Vorhersehungsvermögen und Taubstummheit. Zwei Aspekte der Leib/Seele-Problematik in Karl Philipp Moritz´ "Magazin zur Erfahrungsseelenkunde"

In jüngeren Untersuchungen wird das „Magazin zur Erfahrungsseelenkunde", das Karl Philipp Moritz von 1783 bis zu seinem Tod 1793 herausgegeben hat, als "ein Dokument für den Stand der `empirischen´ Psychologie und Anthropologie der Spätaufklärung" oder als „Pilotprojekt der anthropologischen Erkenntnissuche“ bezeichnet. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den im „Magazin“ vertretenen Auffassungen vom `commercium´ von Körper und Seele, die in den bisherigen Forschungen vernachlässigt wurden. Dies geschieht anhand der Analyse zweier Themenbereiche im „Magazin“, mit denen sich die namhaften zeitgenössischen Denker am intensivsten und dauerhaftesten auseinandergesetzt haben: So wird mit der Diskussion um das Vorhersehungsvermögen und die Taubstummenproblematik herausgearbeitet, auf welche Art und Weise die „Gemeinschaft der Seele mit dem Körper“ und ihre „gegenseitigen Verhältnisse[...]“ (Platner: Anthropologie, S. X) im „Magazin“ behandelt und erklärt werden. Diese beiden Aspekte eignen sich besonders dazu, die Heterogenität und Breite der ideengeschichtlichen Diskussionen über die Leib/Seele-Problematik zu veranschaulichen, weil sich in ihnen philosophisches, theologisches, psychologisches und anthropologisches Interesse kreuzt und daher die Erklärungsversuche vielfältig und mehrdimensional sind. Die verschiedenen Stellungnahmen in bezug auf das Vorhersehungsvermögen und die Taubstummheit, die im „Magazin“ vertreten sind (rationalistische, sensualistische, materialistische und teleologische Argumente), und besonders die kontrastierenden Positionen der drei Herausgeber dokumentieren die Intensität und die verschiedenen Dimensionen der zeitgenössischen Auseinandersetzung um anthropologische Erkenntnisse, besonders um das Leib/Seele-Thema im späten 18. Jahrhundert in Deutschland. Das Anliegen der vorliegenden Arbeit besteht darin, durch die Analyse der beiden oben erwähnten Themen herauszufinden, wie das Verhältnis zwischen Materie und Geist, Sinnlichkeit und Rationalität im „Magazin“ diskutiert worden ist: Die zwei dazu gebildeten Erklärungsansätze im „Magazin“ gehen von der Einbildungskraft und der Denkkraft aus. Die vorliegende Untersuchung kommt schließlich zu dem Ergebnis, daß hinsichtlich der Diskussion über das Vorhersehungsvermögen und die Taubstummheit die Leib/Seele-dualistische (bes. `influxus corporis´), sensualistische Ansicht im „Magazin“ dominierend ist.

Vorschau

Rechte

Nutzung und Vervielfältigung:

Keine Lizenz. Es gelten die Bestimmungen des deutschen Urheberrechts (UrhG).

Bitte beachten Sie, dass einzelne Bestandteile der Publikation anderweitigen Lizenz- bzw. urheberrechtlichen Bedingungen unterliegen können.

Zitieren

Zitierform:
Zitierform konnte nicht geladen werden.