Untersuchung zur Rolle fronto-striataler neuronaler Netzwerke bei dynamischer Handlungsanpassung mittlels fMRT

Es ist eine Beobachtung der Verhaltensbiologie, dass Verhaltensmuster durch positive oder negative Rückkoppelung modelliert werden. Weicht das Ergebnis einer Handlung von der Erwartung ab, wird das Verhalten angepasst. Dabei wirken Belohnungen verstärkend, Bestrafungen abschwächend. Als neuronale Grundlage dessen gilt das dopaminerge System. Belohnungen lösen eine kurze, starke Steigerung der Dopaminausschüttung aus, was eine Verstärkung der synaptischen Übertragung in bestimmten Hirnarealen und damit eine Verfestigung des vorangegangenen Verhaltens zur Folge hat. Die motivationale Steuerung des Verhaltens geht mit einer Aktivierung ventraler (limbischer) fronto-striataler Schleifen einher. Fertig entwickelte Verhaltensmuster werden in dorsalen (motorischen) Schleifen abgespeichert. Die Hypothese der vorliegenden Arbeit lautet daher, dass während des Verstärkungslernens eine Aktivitätsverschiebung von ventralen zu dorsalen Schleifen stattfindet. Diese läuft beim Lernen durch Belohnung und Bestrafung womöglich unterschiedlich ab. Die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) bietet eine besonders gute räumliche und zeitlichen Auflösung. Es werden vorübergehende Änderungen des lokalen Blutflusses sichtbar gemacht, da sauerstoffreiches und -armes Blut unterschiedliche magnetische Eigenschaften haben. Dabei wird angenommen, dass neuronale Aktivität mit erhöhtem Sauerstoffbedarf des Gewebes einhergeht. Das verwendete Paradigma, genannt Two Way Iowa Gambling Task, ist eine probabilistische Lernaufgabe mit positivem oder negativem Feedback. Es ist angelehnt an den Iowa Gambling Task, ein etabliertes Paradigma in Studien zu Lernverhalten und Risikobereitschaft. Von diesem unterscheidet es sich darin, dass es von derselben Person immer wieder gespielt werden und das Lernverhalten immer wieder neu beurteilt werden kann und dass Lernen durch Belohnung und Bestrafung separat untersucht werden können. Ein Spiel besteht aus 200 Karten, die verdeckt auf vier Stapel verteilt sind. Die Karten enthalten Punktwerte zwischen 1 und 40 oder -1 und -40. Jeder Stapel enthält eine Häufung von Karten um einen charakteristischen Mittelwert. Durch geschicktes Aufdecken sollen die Probanden herausfinden, welches die besseren Stapel sind um in den Gewinn-Spielen möglichst viele Punkte zu sammeln und in den Verlust-Spielen Punktverluste zu vermeiden. Im fMRT wurden zwei Gewinn- und zwei Verlust-Spiele gespielt. Die untersuchte Stichprobe umfasst 15 gesunde, männliche Probanden zwischen 20 und 30 Jahren. An einem Trainingstermin wurde für jeden Probanden die Schwierigkeitsstufe in beiden Spielkategorien entsprechend seiner Leistung angepasst, sodass die Lernkurven der Probanden bei der Messung im fMRT einander angeglichen wurden. Dadurch sollten die neuronalen Vorgänge synchronisiert werden um die gemeinsame Auswertung zu ermöglichen. Für die Auswertung wurde jedes Spiel in zwei Abschnitte von je 25 Zügen aufgeteilt um zu explorieren, welche Netzwerke eher in der Phase von Lernen und Anpassung aktiv sind und welche eher in der Phase der Umsetzung des gelernten Musters. Es zeigte sich eine linear ansteigende Aktivierung im ventralen Striatum die mit dem Fehler der Belohnungserwartung korrelierte. Das bestätigt die etablierten wissenschaftlichen Kenntnisse über die zentrale Bedeutung dieses Areals für das Verstärkungslernen. Für den Zeitpunkt der Präsentation des Kartenwertes zeigte sich folgendes Aktivierungsmuster: Bei beiden Spielkategorien ließ sich eine linear ansteigende Aktivierung der ventralen und dorsalen fronto-striatalen Netzwerke darstellen. Bei den Spielen mit negativen Kartenwerten zeigte sich eine Aktivierung ventraler Netzwerke in der Anfangsphase, gefolgt von einer Aktivierung dorsaler Netzwerke in der Spätphase. Bei den Spielen mit positiven Kartenwerten zeigte sich bereits in der Anfangsphase eine gemeinsame Aktivierung ventraler und dorsaler Netzwerke. Diese Beobachtungen bestätigen die Befunde zahlreicher Studien aus der Verhaltensbiologie und den Neurowissenschaften zu den Aufgaben ventraler und dorsaler fronto-striataler Netzwerke bei der Verhaltensanpassung. Die frühe Beteiligung der dorsalen Netzwerke beim Lernen durch Belohnung bereits in der Anfangsphase könnte auf eine frühere Automatisierung hindeuten. So lässt sich die Erfahrung, dass Lernen durch Belohnung schnellere und länger anhaltende Erfolge hervorbringt als durch Bestrafung möglicherweise auch anhand von neurologischen Aktivierungsmustern erklären. Alle süchtig machenden Substanzen regen die Ausschüttung von Dopamin an und aktivieren dadurch auch die Netzwerke, die auch für das Lernen durch Belohnung zuständig sind. Die frühe Aktivierung der dorsalen Netzwerke könnte daher auch bei der schnellen Gewohnheitsentwicklung bei Suchterkrankungen eine Rolle spielen.

Rechte

Nutzung und Vervielfältigung:

Keine Lizenz. Es gelten die Bestimmungen des deutschen Urheberrechts (UrhG).

Bitte beachten Sie, dass einzelne Bestandteile der Publikation anderweitigen Lizenz- bzw. urheberrechtlichen Bedingungen unterliegen können.

Zitieren

Zitierform:
Zitierform konnte nicht geladen werden.