Untersuchung zu Tagesvigilanz und psychophysischer Belastbarkeit von Parkinson-Patienten

Das idiopathische Parkinson-Syndrom gehört zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen mit neurodegenerativem Charakter. Mit Veränderung der Altersstruktur der Bevölkerung ist in Zukunft mit einer weiter steigenden Zahl von Patienten zu rechnen. Gerade für Personen mit eingeschränkter Mobilität und/oder höherem Lebensalter spielt eine möglichst hohe Vigilanz beim Führen eines Kraftfahrzeuges zum Erhalt der Lebensqualität und Selbstbestimmung eine große Rolle. In der vorliegenden Arbeit wurde das einzige objektive Verfahren zur Bestimmung der Vigilanz, der pupillographische Schläfrigkeitstest, angewandt. Es wurden 47 medikamentös behandelte Patienten beiderlei Geschlechts mit idiopathischem Morbus Parkinson sowie ebenfalls 47 nach Alter und Geschlecht abgeglichene Kontrollprobanden hinsichtlich ihrer Tagesschläfrigkeit und ihrer psychophysischen Belastbarkeit getestet. Probanden mit Einnahme von Psychopharmaka wurden vor den Auswertungen durch einen Urintest ermittelt und ausgeschlossen. Vorgestellt werden die Ergebnisse zur Vigilanz, die zwei Mal, vor und nach einer Dauerbelastung, mit dem objektiven pupillographischen Schläfrigkeitstest (PST) und der subjektiven Stanford Schläfrigkeitsskala (SSS) erhoben wurden. Die Parkinson-Patienten zeigten im Mittel zunächst eine normale Tagesvigilanz. Der Leitparameter des PST, der Pupillenunruhe-Index (PUI, unauffällig bis 6,6 mm/min) lag in Ruhe bei 3,70 mm/min, nach einer Dauerbelastung (Durchführung der Tests nach dem Wiener Testsystem) betrug er durchschnittlich 4,22 mm/min. Die Kontrollprobanden erzielten Werte von 3,76 mm/min bzw. 4,03 mm/min. Beide Gruppen unterschieden sich daher beim PUI nicht signifikant voneinander. Allerdings nahm die objektive Schläfrigkeit durch die Belastung bei den Parkinson-Patienten hochsignifikant zu (p<0,01), während der leichte Anstieg des PUI bei den Kontrollen ohne Signifikanz war. Das subjektive Schläfrigkeitsempfinden nach der SSS war bei den Patienten deutlicher ausgeprägt als bei den Kontrollen (SSS1: 2,11 vs. 1,79, p=0,05. SSS2: 2,49 vs. 2,00, p<0,05). Die abgeleiteten durchschnittlichen Schläfrigkeitsstufen differierten hochsignifikant (p<0,01) voneinander. Während in der Kontrollgruppe nur 8 % bzw. 15 % (erster bzw. zweiter PST) auffällige Schläfrigkeitswerte zeigten, waren dies bei den Parkinson-Patienten 34 % bzw. 38 %. Die Höhe der L-Dopa-Äquivalenz-Dosis (686 ± 343 mg/d) besaß keinen signifikanten Einfluss auf die Graduierung der Einschlafneigung oder die Einschätzung des subjektiven Schläfrigkeitsempfindens. Eine Korrelation zwischen der Vigilanz und den Parametern Lebensalter, Erkrankungsschwere und Erkrankungsdauer bestand nicht eindeutig. Nicht unerwartet stiegen mit zunehmender Erkrankungsdauer (7,0 ± 5,1 Jahre) sowohl die Erkrankungsschwere (19,4 ± 11,0 Punkte nach Unified Parkinson Disease Rating Scale Teil III Motorik) als auch die L-Dopa-Äquivalenz-Dosis (Spearman R=0,526, p<0,001) signifikant an. Zwischen den Ergebnissen im subjektiven und objektiven Schläfrigkeitstest sowohl bei den Patienten als auch bei den Kontrollprobanden war kein nennenswerter Zusammenhang nachweisbar, das heißt, dass alle Studienteilnehmer in ihrer Selbsteinschätzung erheblich von den objektiv ermittelten Testergebnissen abwichen. Auch das summierte psychophysische Leistungsvermögen, ausgedrückt durch die Anteile mit besonders guten und besonders schlechten Teilleistungen in den Testverfahren, war von der L-Dopa-Äquvalenzdosis unabhängig. Insgesamt schnitten die Parkinson-Patienten in nahezu allen Testverfahren nach der Fahrerlaubnisverordnung schlechter ab als die Kontrollgruppe. Als hochsignifikante Einflussgrößen für ein schlechtes psychophysisches Leistungsvermögen erwiesen sich ein höheres Lebensalter über 65 Jahre und ein schlechter Score-Wert in der UPDRS. Patienten mit idiopathischem Parkinson-Syndrom sollten insbesondere bei längerer Erkrankungsdauer einer Prüfung ihrer Vigilanz unterzogen werden. Diese sollte als Vorraussetzung für die Erlaubnis zur Teilnahme am Straßenverkehr mit herangezogen werden, aber ohne Verschärfung der geltenden Regelung (Begutachtungsleitlinien 2000).

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