Untersuchungen zur Antibiotikaresistenz von oralen Streptokokken

α-hämolysierende, nichthämolysierende Streptokokken und Gemella morbillorum gehören zur oralen Standortflora und besitzen nur eine geringe fakultative Pathogenität. Dennoch können sie in Einzelfällen, besonders bei immunsupprimierten Patienten, schwerwiegende Infektionen wie Abszesse, infektiöse Endokarditis, Bakteriämie, Sepsis und Arthritis hervorrufen. Sie bieten ein Reservoir resistenter Gene, welches auf pathogenere Spezies wie S. pneumoniae, S. pyogenes und möglicherweise auch auf anaerobe Bakterien transferiert werden kann. Das Haupteinsatzgebiet von Antibiotika gegen fakultativ anaerobe grampositive Bakterien ist das Infiltrat- und Abszessstadium odontogener Infektionen und die Bakteriämieprophylaxe. Ziel dieser Studie war es, eine Aussage über die derzeitige Resistenzsituation gegenüber sieben verschiedenen Antibiotika zu geben und zugleich die Resistenzentwicklung von Streptokokken durch die Auswertung retrospektiver Daten aus dem Zeitraum 1997 bis 2009 zu bewerten. Es sollte die Hypothese untersucht werden, ob ein Resistenzzuwachs für den Raum Thüringen beobachtet werden konnte und inwiefern die gültige Antibiotikaempfehlung für dieses Erregerspektrum bestätigt werden kann. Zu diesem Zweck wurden von März 2009 bis März 2010 von 112 Patienten aus der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG) des Universitätsklinikums Jena odontogene Abszessproben entnommen. Aus dem Probenmaterial wurden 144 α-hämolysierende Streptokokken und 29 G. morbillorum-Stämme isoliert. Die Identifizierung auf Speziesebene erfolgte über die phänotypische Bestimmungsmethode der Bunten Reihe (Rapid ID System, BioMérieux). Die In-vitro-Wirksamkeit von Erythromycin, Clindamycin, Penicillin, Ampicillin, Amoxicillin/Clavulansäure, Moxifloxacin und Doxycyclin wurde mit dem automatisierten Bouillon-Mikrodilutionsverfahren (Micronaut, Merlin) durchgeführt. Zur Auswertung der ermittelten MHK-Werte wurden die nach DIN 58940-4 (2004) festgelegten Breakpoints herangezogen. Häufigste Ursache für die Entwicklung einer odontogenen Infektion war die apikale Parodontitis. Die Spezies S. oralis mit 41 Isolaten, gefolgt von S. mitis mit 33 Isolaten waren am häufigsten vertreten. Die α-hämolysierenden Streptokokken zeigten gegenüber Ampicillin, Amoxicillin/Clavulansäure und Moxifloxacin eine gute In-vitro-Wirksamkeit. Die MHK90-Werte lagen für diese Antibiotika im sensiblen Bereich. Reduzierte Empfindlichkeiten waren in absteigender Reihenfolge für Clindamycin (79 %), Doxycylin (75 %), Penicillin (72 %) und Erythromycin (57 %) nachweisbar. Alle ermittelten MHK90 Werte lagen für jene Antibiotika im hochresistenten Bereich, mit Maximalwerten von > 8 mg/l für Erythromycin und Clindamycin. Die Resultate der Resistenztestung von G. morbillorum entsprachen im Wesentlichen denen der α-hämolysierenden Streptokokken mit nur geringfügigen Abweichungen. Die höchste In-vitro-Wirksamkeit für G. morbillorum mit 100 % sensiblen Isolaten wurde für die Aminopenicilline eruiert. 86 % der Isolate waren empfindlich gegenüber Moxifloxacin und Penicillin mit MHK90-Werten im intermediären Bereich. 90 % der Isolate wurden erst ab einer Konzentration von > 8 mg/l Clindamycin bzw. 8 mg/l Doxycyclin in ihrem Wachstum inhibiert. Die Auswertung der retrospektiven Daten α- und nichthämolysierender Streptokokken aus dem Zeitraum 1997 bis 2009 zeigte einen signifikanten rückläufigen Trend für die Resistenzen gegenüber Erythromycin und Doxycyclin. Während die Resistenzsituation von Clindamycin und Moxifloxacin stabil geblieben war, sind geringe Anstiege für Penicillin und die Aminopenicilline aufgetreten. Somit ist sowohl im Hinblick auf die Therapie odontogener Infektionen als auch der Endokarditisprophylaxe, welche die wesentlichen Indikationsbereiche in der Zahnmedizin darstellen, der Einsatz von Aminopenicillinen oder Clindamycin auch in Zukunft gerechtfertigt. Moxifloxacin könnte zukünftig bei der adjuvanten systemischen Therapie odontogener Infektionen eine wichtige Bedeutung haben. Weitere klinische Studien hinsichtlich einer Indikationserweiterung in der Zahnmedizin sind erforderlich. Der Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) hat eine wichtige Bedeutung bei Infektionen von Patienten mit langem Klinikaufenthalt. In der MKG betrifft das vor allem Tumor- und Osteomyelitispatienten. Retrospektiv wurde die Prävalenz von MRSA am Universitätsklinikum untersucht. Ziel war es, die MRSA-Situation mit besonderem Augenmerk auf die MKG darzustellen. 2010 lag der MRSA-Anteil am Universitätsklinikum Jena bei 26 %. Erstmals 2002 in der MKG isoliert, wurde MRSA am häufigsten aus Rachenabstrichen nachgewiesen. Seitdem ist die Tendenz steigend. Weiterführende klinische Studien sind erforderlich, um mit einer höheren Screening-Frequenz die Prävalenz und Verteilung von MRSA in der Zahnmedizin sicher zu beurteilen.

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