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Komorbidität von Thüringer Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren : eine populationsbezogene Analyse der Patienten mit Erstbehandlung in den Jahren 2009 - 2011

Die Prognose von Tumorpatienten wird nachweislich auch durch die Prävalenz der Komorbidität beeinträchtigt. Diese schränkt häufig die Therapiemöglichkeiten ein und verursacht Behandlungskomplikationen. Trotzdem werden Begleiterkrankungen noch nicht standardisiert erfasst. Das Ziel dieser Studie bestand darin, aktuelle und vergleichbare epidemiologische populationsbezogene Daten zur Komorbidität und deren Einfluss auf das Überleben von Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren zu generieren. Thüringen hat 2,3 Millionen Einwohner und es besteht eine gut definierte Struktur der Krebsregistrierung und Nachsorge. In der vorliegenden Studie wurden 1187 Patienten mit der Erstdiagnose eines Kopf-Hals-Tumors aus den Jahren 2009 2011 analysiert. Über die Datenbanken der fünf Thüringer Tumorregister wurden Tumorinformationen und Patientendaten unabhängig gesammelt. Ergänzend dazu wurden 19 einzelne Begleiterkrankungen erhoben und nach ihrem Schweregrad gewichtet. Darauf basierend, sowie auch in Kombination mit dem Alter wurden die verschiedenen Komorbiditäts-Indizes CCI, CCI-T, ACCI und ACCI-T errechnet. Keiner der Indizes war den anderen im Hinblick auf die prognostische Aussagekraft hinsichtlich des Gesamtüberlebens überlegen. Neben der Komorbidität wurden Informationen zur Therapie, dem Abusus von Alkohol und Nikotin und die Laborwerte retrospektiv aus den Krankenakten der erstbehandelnden Krankenhäuser in die Datenbank ergänzt. Der prognostische Wert der Variablen auf das Gesamtüberleben wurde mittels Log-Rank-Tests und Kaplan-Meier-Kurven untersucht. Um die Auswirkungen der Komor-bidität auf die Mortalität zu analysieren, wurden zudem univariate Analysen durch-geführt. Durch die Berechnung von Cox-Regressionsmodellen konnte der unabhängige Einfluss der einzelnen Variablen auf das Gesamtüberleben bewertet werden. 771 der in diesem Zeitraum in Thüringen erkrankten Tumorpatienten wurden in den Kliniken Erfurt (35,6%) und Jena (29,3%) therapiert. Die malignen Neubildungen befanden sich vorwiegend im Oropharynx (26,5%), in der Mundhöhle (24,3%) sowie im Larynx (17.9%). In der Kohorte waren 236 (19,9%) der Patienten weiblich und 951 (80,1%) männlichen Geschlechts. Das Durchschnittsalter betrug 61,5±11 Jahre. Der Median des Follow-Up lag bei 22,2±21,6 Monaten. Eine Nikotinsucht wurde bei 37,7% der Patienten dokumentiert, 32,8% waren alkoholabhängig und eine Anämie wurde bei 36,3% verzeichnet. 54% der Tumoren befanden sich zum Diagnosedatum bereits im UICC-Tumorstadium IV. Hinsichtlich der Therapie unterzogen sich alleinig 21,9% einer Operation und 23,4% wurden operiert und bestrahlt. 30,4% der Patienten erhielten eine Radiochemotherapie, gegebenenfalls mit Zugabe von Cetuximab. Das 5-Jahresüberleben betrug bei kleinen Komorbiditäts-Werten (Wert < Median) 85% und bei höheren Werten (Wert > Median) 60%. Bereits ein ergänzender Punkt an Begleiterkrankungen (CCI=3) erhöhte das Risiko zu sterben um 47,9% (95% Konfidenzintervall: 1,04 2,10). Ab hohen Komorbiditäts-Werten von CCI≥6 vergrößerte sich das Sterberisiko um 171% (95% Konfidenzintervall: 1,88 3,91). Die Prävalenz der Komorbidität lag in dieser Studie bei 46,8%. Vergleichbare Arbeiten publizierten überwiegend ähnliche und niedrigere Werte (12-65%). Folgende Parameter wiesen eine Korrelation zu gesteigerten Komorbiditäts-Werten des CCI und CCI-T auf: Das männliche Geschlecht, höheres Alter, Raucher, Alkoholiker, anämische Patienten, UICC-Stadium III und IV, fortgeschrittene Tumorgröße T, Lymphknotenbefall L und Fernmetastasen M. Hinsichtlich der Patienten- und Therapieparameter erhöhten die Komorbidität, fortge-schrittenes Alter, UICC Stadium, Alkohol, Radiotherapie, keine Operation sowie Cetuximab signifikant das Sterberisiko. Es ist zu empfehlen die Komorbidität zukünftig im Klinikalltag und im Tumorregister routinemäßig zu erfassen. Angaben zu den Risikofaktoren Alkohol und Nikotin sollten standardisiert dokumentiert werden. Auf Grund des starken Einflusses der Komordidität auf das Gesamtüberleben sollte sie als prognostischer Faktor zur TNM-Klassifikation ergänzt werden. Es bedarf weiterer breiter populationsbezogener Analysen sowie prospektive Studien, die differenzierend einzelne Lokalisationen, Altersgruppen und Therapieregime im Hinblick auf die Komorbidität untersuchen.

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