In welchem Maße beeinträchtigt Gehörschutz das Differenzierungsvermögen von Klängen bei Berufsmusikern klassischer Orchester? : eine MMN-Studie

Musikimmanente Lärmbelastung überschreitet gültige Grenzwerte und kann bei Musikern im Laufe des Berufslebens kumulierend zu Lärmschwerhörigkeit führen. Diese Arbeit untersucht Diskriminationsunterschiede bei Benutzung von individuellem Gehörschutz (Otoplastik) mittels Verhaltensexperiment und akustisch evozierter Potentiale (AEP), insbes. der Komponente Mismatch Negativity (MMN. Es wurden 10 Musiker im Alter von 25–38 Jahren untersucht, denen reine und leicht verstimmte Klänge präsentiert wurden. In einer Verhaltensaufgabe waren diese Klänge per Mausklick den Kategorien „rein“ oder „unrein“ zuordnen, die Erkennungsraten wurden protokolliert. Anschließend wurden die durch diese Klänge hervorgerufenen AEP registriert. Beide Versuchsteile wurden jeweils durchgeführt: 1. mit normaler Lautstärke (65dB), 2. mit gleicher Schallintensität unter Verwendung von Otoplastiken und 3. mit verringerter Schallintensität (45dB). Die Ergebnisse sind für die Elektroden C4 und Cz (MMN) und Pz (P300) dargestellt. Verwendung von Gehörschutz führt zu signifikanter Verringerung der AUC der MMN, die ein Korrelat der Detektion abweichender Klänge ist. Am ehesten werden die Unterschiede durch die verringerte Schallintensität erklärt, darüber hinausgehende Abweichungen wurden nicht nachgewiesen. Die mittels MMN darstellbare Unterschiedsschwelle ist 2 − 3x schlechter als bei einem vergleichbaren Verhaltensexperiment. Das Vertrauen in die eigene Diskriminationsfähigkeit sinkt im Bereich der Unterschiedsschwelle überproportional unter allen Bedingungen, besonders stark bei Benutzung der Otoplastiken. Die EKPs unter Verwendung von Gehörschutz zeigen Veränderungen sowohl von N2b als auch P3a, die als Hinweis auf eine veränderte Aufmerksamkeitsrichtung verstanden werden können und zum Teil einem overlap geschuldet sind. Die Frage, ob ein adäquates Musizieren trotz Verwendung von Gehörschutz möglich ist, kann allein auf der Grundlage dieser Untersuchungen nicht abschließend beantwortet werden.

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