Genomweite Identifizierung und molekulare Charakterisierung sekundärer genetischer Veränderungen bei Mantelzell-Lymphomen

Das Mantelzell-Lymphom ist eine maligne Erkrankung des lymphatischen Sytems und gehört zu den B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphomen. Als primäre genetische Veränderung tragen fast alle Mantelzell Lymphome die charakteristische Translokation t(11;14)(q13;q32), infolgedessen Cyclin D1 in den Tumorzellen überexprimiert wird. Anhand von transgenen Mausmodellen konnte allerdings gezeigt werden, dass diese strukturelle Aberration für eine maligne Transformation nicht ausreichend ist. Vielmehr spielen zusätzliche sekundäre genetische Veränderungen bei der Entstehung und Progression des Mantelzell-Lymphoms eine entscheidende Rolle. Diese tragen möglicherweise über gonosomale Effekte auch zu der bislang noch ungeklärten Prädominanz des männlichen Geschlechts bei. Im Rahmen dieser Arbeit wurden drei verschiedene Microarray Technologien zur genomweiten Identifizierung und Charakterisierung sekundärer Aberrationen bei Mantelzell-Lymphomen eingesetzt. Mit der Gene Identification by Nonsense-mediated mRNA Decay Inhibition (GINI)-Technologie sollten in zwei Mantelzell-Lymphom-Zelllinien potentielle Tumorsuppressorgene identifiziert werden, die durch Nonsense Mutationen inaktiviert werden. Insgesamt wurden 26 solcher Gene mittels GINI detektiert. In den zwei bislang untersuchten Kandidatengenen konnten allerdings keine Nonsense-Mutationen sondern lediglich Spleißvarianten identifiziert werden. Die Ergebnisse der GINI-Analysen führten zu einer kritischen Einschätzung der Methode, die sehr anfällig für falsch-positive Ergebnisse scheint. Des Weiteren wurden in dieser Arbeit die BAC/PAC-basierten ArrayCGH-Daten von 68 primären Mantelzell Lymphomen und neun Mantelzell-Lymphom-Zelllinien bezüglich X chromosomaler Imbalancen ausgewertet. Es konnten eine homozygote Deletion in Xp22.3 und rekurrente Zugewinne in der Chromosomenregion Xq27.3-Xq28 identifiziert werden. Mittels Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) wurden diese Aberrationen bezüglich ihrer Bruchpunkte genauer charakterisiert und die minimal betroffenen Regionen bestimmt. Als dritte Microarray-Technologie wurde das 100K GeneChip® Mapping eingesetzt, mit dem 26 primäre Mantelzell-Lymphome und sechs Mantelzell-Lymphom-Zelllinien analysiert wurden. Mit dieser Technologie konnte die Auflösung gegenüber der BAC/PAC-basierten ArrayCGH deutlich verbessert werden. Genomweit ließen sich mit Hilfe der 100K GeneChip®-Arrays neben bereits bekannten Imbalancen 12 neue Regionen mit rekurrenten Zugewinnen oder Verlusten identifizieren. In die Aberrationen waren Gene mit typischen Tumorsuppressor- und Onkogeneigenschaften involviert, wie beispielweise FOXP1, MYCBP2, CDKN2AIP, ING/P33, und CDKN1B/P27. Des Weiteren ließ sich mit dieser zur Genotypisierung geeigneten Technologie erstmals zeigen, dass partielle uniparentale Disomien (pUPD) bei Mantelzell-Lymphomen rekurrent auftreten und hier einen alternativen Mechanismus der Tumorsuppressorgen-Inaktivierung darstellen. Vor allem durch die Detektion von 21 kleinen High-Level-Amplifikationen und 21 mittels PCR oder FISH bestätigten homozygoten Deletionen konnten eine Reihe neuer potentieller Tumorsuppressor- und Onkogene identifiziert werden, wie z.B. das amplifizierte MAP6-Gen oder die deletierten Gene MAP2, MOBKL2B, IFNK, GRIN2B und FGF14. Anschließende zytogenetische, molekulargenetische und epigenetische Untersuchungen ausgesuchter Aberrationen und Kandidatengene lieferten Hinweise, dass rekurrente Veränderungen von Genen, die für Mikrotubuli-assoziierte Proteine wie MAP2, MAP6 und TP53 kodieren, in die Pathogenese des Mantelzell-Lymphoms involviert sind. Neunzehn primäre Mantelzell-Lymphome und fünf Mantelzell-Lymphom-Zelllinien zeigten Veränderungen in einem dieser drei Gene. Mit der Detektion rekurrenter X chromosomaler Deletionen der pseudoautosomalen Region 1 in Verbindung mit häufigen Verlusten des Y Chromosoms konnte außerdem eine geschlechtschromosomale Aberration identifiziert werden, die mit der charakteristischen Prädominanz des männlichen Geschlechts bei Mantelzell-Lymphomen assoziiert sein könnte. Somit konnten in dieser Arbeit 1. verschiedene neue Tumorsuppressor- und Onkogenkandidaten identifiziert und initial charakterisiert werden, 2. pUPD als neuer molekularer Mechanismus der Mantelzell-Lymphom-Genese nachgewiesen werden, 3. Veränderungen Mikrotubuli-assoziierter Gene als neuer Pathomechanismus bei Mantelzell-Lymphomen beschrieben werden sowie 4. ein pseudoautosomaler Genort identifiziert und eingegrenzt werden, der möglicherweise mit der männlichen Prädominanz bei Mantelzell-Lymphomen assoziiert ist. Diese Erkenntnisse und darauf aufbauende weiterführende Studien könnten zu einem besseren Verständnis der genetischen Ursachen sowie zu einer verbesserten Prognoseabschätzung und Therapie bei Mantelzell-Lymphomen beitragen.

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