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Citizen Science und die Rolle der Geisteswissenschaften für die Zukunft der Wissenschaftsdebatte

Die Wissenschaft sforschung kennt heute zwei Formen der Wissenschaft : die, welche als Beruf an speziellen Institutionen wie Universitäten ausgeübt wird und dort in viele Disziplinen mit eigenen Traditionen und Methoden zerfällt; und die, welche auf Basis bürgerschaft lichen Engagements ehrenamtlich von interessierten und befähigten Personen ohne institutionelle Bindung und mit weniger strikten Fachbezügen allein oder im Rahmen von Gruppen (Vereinen) betrieben wird. Die „akademische“ Form dominiert das verbreitete Wissenschaft sverständnis so stark, dass die zweite Form neben ihr (die Bürgerwissenschaft oder Citizen Science) oft gar nicht ernst-, manchmal nicht einmal wahrgenommen wird. Sie beansprucht nicht, alles genauso erforschen zu können wie die akademische Wissenschaft , sondern konzentriert sich auf Probleme und Gebiete, die Laien eher zugänglich sind als die oft hochgradig abstrakten, international interessierenden und nur mit großem Mittelaufwand zu erforschenden akademischen Spezialfragen. Dafür treten hier die Fragen der selbst beobachtbaren und erfahrenen, unmittelbar regionalen Lebensumwelt und ihrer komplexen Zusammenhänge wieder in den Vordergrund, die in der akademischen Wissenschaft kaum mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Auch ist hier die Freiheit des Forschens durch keinerlei Rahmenrichtlinien oder Machthierarchien eingeschränkt. Sie führen oft zu empfi ndlichen Freiheitsverlusten und Spannungen, sodass die akademische Wissenschaft oft wie eine geschlossene Gesellschaft agiert und Probleme mit der Einpassung ihrer Strukturen in eine demokratische Gesellschaft bekommen kann. Diese Unterschiede können dazu führen, sich Ziele für die weitere Entwicklung der akademischen Wissenschaft vor Augen zu führen, die ihr Chancen eröff nen, wieder mehr Bodenhaft ung und weniger disziplinäre Vereinzelung zurückzugewinnen. Leider ist die gegenwärtige Citizen Science-Politik sehr von internationalen Vorbildern der akademischen Interessen geleitet, die diese Chancen kaum wahrzunehmen erlauben. Dabei kommt den Geistes- und Kulturwissenschaft en eine vielfach noch nicht erkannte führende Rolle zu, da sie sich nicht nur Faktenwissenschaft en, sondern sich auch mit Werten und Normen und der Frage auseinandersetzen, welche Richtung die Wissenschaft der Zukunft nehmen soll.

From the point of view of science studies there are two forms of research today: Th e fi rst is based on jobs in special institutions, as universities for instance, and is splitted in many individual disciplines with special traditions and methods each. Th e second is based merely on personal interest and individual qualifi cation by people working alone or in groups as associations or societies without such professional ties; this one is far less splitted in diff erent responsibilities. Th e fi rst form, Academic Research, dominates the common appreciation of science, so that many people are hardly aware of or take serious the second form called Citizen Science. It does not claim being able to research all disciplinary frameworks of Academic Science, but concentrates on viewpoints and subjects that are nearer to the life of lay people than the special questions of professionals, which are more abstract, of international interest and oft en aff ord very expensive methods. Instead, in Citizen Science questions concerning the immediate regional environment prevail that can be directly observed and experienced in their complex holistic interconnections, but are split up in many disciplinary parts in Academic Science. In Citizen Science, the freedom of research is far less limited by general guidelines and framework directives or hierarchies of superiority that result in the many restrictions of Academic Science. In consequence, that oft en leads to a “closed-society-behaviour” that could hamper its adaptation of democratic principles. Presently however, the internationally most favoured forms of Citizen Science are “light” variants that only assist and follow professional science instead of criticizing its acting remote from real life and behave as a signpost and pacemaker for a new age of science. In fact, “proper” Citizen Science may indicate some paths for future Academic Science to regain more grip on people’s experience and less loss of the interconnected reality. Th e humanities exploring the mind and cultures, norms and values play an important role in this transformation defi ning the paths which science should take in the future.

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