Lernprozessbegleitung als Förderung von Selbstorganisationsprozessen : Konzeption und Erprobung eines Modells vor dem Hintergrund der Theorie der Synergetik

Das deutsche Schulsystem befindet sich seit geraumer Zeit in einer Umbruchsituation. Auslöser waren u. a. politische Entscheidungen für eine Bildung ohne Diskriminierung auf der Grundlage von Chancengleichheit für Menschen mit und ohne Behinderung. Seitdem hält mehr und mehr Vielfalt im Klassenzimmer Einzug. Eine Entwicklung, die nicht spurlos am Rollenverständnis von Lehrern vorbeigeht. Aus unterschiedlichen er-kenntnistheoretischen Positionen lässt sich heute gegen ein Verständnis des Lehrers als reinen, klassischen Wissensvermittler argumentieren und im wissenschaftlichen Diskurs zeichnet sich deshalb zunehmend ein Trend vom Lehren zur Begleitung von Lernprozessen ab. Darüber, was sich unter Lernprozessbegleitung verstehen lässt, kursieren verschiedenste Auffassungen und nur wenige Konzepte bieten konkrete pä-dagogische Handlungsansätze. Die vorliegende Arbeit unternimmt deshalb den Versuch, einen praktischen Ansatz auf der Grundlage wissenschaftstheoretischer Positionen für den Kontext Schule zu entwi-ckeln, zu erproben und auf dessen Umsetzbarkeit zu prüfen. Lernprozessbegleitung wird dabei vor dem Hintergrund der Synergetik definiert und durch ein Zusammenspiel von Echtzeit-Monitoring und Prozessfeedback realisiert. Das vorgeschlagene Konzept trifft dabei auf positive Resonanz und wird von den be-fragten Personen mehrheitlich befürwortet. Während der Durchführung lässt sich zu-dem beobachten, dass Merkmale von Selbstorganisation häufig im Umfeld von Pro-zessfeedback auftreten. Lernprozessbegleitung könnte daher auch als das Schaffen von Bedingungen für Selbstorganisation verstanden werden. Fallbeispiele, Rückmel-dungen aus Befragungen und Outcomeergebnisse führen schließlich zu der Hypothe-se, dass das vorgeschlagene Konzept insbesondere die Förderung der sozial-emotionalen Entwicklung, der Wahrnehmung und Lernentwicklung von Lernenden un-terstützt, als auch eine präventive Funktion übernimmt, indem Veränderungen im Ver-lauf frühzeitig erkannt und Maßnahmen zur (Re-)Stabilisierung gewünschter Muster in einem ko-kreativen Prozess geplant werden können. Sofern sich diese Hypothese in Zukunft bestätigt, ließe sich dem dargestellten Konzept eine hohe Bedeutung für eine ideografische Unterstützung von Kindern und Jugendli-chen mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf im inklusiven Schulsetting zu-sprechen. Damit eine langfristige, nachhaltige, ressourcenoptimierte Umsetzung des Ansatzes auf Routinebasis gelingen kann, ist jedoch eine schrittweise Weiterentwick-lung im Feld nötig.

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