Präklinische Studien zur Enzymersatztherapie bei Alpha-Mannosidose

α-Mannosidose ist eine seltene, derzeit nicht kurativ behandelbare Lysosomale Speichererkrankung mit einem klinisch heterogenen Erscheinungsbild. Aufgrund einer genetisch bedingten Enzymdefizienz an lysosomaler α-Mannosidase kommt es zur intralysosomalen Akkumulation von mannosehaltigen Oligosacchariden in Zellen peripherer und zentraler Gewebe, wobei diese Ablagerungen organbezogene funktionelle Einschränkungen unterschiedlicher Ausprägungsgrade zur Folge hat. Als potentielle Therapieoption für α-Mannosidose gilt die Enzymersatztherapie. Dieser Umstand liegt darin begründet, dass eine intravenös applizierte Enzymsubstitution mittels rekombinanter humaner lysosomaler α-Mannosidase im Mausmodell zu einer effektiven Entspeicherung in den peripheren und zudem in den zentralen Geweben führt. Diese Therapieoption wurde zu Beginn dieser Arbeit ausschließlich an Tiermodellen durchgeführt und wird derzeit bereits im Rahmen von Zulassungsstudien an Patienten überprüft. In dieser Arbeit konnte im Mausmodell eine Reduktion der Akkumulation von krankheitstypischem Speichermaterial nach vier Enzymgaben von je 500 mU/mg Körpergewicht von über 70 % sowohl in den peripheren Geweben als auch im Zentralnervensystem nachgewiesen werden. Eine Langzeittherapie ähnlich eines für Patienten entsprechenden Schemas musste aufgrund von infausten Immunreaktionen der Versuchstiere auf das injizierte, artfremde Protein vorzeitig eingestellt werden. Kommende Versuchsreihen mit transgenen Knock-out-Mäusen, deren Immunsystem das applizierte Enzym als arteigen anerkennt, werden diese Hürde überwinden. In dieser Arbeit wurde erstmals gezeigt, dass applizierte, rekombinante humane lysosomale α-Mannosidase neben der für lysosomale Enzyme typischen Mannose-6-Phosphat-Rezeptor-abhängigen Endozytose auch unabhängig von diesen Rezeptoren in Zellen aufgenommen wird. Dies stimmt mit dem geringen Phosphorylierungsgrad des substituierten Enzyms überein. Vermutlich erfolgt über diesen, noch unbekannten Weg ebenfalls die Aufnahme des peripher applizierten Enzyms in das Zentralnervensystem über die Bluthirnschranke. Ein potentiell die Querung der Bluthirnschranke erleichternder Aspekt in Form einer Störung der Schrankenintegrität aufgrund inflammatorischer Prozesse im Gehirngewebe konnte mit den im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten morphologischen Analysen von Gehirnen erkrankter, unbehandelter Mäuse nicht ausgeschlossen werden. Bei diesen morphologischen Analysen wurden zudem erstmals eine reaktive Astrogliose, eine Reduktion von Neuronen sowie keine Demyelinisierung in den Gehirnen der erkrankten, unbehandelten Mäuse erfasst. Aufbauend auf Ergebnissen dieser Arbeit und weiteren Forschungen im Rahmen des HUE-MAN-Projekts werden seit Oktober 2010 klinische Studien zur Enzymersatztherapie mit rekombinanter humaner lysosomaler α-Mannosidase an Patienten mit α-Mannosidose durchgeführt. Deren Resultate zeigten jüngst, dass die Enzymsubstitution klinisch gemessen effektiv, sicher und gut verträglich ist. Eine Therapie gegen die sich auch in zentralen Geweben manifestierende lysosomale Speichererkrankung α-Mannosidose scheint derzeit mittels Enzymersatz möglich.

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