Angriff auf die Aufgeklärtseynwollenden : Salomon Maimons Lebensgeschichte

Die vorliegende Dissertation ist die erste literaturwissenschaftliche Monographie zu Salomon Maimons »Lebensgeschichte« (1792/93), der ersten Autobiographie eines Juden in Deutschland überhaupt. In ihrer Originalgestalt gelesen, hinterlässt die »Lebensgeschichte« aufgrund ihrer disparaten Erzählstruktur einen außerordentlich verwirrenden Eindruck. In dieser Arbeit wird aufgrund einer genauen Textanalyse, die die religionsphilosophischen und zeitgenössischen Kontexte einbezieht, aufgezeigt, dass es sich bei dem Gesamttext der »Lebensgeschichte« nicht um einen formal unentwirrbaren und höchst konfusen Text handelt, sondern um ein literarisches Integral: Im Wechselspiel zwischen erzählerischen und philosophischen Stilebenen legt Maimon dar, wie er stetig versuchte, die Widersprüche zwischen Religion und Vernunft aufzulösen und wie sein Leben gerade dadurch zu einem asozialen wurde. Der innere Zusammenhang der diskrepanten Erzählformen dieser Autobiographie lässt sich allerdings erst dann richtig deuten, wenn man erschließt, dass Maimon eine politische Intention verfolgt. Während er der Unwissenheit seiner überwiegend christlichen Leserschaft hinsichtlich der jüdischen Religion auf didaktische Weise abzuhelfen versucht, tritt er den Bestrebungen christlicher Aufklärer, Vernunftreligion als Reinterpretation des Christentums zu instrumentalisieren, um verschleierte Konversionsforderungen an die Juden zu richten, polemisch entgegen. In offensiver Manier zielt Maimon auf die politische und moralische Ignoranz der sich für aufgeklärt haltenden Christen in Preußen. Offenkundig ließ Immanuel Kant sich für seine »Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft« von Maimons »Lebensgeschichte« inspirieren.

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