Theoretische und experimentelle Untersuchung über den Zusammenhang von Perzeption und Handlung

Die vorliegende Arbeit stellt eine theoretische und experimentelle Untersuchung über den Zusammenhang von Perzeption und Handlung dar. Als ein wesentliches Kernproblem bei der Frage nach diesem Zusammenwirken kann die Art der (abstrakten) Kodierung perzeptueller und motorischer Inhalte identifiziert werden. Ein experimentelles Paradigma, das so genannte Paradigma der visuellen Illusionen (PVI), wird in bisherigen Ansätzen als eine Möglichkeit angesehen, auf die zugrunde liegenden Kodierungen zu schließen. Die visuellen Illusionen werden dafür benutzt, „illusorische“ Wahrnehmungen zu erzeugen, und diese mit motorischen Handlungen zu vergleichen, die an diesen Illusionen durchgeführt werden. Nach einer allgemein akzeptierten Entscheidungsregel werden Dissoziationen (d.h. Unterschiede zwischen den erhaltenen perzeptuellen und motorischen Effekten) als Beleg für getrennte perzeptuelle und motorische Kodierungen angesehen (Two Visual Systems Hypothesis, TVSH, Milner & Goodale, 1995), während Assoziationen (d.h. keine Unterschiede zwischen perzeptuellen und motorischen Effekten) als Beleg für eine gemeinsame Kodierung aufgefasst werden (Franz et al., 2000). Aus einer internalistischen Sicht, die Wahrnehmung nicht in die Kategorien „real“ und „illusorisch“ einteilt, wurden die Schlussfolgerungen aus dem PVI infrage gestellt. In den durchgeführten Studien wurde gezeigt, dass (1) für dasselbe motorische Maß (Amplituden von Sakkaden) sowohl eine Assoziation (unter Verwendung der Müller-Lyer Illusion) als auch eine Dissoziation (Ponzo Illusion bzw. die Steg Illusion als eine Abwandlung der Ponzo Illusion) von Perzeption und Handlung und (2) für dieselbe Illusion (Ponzo Illusion) sowohl eine Assoziation (maximale Griffweite) als auch eine Dissoziation (Amplituden von Sakkaden) für verschiedene motorische Maße nachweisbar sind. Die Entscheidungsregel konnte demnach als nicht angemessen zurückgewiesen werden. Darüber hinaus wurden die Ergebnisse an der Steg Illusion und der Ponzo Illusion unter der Annahme einer internen Bedeutung dieser Illusionen vorhergesagt. Die interne Bedeutung bezieht sich auf eine dreidimensionale Szeneninterpretation, die durch die Stimuli angeregt wird. Die Ergebnisse sind nicht vereinbar mit bisherigen Formulierungen über den Zusammenhang von Perzeption und Handlung. Stattdessen wird von einer gemeinsamen Kodierungsebene ausgegangen, die jedoch nicht auf einzelnen Features basiert (Theory of Event Coding, Hommel et al., 2001), sondern auf intern verfügbaren Konzepten, die darauf ausgelegt sind, dreidimensionale Szenen zu repräsentieren.

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