Diagnose: Confirmation bias. Wie die anfängliche Überzeugtheit von einer klinisch-psychologischen Prüfhypothese, die Berufserfahrung und das Fachwissen die Validität klinischer Diagnosen beeinflussen.

Im Zentrum der vorliegenden Arbeit steht eine der elementarsten Aufgaben des Psychologen: das Stellen einer Diagnose. Die Validität psychischer Diagnosen ist in der Geschichte der Psychologie bzw. Psychiatrie jedoch wiederholt in Frage gestellt worden, wobei sowohl kognitive als auch motivationale Gründe für die Verzerrungsanfälligkeit diskutiert wurden. Das Konzept des „confirmation bias“ aufgreifend wird analysiert, ob diese Neigung zu einer Informationsverarbeitung, die diejenigen Informationen bevorzugt, die einer (Vor-)Einstellung entsprechen (Turk & Salovey, 1985), Erklärungswert für nicht valide klinisch-psychologische Diagnosen aufweist. Die an der webbasierten Studie teilnehmenden Studierenden der Psychologie bzw. praktisch tätigen Psychotherapeuten bearbeiteten eine zufällig ausgewählte Fallvignette und durchliefen den gesamten diagnostischen (Hypothesentestungs-)Prozess, wobei ihnen eine fallspezifische, Prüfhypothese nahegelegt wurde. Je größer die subjektive Überzeugung des Probanden nach dem Lesen erster Vorinformationen bzgl. der Prüfhypothese war, desto selektiver gestaltete sich seine Informationssuche, desto wichtiger wurden konsistente gegenüber inkonsistenten Informationen eingeschätzt und desto häufiger wurde abschließend die falsche, selbstbestätigende Diagnose gestellt. Der anfängliche Verdacht wirkte sich demnach auf bedeutende Arbeitsschritte sowie die Validität der Diagnose aus. Und dabei waren es keineswegs nur die relativ unerfahrenen Psychologie-Studierenden, die dieses Muster aufwiesen, sondern auch 40% der erfahrenen Psychotherapeuten. Berufserfahrung per se ist demnach zumindest bei der Beurteilung schriftlichen Materials über einen Patienten nicht automatisch ein Schutz gegen Selbstbestätigungstendenzen.

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