Osmoregulation of microalgae and release of climate relevant gases

Marine Mikroalgen spielen aufgrund ihrer Eigenschaft als und Primärproduzenten von organischen Verbindungen eine entscheidende Rolle für das marine Nahrungsnetzwerk und sind beteiligt an verschiedenen globalen Stoffkreisläufen wie dem marinen Schwefelkreislauf. Hierbei spielen die Verbindungen Dimethylsulfoniumpropionat (DMSP), welches von zahlreichen Mikro- und Makroalgen¬arten synthetisiert wird, sowie dessen leicht flüchtiges Abbauprodukt, Dimethylsulfid (DMS), eine besondere Rolle. Letzteres trägt über Oxidationsprozesse in der Atmosphäre entscheidend zur Wolkenbildung über den Ozeanen bei und unterstreicht die Bedeutung des marinen Phytoplanktons für das globale Klima. Durch die Spaltung von DMSP im basischen Milieu zu Acrylat und DMS bieten Gaschromatographie¬basierte Analysemethoden die Möglichkeit einer indirekten Quantifizierung von DMSP als freigesetztes DMS. Aufgrund möglicher weiterer Verbindungen, welche unter basischen Bedingungen DMS freisetzen, liegt hier eine Quelle für systematische Fehler bei der indirekten Bestimmung von DMSP in biologischen Proben. Weiterhin liefern diese indirekten Methoden lediglich ein sehr vereinfachtes Bild über den komplexen marinen Schwefelkreislauf und die zugrundeliegenden Wechselwirkungen mit anderen zwitterionischen Verbindungen wie Glycinbetain (GBT), Dimethylsulfoniumacetat (DMS Ac) oder Gonyol. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, mit Hilfe neuer LC MS basierter Analysemethoden den Beitrag verschiedener zwitterionischer Verbindungen an wichtigen Osmoregulations- und Osmo¬adaptions¬prozessen mariner Mikroalgen aufzuklären. Weiterhin sollte untersucht werden, inwieweit diese Verbindungen die Freisetzung von klimarelevantem DMS beeinflussen. Beim Vergleich indirekter (GC MS basierter) und direkter DMSP Quantifizierung mittels LC MS wurde in Abhängigkeit von der untersuchten Algenart und deren Wachstumsphase eine um bis zu 14% niedrigere DMSP Konzentration in den direkten Messungen ermittelt. Diese Differenz konnte nicht auf biologische Variabilität oder Unterschiede in der Probenvorbereitung zurückgeführt werden. Somit müssen weitere basenlabile DMS-Quellen existieren, welche durch indirekte Messmethoden nicht separat erfasst werden können. Dieser systematische Fehler bei der indirekten Bestimmung von DMSP ist besonders bei quantitativen Untersuchungen, zum Beispiel physiologischer Prozesse, nicht zu vernachlässigen, da hier oft geringere DMSP-Konzentrationsschwankungen diskutiert werden. Weiterhin können diese neuen DMS-Quellen eine erhebliche ökologische und geochemische Bedeutung haben, da diese immerhin für ca. 120 Gmol biogener Schwefelemissionen pro Jahr verantwortlich gemacht werden können. Durch simultane Quantifizierung verschiedener zwitterionischer Metaboliten in Phytoplankton-kulturen konnte gezeigt werden, dass neben DMSP auch Verbindungen wie Homarin, DMS Ac und GBT in erheblichem Maße an der Osmoadaption mariner Mikroalgen beteiligt sind. Diese Anpassung an verschiedene Salzgehalte spielt vor allem für kosmopolitische Arten eine wichtige Rolle, um in Habitaten mit unterschiedlichen Salinitäten überleben zu können. Experimente mit dem Dinoflagellaten Prorocentrum minimum zeigten, dass diese Spezies in einem großen Salinitätsbereich DMSP eher dazu nutzt ein bestimmtes Osmolytniveau aufrechtzuerhalten, wobei die Feinregulierung bei der Osmoadaption in diesem Bereich durch DMS Ac und GBT erfolgt. Durch Übersichts¬messungen zahlreicher Phytoplanktonkulturen konnte weiterhin gezeigt werden, dass neben DMSP auch DMS Ac in allen untersuchten Spezies vorkommt, wobei der relative DMS Ac-Gehalt zwischen 0,1% und 1990%, bezogen auf DMSP, sehr variabel ist. Gonyol hingegen, welches zuvor lediglich in dem Dinoflagellaten Gonyaulax polyedra beschrieben wurde, konnte in allen untersuchten Dinoflagellaten und Haptophyten in relativen Anteilen von 6,2% bis 121%, bezogen auf DMSP, nachgewiesen werden. Dies zeigt die weite Verbreitung anderer Dimethylsulfoniumverbindungen, welche nicht über GC-basierte Messungen zugänglich sind. Aufgrund der Tatsache, dass Phytoplankton assoziierte Bakterien als Hauptkonsumenten von DMSP und als größte Quelle von DMS gelten, wurde weiterhin untersucht, inwieweit die Dimethyl¬sulfonium¬verbindungen DMS Ac und Gonyol die bakterielle Freisetzung der DMSP-Abbauprodukte DMS und Methanthiol (MeSH) beeinflussen. Zum einen zeigte sich, dass alle untersuchten Bakterienarten sowohl DMS Ac als auch Gonyol in ähnlichem Ausmaß umsetzen, wobei dies jedoch ohne Freisetzung von DMS erfolgt. Hingegen deutet die Freisetzung von MeSH beim Abbau von Gonyol durch Alcaligenes faecalis beziehungsweise DMS Ac durch Ruegeria pomeroyi auf einen entsprechenden Demethylierungs/Demethiolierungsweg hin. Da frühere Experimente von Reisch et al. keinen Umsatz von DMS Ac durch das Enzym DmdA, welches den ersten Demethylierungsschritt dieses Abbauweges für DMSP katalysiert, zeigten, liefern die hier vorliegenden Ergebnisse erste Hinweise auf einen bislang unbekannten Abbaumechanismus von DMS Ac sowie möglicherweise DMSP. Weiterhin wurde beobachtet, dass DMS Ac und Gonyol die verschiedenen DMSP Lyasen sowie den Abbau von DMSP durch Demethylierung/Demethiolierung beeinflussen. So konnte bei Anwesenheit von Gonyol in Kulturen von R. pomeroyi keinerlei Freisetzung DMS oder MeSH aus DMSP nachgewiesen werden. Bei den Spezies Sulfitobacter sp. und A. faecalis war dieser Effekt geringer ausgeprägt. Jedoch konnte auch hier eine signifikante Reduktion der DMSP Lyaseaktivität beobachtet werden. Bei Halomonas sp., hingegen führte eine Kombination aus DMS Ac und Gonyol zu einer signifikanten Reduktion an freigesetztem DMS aus DMSP, wobei eine Inkubation mit Gonyol allein keinen solchen Effekt hervorrief. Eine mögliche Ursache dieses von den anderen untersuchten Bakterienarten abweichenden Verhaltens, könnte in der Struktur der DMSP spaltenden Enzyme zu suchen sein. Im Gegensatz zu R. pomeroyi, A. faecalis und Sulfitobacter sp., welche neben DMS als weiteres Reaktionsprodukt Acrylat liefern, führt die Spaltung von DMSP bei Halomonas sp. zu 3-Hydroxypropionat. Betrachtet man die weite Verbreitung von DMS Ac und Gonyol in marinem Phytoplankton und die Salinitätsabhängigkeit der Osmolyt¬zusammensetzung, ergibt sich ein sehr komplexes Bild an Wechselwirkungen verschiedener zwitterionischer Algenmetabolite mit bislang schwer abzuschätzenden Auswirkungen auf die Freisetzung von klimarelevantem DMS. Durch Inkubationsversuche mit isotopenmarkiertem 13C2D6 DMSP konnte weiterhin ein direkter Aufnahmemechanismus von DMSP in marinem Phytoplankton nachgewiesen werden. Hierbei zeigte Thalassiosira weissflogii, welche kein eigenes DMSP produziert eine extrem schnelle DMSP-Aufnahme von 60% des zugegebenen 13C2D6 DMSP innerhalb von 2,5 Minuten. Die Tatsache, dass alle untersuchten Arten, inklusive Emiliania huxleyi, welche als einer der Hauptproduzenten von DMSP in den Ozeanen gilt, extern zugeführtes 13C2D6 DMSP in die Zellen schleusten, zeigt, dass marine Mikroalgen nicht nur als Hauptquelle, sondern auch als beträchtliche Senke von DMSP fungieren können. In pelagischen Bakterien ist die Fähigkeit DMSP als leicht verfügbare Quelle reduzierten Schwefels sowie als Kohlenstoffquelle zu nutzen sehr weit verbreitet. Dieser Mechanismus wird auch im Zusammenhang mit der Ausbildung und Strukturierung von Biofilmen auf der Oberfläche verschiedener Makroalgen diskutiert. In der vorliegenden Arbeit konnte im Fall der marinen Braunalge Fucus vesiculosus gezeigt werden, dass die Beeinflussung der Biofilmausbildung und strukturierung nicht nur über die Bereitstellung vorteilhafter Wachstumsbedingungen für Bakterien, sondern auch in Verbindung mit der Aminosäure Prolin über eine direkte Abschreckung bestimmter Bakterienarten erfolgen kann. Durch die Anwendung direkter LC MS basierter Analysemethoden bietet sich somit nun die Möglichkeit die ökologischen Wechselwirkungen und daraus folgenden klimatischen Einflüsse verschiedener zwitterionischer Phytoplanktonmetabolite zu untersuchen und einen genaueren Blick auf den sehr komplexen marinen Schwefelkreislauf zu werfen.

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