Stuhlkontinenz und Lebensqualität nach tief anteriorer Rektumresektion und abdominoperinealer Rektumresektion beim Adenomkarzinom des Rektums

Das kolorektale Karzinom ist bei Männern und Frauen das zweithäufigste Karzinom in den westlichen Ländern. Für eine kurative Therapie ist die radikale chirurgische Therapie von entscheidener Bedeutung, welche von einer adjuvanten oder neoadjuvanten Radiochemotherapie begleitet werden kann. Nach tiefer anteriorer Rektumresektion klagen viele Patienten über anorektale Probleme wie Funktionsstörungen und Kontinenzbeeinträchtigung. Ziel der vorliegenden Arbeit war, die Faktoren zu bestimmen, welche die postoperative Kontinenz beeinträchtigen. Des Weiteren sollte der Einfluss der Kontinenzleistung auf die Lebensqualität der Patienten dargestellt werden. Außerdem wurde der Unterschied der Lebensqualität bei den Patienten mit abdominoperinealer Rektumresektion und tiefer anteriorer Rektumresektion erarbeitet. Aus einem Gesamtkollektiv von 886 konsekutiven Patienten der Klinik für Allgemeine Chirurgie und Thoraxchirurgie des Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) Campus Kiel, im Zeitraum von Januar 1993 bis Juli 2007 mit der Diagnose eines Rektumkarzinoms und operativer Therapie, kam es im August 2007 zu einer Nachbefragung. Die 546 noch lebenden Patienten mit tiefer anteriorer Rektumresektion oder abdominoperinealer Rektumresektion wurden mittels Fragebogen nachbefragt. In der vorliegenden Arbeit wurden die Daten von 239 Patienten ausgewertet (Rückläuferquote 43,8 %), davon 199 (83,3 %) mit tiefer anteriorer Rektumresektion und 40 (16,7 %) mit abdominoperinealer Rektumresektion. Neben den präoperativen, operativen und postoperativen Daten wurde die Kontinenzleistung mittels Cleveland Clinic Continence Score (CCCS) erfasst. Die Lebensqualität wurde anhand des Fragebogens QLQ C-30 Version 3.0 der European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC) sowie eines Zusatzmoduls für Patienten mit Rektumkarzinom ermittelt. Die statistische Auswertung erfolgte mittels Studentischem t-Test und Chi-Quadrat-Test. Die Daten des Gesamtkollektivs und des nachuntersuchten Kollektivs sind weitestgehend identisch. Die präoperativen Daten des nachuntersuchten Kollektivs zeigten zwischen abdominoperinealer Rektumresektion und tiefer anteriorer Rektumresektion bei der Stadienverteilung signifikante Unterschiede. Ein UICC II Stadium lag bei den Patienten mit tiefer anteriorer Rektumresektion häufiger (23,5 vs. 13.9 %), das UICC IV seltener (6,8 % vs. 19,4 %) vor. Eine neoadjuvante- bzw. adjuvante Radiochemotherapie wurde bei 24 % bzw. 22,5 % der Patienten mit tiefer anteriorer Rektumresektion und bei 35 % bzw. 14 % mit abdominoperinealer Rektumresektion durchgeführt. Ein Resektionsstatus R0 lag bei den Patienten mit tiefer anteriorer Rektumresektion bei 96 %, und bei den Patienten mit abdominoperinealer Rektumresektion bei 91,9 % vor. Bei den Patienten mit tiefer anteriorer Rektumresektion wurde bei 41,7 % ein protektiver künstlicher Darmausgang angelegt. Lokalrezidive lagen bei den Patienten mit abdominoperinealer Rektumresektion signifikant häufiger vor (12,8 % vs. 5,8 %). Bei den Patienten mit tiefer anteriorer Rektumresektion kam es bei 8,7 % zu einer Anastomoseninsuffizienz. Bei den Patienten mit tiefer anteriorer Rektumresektion lag bei 12,4 % eine Inkontinenz (CCCS ≥ 15), und bei 13,6 % eine beeinträchtigende Inkontinenz (CCCS 10 – 14) vor. Damit zeigen 26 % der Patienten eine mindestens beeinträchtigende Inkontinenz. Die Patienten mit einer neoadjuvanten Radiochemotherapie (CCCS 8,2 ± 6,1), sowie die mit einer adjuvanten Radiochemotherapie (CCCS 7,6 ± 7,3) zeigten eine signifikant schlechtere postoperative Kontinenzleistung als die Patienten ohne Radiochemotherapie (CCCS 4,5 ± 5,4). Des Weiteren lag nach tiefer anteriorer Rektumresektion mit rückverlegtem protektivem künstlichem Darmausgang eine schlechtere Kontinenz vor als ohne die Anlage eines solchen (CCCS 8,3 ± 6,5 vs. 4,4 ± 5,3). Geschlecht, Alter, eine Anastomoseninsuffizienz und ein Lokalrezidiv beeinflussen die postoperative Kontinenz nicht. Die Lebensqualität der kontinenten Patienten (CCCS ≤ 4) wies im Global Health Status, bei der funktionsbezogenen Lebensqualität und der symptombezogenen Lebensqualität, im Vergleich zu den Patienten mit schlechterer Kontinenz (CCCS > 4) deutlich bessere, zum Teil signifikante Werte auf. Eine geringere Kontinenzleistung beeinflusst die Lebensqualität der Patienten somit entscheidend. Der Vergleich der Lebensqualität zwischen den Patienten mit tiefer anteriorer Rektumresektion und abdominoperinealer Rektumresektion ergab keinen signifikanten Unterschied. Bei dem Vergleich der Lebensqualität der inkontinenten Patienten (CCCS ≥ 15) mit tiefer anteriorer Rektumresektion und denen mit abdominoperinealer Rektumresektion wiesen die Letzteren in den Skalen kognitive und soziale Funktion sowie bei den Einzelelementen Verstopfung und Diarrhoe signifikant bessere Werte auf. In vorliegender Arbeit konnte gezeigt werden, dass die Kontinenz durch neoadjuvante und adjuvante Radiochemotherapie sowie durch einen rückverlegten protektiven künstlichen Darmausgang entscheidend beeinträchtigt wird. Des Weiteren wird die Bedeutung einer guten Kontinenzleistung für die Lebensqualität der Patienten unterstrichen. Ein genereller Vorteil der tiefen anterioren Rektumresektion gegenüber der abdominoperinealen Rektumresektion in der postoperativen Lebensqualität wurde nicht ermittelt. Inkontinente Patienten nach tiefer anteriorer Rektumresektion wiesen eine schlechtere postoperative Lebensqualität auf als Patienten mit abdominoperinealer Rektumresektion.

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