Zur Bedeutung von Ärger, Feindseligkeit und Handlungslageorientierung für die Therapietreue des Bewegungsverhaltens von Koronarpatienten in der Rehabilitationsphase

In den "westlichen" Ländern stehen Herz-Kreislauf-Erkrankungen an erster Stelle der Todesursachenstatistik. Bei ihrer Entstehung spielen für viele Fachleute der Rehabilitation neben den nicht beeinflussbaren Risikofaktoren die somatischen und auch die psychosozialen Risikofaktoren, insbesondere die Neigung zu Ärger und Feindseligkeit, eine nicht unbedeutende Rolle. Diese Persönlichkeitsmerkmale des Patienten können für eine erfolgreiche Rehabilitation mitverantwortlich sein, genauso wie die körperliche Aktivität aufgrund ihrer Schutzwirkung ein unverzichtbarer Bestandteil der Rehabilitation ist. Das Hauptziel dieser Untersuchung war es herauszufinden, welche Bedeutung die Persönlichkeitsmerkmale bzw. die Emotionen Ärger und Feindseligkeit sowie die Handlungslageorientierung für die Rehabilitation der KHK-Patienten haben. Im Rahmen dieser Langzeitstudie wurden 651 KHK-Patienten im Alter von 19 bis 83 Jahren zu ihrem Bewegungsverhalten, den damit verbundenen Motiven und emotionalen Zuständen (Ärger und Feindseligkeit) sowie zur Handlungslageorientierung schriftlich befragt. 383 Patienten beantworteten die maximal 94 Fragen während ihrer stationären Rehabilitation in der Ostseeklinik Schönberg-Holm und 26 Patienten in der Mühlenberg-Klinik Malente (Erstbefragung). Weitere 242 Patienten, deren stationäre Rehabilitation zwischen einem und 24 Monaten zurücklag, wurden bis zu dreimal zu Hause (postalische Nachbefragung) nachbefragt. Weiterhin standen die Fragebögen einer Kontrollgruppe (n=49) zur Verfügung. Die Datenerhebungen fanden durch verschiedene Untersuchungsleiter im Zeitraum von März 1995 bis Dezember 1997 statt. Folgende Befunde sind eindeutig: Die Therapietreue, die ärztlichen Bewegungsempfehlungen einzuhalten, nahm im Laufe der Rehabilitation beständig ab, und auch der Spaß an körperlicher Aktivität reduzierte sich. Die habituelle Ärgerneigung der in der Rehaklinik befragten Patienten konnte allerdings nicht für die Therapietreue mitverantwortlich gemacht werden. Zusammenhänge gab es jedoch zwischen dem Zustandsärger und den Bewegungsempfehlungen, sie korrelierten negativ miteinander. Im Gegensatz hierzu wurden bei den zu Hause befragten Patienten Zusammenhänge zwischen der Ärgerneigung und der Therapietreue, aber nicht zwischen dem Zustandsärger und der Therapietreue festgestellt. Nach einem Alterssplitting konnten sowohl in der Erstbefragung als auch in den nachfolgenden Befragungen Zusammenhänge zwischen der Ärgerneigung und der Einhaltung der Bewegungsempfehlungen nachgewiesen werden. Jedoch waren Patienten mit erhöhtem Zustandsärger und erhöhter Ärgerneigung nicht weniger aktiv als nicht ärgerliche Patienten. Allerdings korrelierte bei den Patienten in der Klinik und zu Hause eine größere Ärgerneigung mit der Lageorientierung. Der Zustandsärger war in diesem Kontext eher bedeutungslos. Die Neigung zur Feindseligkeit der Patienten in der Klinik und zu Hause hat keinerlei statistisch bedeutsame Zusammenhänge hervorgebracht. Sie korrelierte weder mit der Therapietreue noch mit dem Umfang der körperlichen Aktivität oder der Lageorientierung. Auch nach der Unterteilung der Untersuchungsgruppe in drei Altersgruppen und in Männer und Frauen korrelierte lediglich die Feindseligkeit bei den Männern mit der HOM-Skala signifikant negativ. Durch die Hypothesenüberprüfung konnte keine Selbstselektion der Patienten aufgrund der freiwilligen Teilnahme an den Befragungen nachgewiesen werden. Somit kann in dieser Studie nicht abschließend darüber geurteilt werden, ob Patienten, die kontinuierlich an den Nachbefragungen teilgenommen haben, über eine ausgeglichenere Emotionslage verfügten, körperlich aktiver oder eher handlungsorientiert gewesen sind. Allerdings darf aus diesen Befunden nicht geschlossen werden, dass die genannten Faktoren keine Rolle für eine erfolgreiche Rehabilitation spielen. Wegen verschiedener Mängel der Datenerhebung, auf die ausdrücklich verwiesen wurde, ist die "interne Validität" dieser Untersuchung eingeschränkt. Weiterführende Untersuchungen müssten diese Mängel abstellen.

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