Welt und Umwelt frühmesolithischer Jäger und Sammler : Mensch-Umwelt-Interaktion im Frühholozän in der nordmitteleuropäischen Tiefebene

Die vorliegende Arbeit setzt sich mit Mensch-Umwelt-Interaktionen im Frühholozän der mitteleuropäischen Tiefebene auseinander. Hierbei wird der Frage nachgegangen, inwiefern frühmittelsteinzeitliche Wildbeuter mit ihrem jeweiligen Lebensraum in Wechselwirkung standen. Ferner wird untersucht, ob die Besiedlung der nordmitteleuropäischen Tiefebene eine Folge des Biotopwandels der Nacheiszeit war oder ob die Jäger und Sammler des Frühholozäns aktiv neue Siedlungsgebiete erschlossen. Neben einer Einordnung in den geomorphologischen Kontext erfolgt am Beginn der Arbeit auch ein Überblick der ökologischen Veränderungen in der betrachteten Zeitscheibe. Da das Arbeitsgebiet ein deutlich anderes Aussehen als heute besaß, wird kurz auf die Entwicklung der Flüsse sowie von Nord- und Ostsee eingegangen. Anschließend erfolgt eine Zusammenfassung der klimatischen Veränderungen und deren Auswirkungen auf Flora und Fauna. Es wird besprochen, dass die Wiederbewaldung und der einhergehende Wandel der Tierwelt zu wesentlichen Änderungen in der ökologischen Zusammensetzung geführt haben. Die Erforschung des Frühmesolithikums im Arbeitsgebiet blickt auf eine rund hundertjährige Geschichte zurück. Im Lauf der Zeit wandelten sich die Fragestellungen von vornehmlich Artefaktstudien zu stärker kontextualisierenden Ansätzen. Seit jeher fanden ethnographische Vergleiche Betrachtung in der Archäologie zu prähistorischen Jägern und Sammlern, die neben weiteren quellenkritischen Aspekten in einem weiteren Abschnitt erörtert werden. Im Rahmen der Arbeit erfolgt außer der bereits beschriebenen Fragestellung die Vorlage des Fundplatzes Friesack 27a aus Brandenburg. In der Darstellung wird neben einer Fundvorlage auch die naturräumliche Einordnung geleistet, sodass die Ergebnisse als Kontrollvariable für die im Weiteren durchgeführten Analysen dienen. Letztere nutzen Daten von publizierten Fundplätzen, um sie anhand verschiedener Aspekte zu vergleichen. In den 1980er Jahren wurde auf dem Fundplatz Friesack 27a die ehemalige Uferzone einer Sanddüne eines im Boreal verlandeten Gewässers ausgegraben. Neben verschiedenen lithischen und organischen Artefakten lassen sich vier Schichtkomplexe trennen, die verschiedene Phasen menschlicher Besiedlung anzeigen. Anhand noch erhaltener Tierknochen und Holzreste ist es zudem möglich für die frühen Phasen die Besiedlungssaison zu ermitteln. In der Zusammenschau mit dem in rund 400 m Luftlinie liegenden und teilweise (archäologisch) zeitgleichen Fundplatz Friesack 4 ergibt sich ein relativ klares Bild der frühmesolithischen Besiedlung des Areals. Nach der Vorstellung von Friesack 27a erfolgt die vergleichende Analyse von Fundplätzen im gesamten Arbeitsgebiet. Neben der Bewertung der Repräsentativität und Qualität der Stationen, erfolgen Analysen zur ihrer Lage. Anschließend werden Biotoprekonstruktionen anhand von Pollenanalysen und Tierknochen durchgeführt, wie auch die Synthese der Ergebnisse beider Varianten. Durch die vergleichende Analyse der Artefaktinventare lassen sich die Stationen funktional untergliedern, wobei der Fokus auf deren Spezialisierungsgrad gelegt wird. Weitere Ausführungen zeichnen die Subsistenzstrategie der behandelten Wildbeuter nach, bevor Einschränkungen des verwendeten Ansatzes diskutiert werden. Abschließend werden die Ökodeterminiertheit frühmesolithischer Jäger und Sammler und deren Habitatbindung bewertet. Es wird gezeigt, dass die Besiedlung der mitteleuropäischen Tiefebene der Wiederbewaldung folgte und die betrachteten Menschengruppen erst Fuß fassten, nachdem sich Biotope etabliert hatten, die mit ihrem Ursprungsgebiet vergleichbar waren.

This thesis deals with human-environment interactions in the Early Holocene of the northern European lowlands. The question addressed is to what extent early Mesolithic hunter-gatherers were interdependent with their environment. Furthermore, it is questioned if the settlement of the area under investigation is a consequence of biotope changes or, if the hunter-gatherers actively colonized new types of habitats. Besides a geomorphological contextualization, an introduction to the ecological changes is given for the Early Holocene. Since the area under investigation had a different appearance than today, a short introduction will be given to developments affecting rivers, the North Sea, and the Baltic Sea. Following this, climatic developments and their effects on flora and fauna are summarized. Discussion highlights how reforestation and the attending changes in fauna involved considerable alterations in the ecological composition. During the ca. 100 years of research on the Early Mesolithic, the topics under consideration changed from primarily artefact studies to more contextualizing approaches. Ever since its beginning, ethnographic analogies were used in hunter-gatherer archaeology. Apart from aspects of source criticism, those will be discussed. Besides the aforementioned questions, the excavations of the site Friesack 27a in Brandenburg, Germany, are described. In addition to a presentation of the finds and the dating of the site, it will be contextualized in regard to its environment. The latter will also be used in the subsequent analyses as a control variable where published data from other archaeological sites are used for comparison. The site Friesack 27a, on the former beach zone of a lake that became overgrown in the Boreal period, was excavated in the 1980s. Four layer complexes were distinguished showing several phases of occupation. By means of animal bones and wooden remains it is possible to show the season of occupation for the older phases at least. In conjunction with the site Friesack 4, which is located about 400 m distant as the crow flies and is (archaeologically) contemporaneous with Friesack 27a, quite a good picture of the early Mesolithic occupation of the area appears. Subsequent to the presentation of Friesack 27a, a comparative analysis of sites in the area of investigation is given. In addition to the evaluation of representativeness and quality of each site, analyses of their locations are conducted. In the following, biotopes are reconstructed by means of pollen and faunal remains. The synthesis of both analyses paints a convincing picture for environmental reconstructions. The comparison of the artefact spectra serves as a basis for functional differentiations of the sites, whereby focus is laid on their specialization. Further remarks are given on subsistence strategy, before limitations of the approach used are discussed. Finally, it is evaluated how ecologically-driven early Mesolithic hunter-gatherers were, such as their ties to a specific habitat type. It is shown that their settlement of the northern European lowlands followed reforestation, so that Mesolithic people first advanced northwards when biotopes were established that were comparable to the groups’ areas of origin

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