Einfluss von Morphologie der menschlichen Eizelle auf den Erfolg bei der Intrazytoplasmatischen Spermieninjektion

Einleitung: Die Reproduktionsmedizin gewinnt durch das Verlegen des Kinderwunsches in eine im- mer spätere Lebensphase und die damit verbundene Zunahme an ungewollter Kinder- losigkeit stetig an Bedeutung. Es ist somit erforderlich die Behandlungsmethoden unter den Bedingungen des deutschen EschG zu optimieren, um unter einer Reduktion der risikoreichen Mehrlingsgraviditäten den Behandlungserfolg weiter erhöhen zu können. Für eine erfolgreiche Therapie ist die Qualität der Eizelle ein entscheidender Faktor. Über eine lichtmikroskopische Charakterisierung verschiedener morphologischer Merk- male kann diese eingeschätzt werden. In der vorliegenden Studie wurde die Eizell- morphologie vor erfolgter Befruchtung bewertet, um möglichst frühzeitig eine optimale Vorauswahl der Eizellen für die weitere Behandlung treffen zu können. Der in einem Behandlungszyklus gewonnene Eizellpool wurde in seiner Gesamtheit betrachtet und auf eine mögliche Korrelation mit dem Ausgang der Kinderwunschbehandlung unter- sucht. Ziel der Untersuchung war es zu ergründen, welche morphologischen Kriterien eines Eizellpools einen prognostischen Hinweis auf die Erfolgschancen in der Kinder- wunschbehandlung geben können. Methoden Es handelt sich um eine klinisch-retrospektive Kohortenstudie. Grundlage der Studie waren 1976 Eizellen, deren Morphologie und Reifestatus lichtmikroskopisch erfasst wurde. Sie wurden in den Jahren 2004 und 2005 in 267 konsekutiven Behandlungszy- klen mit intrazytoplasmatischer Spermieninjektion im Kinderwunschzentrum der Uni- versität Kiel gewonnen. Die Patientinnen waren zum Zeitpunkt der Behandlung in ei- nem Durchschnittsalter von 34,32 Jahren. Die nach ovarieller Stimulation punktierten Eizellen im Stadium der Metaphase II wurden als Eizellpool am Tag der ICSI vor der Im- prägnation mit einem Spermium morphologisch beurteilt und der Zusammenhang mit der Wahrscheinlichkeit des Eintretens einer biochemischen Schwangerschaft, klinischen Schwangerschaft und Geburt ermittelt. Das Alter, die Zahl transferierter Embryonen und die Zahl gewonnener Eizellen in der Metaphase II wurden als mögliche prädiktive Ein- flussfaktoren einbezogen. Zudem wurde der Einfluss der in 59 Fällen durchgeführten Polkörperdiagnostik auf den Ausgang der Behandlung untersucht. Ergebnisse Die Behandlungsergebnisse zeigten eine Schwangerschaftsrate von 26,32 % pro durch- geführtem Embryotransfer. Schwangere und Nicht-Schwangere unterschieden sich si- gnifikant im Alter (32,63 vs. 35,47 Jahre; p < 0,05) und in der Anzahl der transferier- ten Embryonen (2,16 vs. 1,84 transferierte Embryonen; p < 0,05). Die Chance auf eine klinische Schwangerschaft war deutlich erhöht bei dem Transfer von Eizellen aus einem homogenen Pool mit intakten ersten Polkörpern (27 % vs. 7 %; p < 0,05). Die Anzahl gewonnener Metaphase-II-Eizellen (8,69 vs. 8,68 Oozyten; p > 0,05), Charakteristika des Zytoplasmas (25 % vs. 28 %; p > 0,05), der perivitelline Raum (27 % vs. 21 %; p > 0,05), die Farbe der Zona pellucida (27 % vs. 25 %; p > 0,05) und die Dicke der Zona pellucida (24 % vs. 63 %; p > 0,05) nahmen keinen Einfluss auf die Wahrschein- lichkeit des Eintretens einer klinischen Schwangerschaft. Auch die ergänzend durch- geführte Auswertung der Zyklen mit erfolgter Polkörperdiagnostik stand nicht mit dem Ausgang der Behandlung in Zusammenhang (klinische Schwangerschaft: 22 % vs. 27 %; p > 0,05). Bei der Beurteilung der Vakuolen im Zytoplasma, sowie der Oberfläche der Zona Pellucida lagen zu geringe Fallzahlen bezüglich der auffälligen Charakteristika vor, um eine representative Analyse fertigen zu können. Diskussion und Schlussfolgerung Diese Arbeit zeigt, dass die morphologische Charakterisierung der Eizelle einen we- sentlichen Baustein in der Reproduktionsmedizin darstellt. Werden aus einem Pool mit intakten ersten Polkörpern Eizellen für die ICSI verwendet, sind die Schwanger- schaftschancen statistisch signifikant höher als bei Eizellen aus einem morphologisch auffälligen Pool. Ebenso ist bei jüngeren Frauen und bei erhöhter Zahl der transfe- rierten Embryonen der Behandlungserfolg deutlich gesteigert. Die Anzahl gewonnener MII-Eizellen stand hingegen nicht mit dem Ausgang der Behandlung in Zusammenhang. Auch die weiteren untersuchten morphologischen Merkmale wie das Zytoplasma, der perivitelline Raum, sowie die Farbe und Dicke der Zona pellucida korrelierten nicht mit dem Behandlungserfolg. Der Ausschluss von aneuploiden Eizellen nach durchgeführter Polkörperdiagnostik nahm ebenfalls keinen Einfluss auf die Erfolgschancen. Die Reproduktionsmedizin in Deutschland steht vor der Aufgabe unter den Bedingun- gen des deutschen ESchG weitere Wege zu finden, um den Patientinnen eine bestmög- liche Behandlung zukommen zu lassen. Durch weiterführende Arbeiten könnten mit Hilfe einer einheitlichen und detaillierten Dokumentation in den reproduktionsmedizi- nischen Labors Ergebnisse besser miteinander verglichen werden und höhere Fallzahlen für eine statistische Auswertung vorliegen. Somit könnte die Auswahl der Eizellen auf morphologischer Ebene weiter optimiert werden. Mit dieser optimierten Auswahl könnte das Ziel näher rücken, durch eine verminderte Anzahl der zu transferierenden Embryonen die Gefahr einer Mehrlingsschwangerschaft zu reduzieren und die Schwan- gerschaftschancen weiter zu erhöhen.

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