen Schmerzsensibilisierung auf. Diese Patienten hatten stärkere Schmerzen als Patienten ohne zentrale Sensibilisierung. Hinsichtlich Erkrankungsdauer, Häufigkeiten der charakteristisch neuropathischen Symptome, Funktionseinschränkung, Schlafstörungen, Psychische Gesundheit sowie Lebensqualität fanden sich keine Unterschiede. Die Patienten, die im Verlauf eine Gelenkersatzoperation erhielten, hatten bei Visite 1 mehr Schmerzen und stärkere Funktionseinschränkungen als die Patienten mit konservativer Therapie; Unterschiede der Lebensqualität oder psychischen Gesundheit sowie im sensorischen Profil der Patientengruppen konnten nicht gefunden werden. Nach Gelenkersatzoperation nahmen die Schmerzintensität und die zentrale Sensibilisierung ab. Anhand dieses Ergebnisses und dem Vergleich der Patienten mit und ohne zentrale Sensibilisierung ist anzunehmen, dass die Schmerzintensität ein Hauptfaktor in der Generierung dieser zentralen Sensibilisierungsprozesse ist und analog die Verminderung der Schmerzintensität eine zentrale Rolle bei der Reduktion zentraler Sensibilisierung spielt. Für die Patienten mit konservativer Therapie konnte, abgesehen von einer verminderten Kälteschmerzschwelle und einer verminderten taktilen Wahrnehmung, keine Veränderung im Verlauf in den Ergebnissen der QST und den Fragebogenergebnissen gefunden werden. Bemerkenswert ist, dass sich ein Zusammenhang mit der subjektiven Zufriedenheit mit dem Gelenkersatz und dem Ausmaß der Funktionsverbesserung nach der Behandlung fand, aber nicht mit der Schmerzreduktion oder den Schmerzen nach der Behandlung. Das Vorhandensein einer depressiven Störung bei Visite 1 war mit einer geringeren Schmerzreduktion nach operativer Behandlung und somit einem geringeren Behandlungsansprechen verbunden. Zusammenfassend fand sich bei Arthrosepatienten hinsichtlich der sensorischen Auffälligkeiten insbesondere eine Überempfindlichkeit gegen Hitze und mechanische Reize, wobei ein substanzieller Prozentsatz der Patienten Zeichen einer zentralen Sensibilisierung aufwies und dies mit der angegebenen Schmerzintensität korrelierte.

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