Biologische Grundlagen von Risikoverhalten und pathologischem Spielen

Existieren behaviorale und elektrophysiologische Unterschiede zwischen pathologischen Spielern und Kontrollpersonen? Besitzen gesunde Personen eine bessere Fähigkeit aus ihren Fehlern zu lernen als pathologische Spieler? Bestehen Unterschiede in der Persönlichkeit zwischen Frauen und Männern, die dazu beitragen, dass weniger Frauen unter pathologischem Spielen leiden? Haben die Höhe der Geldbeträge oder die Gewinnwahrscheinlichkeit Einfluss auf die ERN? Diese Fragen stellten die Grundlage der bestehenden Arbeit dar. Inwiefern konnten mit Hilfe dieser Untersuchung die eingangs gestellten Fragen beantwortet werden? In dem verwendeten Spielparadigma „17 und 4“ zeigte sich, dass pathologische Spieler trotz einer auftretenden größeren ERN beim Überreizen in riskanten Spielsituationen im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen wiederholt bei 16 Punkten eine weitere Karte nahmen. Weiterhin zeigte sich, dass die größere ERN durch Ereignisse hervorgerufen wurde, die besser ausgegangenen sind als erwartet. Diese erhöhte Sensitivität gegenüber Belohnung bei pathologischen Spielern führte dazu, dass trotz Überreizen wiederholt dieselben riskanten Situationen aufgesucht wurden und dessen Häufigkeit von der Schwere der Spielsucht einer Person abhängig war. Für die Entstehung bzw. Entwicklung des pathologischen Spielens scheint die übermäßige Verstärkung von Bedeutung zu sein. Gefährdete Personen scheinen durch eine erhöhte Dopaminausschüttung nach positiv endenden riskanten Spielentscheidung mittels positiver Emotionen verstärkt zu werden. In Reaktion auf das Lernen aus eigenen Fehlern fanden sich keine Unterschiede zwischen den Diskussion Geschlechtern auf elektrophysiologischer Ebene. Auch verschiedene Persönlichkeitsmerkmale hatten keinen Einfluss auf die Fehlerverarbeitung. Somit lassen sich aus dieser Studie keine protektiven Faktoren für die Entstehung des pathologischen Spielens ableiten. Bezug nehmend auf den Einfluss der Geldhöhe und der Gewinnwahrscheinlichkeit ergeben sich in der vorliegenden Arbeit Hinweise darauf, dass bei höheren Geldbeträgen, die mit einer geringeren Gewinnwahrscheinlichkeit positiv endeten, bereits bei gesunden Versuchspersonen eine erhöhte Dopaminfreisetzung auftritt. Somit könnte bei pathologischen Spielern das „Kickerleben“ umso größer sein, je höher der Einsatz und je unerwarteter der Gewinn ist. Deshalb sollte in nachfolgenden Untersuchungen die Gewinnerwartung mit erhoben werden und eventuell eine größerer Unterschied zwischen den Geldbeträgen erzeugt werden. Die gefundenen Ergebnisse geben Anlass zu zahlreichen weiteren Fragen und möglichen Hinweisen für das weitere Vorgehen bei der Untersuchung von interindividuellen Unterschieden zwischen pathologischen Spielern und Kontrollpersonen. Ein wichtiges Forschungsanliegen bezieht sich auf die neuronalen Grundlagen des Nachjagens von vorausgegangenen finanziellen Verlusten. Beispielsweise könnten knapp verlorene Spiele von pathologischen Spielern als extrem unangenehm wahrgenommen werden und die dabei auftretende Interozeption dieser Gefühle im Vergleich zu Kontrollpersonen mit einer stärkeren Aktivierung des insulären Kortex assoziiert sein. Dazu wäre eine bessere räumliche Auflösung notwendig und damit eine simultane EEG- und bildgebende Messung empfehlenswert. Die beteiligten Versuchspersonen waren weder behandlungssuchend noch zum Zeitpunkt der Erhebung in Behandlung gewesen. Es wäre von Interesse, Unterschiede zwischen pathologischen Spielern, die keine Krankheitseinsicht besitzen und denen die ihre Erkrankung erkannt haben, zu erforschen. Eventuell zeigen sich dabei mögliche relevante Persönlichkeitsmerkmale. Weiterhin wäre es wichtig auch andere Spielparadigmen zu untersuchen, da zwischen den Geschlechtern unterschiedliche Präferenzen für verschiedene Spiele existieren. Vielleicht könnte durch eine Untersuchung weiblicher Spieler zusätzlich Aufschluss darüber erlangt werden, welche Persönlichkeitsmerkmale entscheidend Diskussion zur Entwicklung einer pathologischen Spielsucht beitragen. Es wurden hier nur einige der noch bestehende Fragen aufgeführt, aus denen sich schlussfolgern lässt, dass es sich bei dem pathologischen Spielen um ein Störungsbild mit noch großem Forschungsbedarf handelt.

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