Bruchereignisse in den Onkogenorten BCL2, BCL6 und MYC bei aggressiven B-Zell-Lymphomen im Kindesalter : molekularzytogenetische Analysen im Rahmen der NHL-BFM-Studie

Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) rangieren an vierter Stelle der häufigsten Krebserkrankungen im Kindesalter. Die Prognose der pädiatrischen NHL-Patienten hat sich in den letzten Jahren stetig verbessert. Noch sind die Eigenschaften pädiatrischer Lymphome hinsichtlich ihrer Biologie und Genese jedoch deutlich schlechter erforscht als die adulter Lymphome. Bisher sind wenige groß angelegte Untersuchungen zu genetischen und immunhistochemischen Eigenschaften von NHL bei Kindern publiziert worden. Um ein großes Kollektiv pädiatrischer B-NHL auf spezifische, wiederkehrende genetische Veränderungen hin zu untersuchen, wurde in dieser Arbeit ein Interphase-FISH-Assay zur Detektion der Translokation t(8;14) etabliert und in Kontrollen validiert. Dieser neue Assay sowie zwei kommerzielle FISH-Sonden zur Untersuchung der Genorte BCL2 und BCL6 wurden zunächst in einem sog. „Extremkollektiv“ kindlicher Lymphome, in dem eine Gruppe von 38 Fällen mit Langzeitremissionen einer Gruppe von 38 Fällen mit Therapieversagern bzw. Rezidiven gegenübergestellt war, angewandt. Insgesamt wurden hierbei 32 Burkitt-Lymphome (BL), 19 diffus großzellige B-Zell-Lymphome (DLBCL), 10 primär mediastinale B-Zell-Lymphome (PMBCL) und vier high-grade-B-Zell-Neoplasien untersucht. Außerdem wurde mit den gleichen FISH-Sonden ein B-NHL-Kollektiv mit 6 BL, 87 DLBCL und 13 follikulären Lymphomen (FL) aus der NHL-BFM-Studie (deutschlandweite Studie zur Therapie von Lymphomen im Kindesalter) untersucht. In einer statistischen Korrelation der Un-tersuchungsergebnisse mit Studiendaten wurden Zusammenhänge zwischen Bruchereignissen in bestimmten Genorten und epidemiologischen, histopathologischen, immunhistochemischen und klinischen Eigenschaften der untersuchten Lymphome ermittelt. In der Untersuchung des Extremkollektivs konnten keine signifikanten Unterschiede in der Häufigkeit von Bruchereignissen in den Genorten MYC, BCL2 und BCL6 zwischen den beiden Gruppen festgestellt werden. Es bestätigte sich die Beobachtung anderer Arbeitsgruppen, dass BCL2-Bruchereignisse scheinbar bei pädiatrischen DLBCL nicht auftreten. Innerhalb des BFM-Kollektivs konnten MYC-Bruchereignisse und Translokationen t(8;14) sowohl bei allen untersuchten Burkitt-Lymphomen als auch bei 6% der DLBCL nachgewiesen werden. BCL6-Bruchereignisse traten in 9% der DLBCL und in 18% der FL auf. Auch in diesem Kollektiv konnte kein BCL2-Bruchereignis nachgewiesen werden. Die statistische Auswertung der Daten ergab, dass Lymphome mit Bruchereignissen im MYC-Genort signifikant häufiger in früheren Stadien entdeckt wurden. Histopathologisch waren MYC-Bruchereignisse mit Burkitt-Lymphomen assoziiert. Kinder, deren Lymphom ein Bruchereignis im BCL6-Genlocus aufwies, waren signifikant älter als Kinder mit Lymphomen ohne Bruchereignis. In der immunhistochemischen Analyse waren diese Fälle signifikant häufiger mit CD10-Negativität und CD5-Positivität assoziiert und zeigten einen statistischen Trend zur MUM-1-Positivität. Mindestens vier von sechs betroffenen DLBCL wiesen einen Non-GCB-Typus auf. Die Lymphome mit BCL6-Brüchen zeigten über den Zeitraum von zehn Jahren den Trend zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs oder einer Therapieresistenz gegenüber den Lymphomen ohne BCL6-Brüche. In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass das neu etablierte Interphase-FISH-Assay zur Detektion der Translokation t(8;14) in lymphatischen Neoplasien auch für Routine-zwecke eingesetzt werden kann. Die Ergebnisse der Arbeit zeigen, dass in Zukunft Bruchereignisse im BCL6-Genort als prognostische Marker für pädiatrische bzw. adoleszente Lymphome genutzt werden könnten. Auch die anscheinend altersgebundenen Bruchereignisse in den Genorten BCL2 und BCL6 könnten eine neue Gliederung der Lymphome erfordern, die eine neue Therapiegruppierung nach morphologischen und genetischen Eigenschaften nach sich ziehen könnte.

Rechte

Nutzung und Vervielfältigung:

Keine Lizenz. Es gelten die Bestimmungen des deutschen Urheberrechts (UrhG).

Bitte beachten Sie, dass einzelne Bestandteile der Publikation anderweitigen Lizenz- bzw. urheberrechtlichen Bedingungen unterliegen können.

Zitieren

Zitierform:
Zitierform konnte nicht geladen werden.