Therapeutische Unzulänglichkeiten und nationale Überzeugungen : wie die Jenaer Psychiater um Hans Berger in der Zwischenkriegszeit ihre Patienten behandelten

Die vorliegende Geschichte der Jenaer Psychiatrie zeichnet ein Panorama der Institution, der Patienten und der Ärzte sowie des gesellschaftspolitischen Kontextes. Anhand zahlreicher Quellen darunter ein nahezu lückenloser Bestand an Patientenakten wird erforscht, wie die wissenschaftlichen und gesundheitspolitischen Akteure der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen die Vorstellungen von Normalität und Krankheit aufnahmen und gleichzeitig prägten. Zudem liegt ein besonderes Augenmerk der Untersuchung darauf, wie die Jenaer Psychiater ihre Patienten behandelten im doppelten Sinn: Einerseits wird nach therapeutischen Möglichkeiten sowie deren klinischer Anwendung gefragt und andererseits danach, wie die Mediziner mit den ihnen anvertrauten Menschen umgingen. So lenkt die Studie ihre Aufmerksamkeit auch auf einzelne Patientenschicksale und rückt damit die in der Psychiatriegeschichtsschreibung lange Zeit vernachlässigten Menschen in den Mittelpunkt, die aus ganz unterschiedlichen Gründen als Patienten in die Jenaer Psychiatrie kamen. Die Behandlung von psychisch kranken, geistig behinderten und moralisch unangepassten Menschen im Nationalsozialismus wird eingehend betrachtet. Die therapeutischen Entwicklungen der Zwischenkriegszeit sowie Motivation und Hintergründe der regen Beteiligung der Jenaer Psychiater am 1934 in Kraft getretenen Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses werden aufgezeigt. Dabei wird Hans Berger, der von 1919 bis 1938 die Klinikleitung innehatte, näher beleuchtet. Zentrale Punkte seiner Wissenschaftsbiographie und insbesondere Ausmaß und Wirkung seiner Aktivitäten im NS-Regime werden analytisch in die Klinikgeschichte eingeordnet.

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