Epidemiologische Untersuchung zum Zusammenhang von Tabakwerbung und Tabakkonsum im Jugendalter
Fragestellung Zahlreiche internationale Studien zeigen, dass Tabakwerbung ein Risikofaktor für die Initiierung des Rauchens im Jugendalter darstellt. Bislang wurde allerdings nicht die Spezifität der Assoziation zwischen Tabakwerbung und Initiierung des Rauchens untersucht. Methodik Es wurde eine Beobachtungsstudie mit 3.415 Schüler/innen der 6.-8. Jahrgangsstufe aus den Bundesländern Schleswig-Holstein, Hamburg und Brandenburg durchgeführt. Die Daten wurden mit einem anonymen Fragebogen gesammelt und beinhalteten zum einen Angaben zu demographischen Variablen, Alter und Geschlecht der Probanden, sowie Expositionsvariablen. Hierfür wurde das Ausmaß der Exposition für Tabak- und Kontrollwerbungen gemessen. Im Fragebogen wurden zu diesem Zweck maskierte Ausschnitte bzw. Bilder aus Zigaretten- und Alltagsproduktwerbungen verwendet und zu jedem Item die Wahrnehmungshäufigkeit, d.h. wie oft diese Werbung von den Studienteilnehmer/innen schon gesehen wurde, und die Abrufbarkeit des Markennamens erhoben. Zum anderen wurden Outcome-Variablen wie der Lebenszeitkonsum, also ob die Jugendlichen überhaupt schon einmal geraucht haben oder nicht, und der gegenwärtige Zigarettengebrauch erfasst, sprich, ob die Jungen und Mädchen zum Zeitpunkt der Befragung Tabak konsumierten oder nicht. Darüber hinaus wurde eine Reihe von Kontrollgrößen zusammengetragen: TV-Konsum, Bekanntheit der Kontrollwerbungen, Anzahl der Bücher zu Hause, Tendenz zu Risikoverhaltensweisen, Schulleistungen, Schulart, Bundesland und Tabakkonsum der Freunde und Eltern. Ergebnisse 1.056 Probanden (31%) gaben an, schon einmal das Rauchen probiert zu haben. Zum Zeitpunkt der Befragung konsumierten 358 (11%) der Minderjährigen Zigaretten. Der Nikotinlebenszeitkonsum und der aktuelle Tabakgebrauch nehmen mit dem Ausmaß der Werbeexposition zu. Im adjustierten Modell der Mehr-Ebenen logistischen Regressionsanalyse ergibt sich für die Schüler/innen mit dem höchsten Tabakwerbekontakt (Quartil 4) im Vergleich zur Referenzgruppe (Quartil 1) ein doppelt so hohes Risiko, jemals eine Zigarette probiert zu haben (OR = 2.0; Konfidenzintervall: 1.4 – 2.8); für Minderjährige mit der größten Tabakwerbeexposition liegt die Wahrscheinlichkeit, gegenwärtig Nikotin zu konsumieren, sogar noch höher (OR = 2.2; Konfidenzintervall: 1.3 – 3.8). In Hinblick auf den Kontakt mit Werbung für Alltagsprodukte liegt unter Verwendung des adjustierten Modells der Mehr-Ebenen logistischen Regressionsanalyse keine statistisch signifikante Assoziation vor. Schlussfolgerungen Das Rauchverhalten im Jugendalter und die Tabakwerbeexposition kovariieren. Ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Inhalt der Tabakwerbung und dem Umgang mit Zigaretten seitens der Heranwachsenden ist daher wahrscheinlich und die Spezifität im Sinne der Hill-Kriterien gegeben. Tabakwerbung ist als wichtiger Risikofaktor für die Initiierung respektive das Aufrechterhalten des Rauchens im Kindes- und Jugendalter anzusehen. Bestehende Werberestriktionen zum Schutze der Jugend sollten folglich generalisiert werden.
Vorschau
Rechte
Nutzung und Vervielfältigung:
Keine Lizenz. Es gelten die Bestimmungen des deutschen Urheberrechts (UrhG).
Bitte beachten Sie, dass einzelne Bestandteile der Publikation anderweitigen Lizenz- bzw. urheberrechtlichen Bedingungen unterliegen können.