Studien zur Pharmakokinetik fluorooptischer Sonden mit unterschiedlichem Molekulargewicht

Im Zuge der immer detaillierteren Erforschung molekularer Prozesse verschiedenster Krankheitsgeschehen wird auch das Interesse an einer bildgebenden in vivo-Darstellung dieser Abläufe stetig größer. Die in der vorliegenden Arbeit verwendete Methode der Molekularen Bildgebung mit Hilfe fluorooptischer Techniken, die sogenannte Nahinfrarot-Bildgebung, stellt hier ein aussichtsreiches, schnelles, hochsensitives und vor allem kostengünstiges Verfahren dar. Zahlreiche Untersuchungen speziell zu fluorooptischen Antikörpersonden haben zum einen gezeigt, dass die in vivo-Darstellung molekularer Ziele mit dieser Methode sinnvoll und anwendbar ist, zum anderen jedoch, dass die Immunglobulin-Sonden aufgrund ihres großen Molekulargewichts (150 kDa) eine sehr träge Kinetik besitzen, schlecht in Gewebe eindringen und somit ein ausgeprägtes, störendes Hintergrundsignal generieren. Zudem haben intakte Antikörper, wie bereits aus der therapeutischen Anwendung bekannt, den Nachteil, mit Hilfe des Fc-Fragments Immunprozesse in Gang setzen und somit schwere Nebenwirkungen auslösen zu können. Es besteht daher ein großes Interesse darin herauszufinden, ob die Reduktion des Molekulargewichts der Immunglobulin-Sonden durch Abspaltung des Fc-Fragments eine Verbesserung der Pharmakokinetik solcher fluorooptischer Sonden bewirken kann. Gleichzeitig besteht hierbei die Intention, mögliche Immunreaktionen des Organismus auf die Sonden zu vermindern. In dieser Arbeit wurde die Reduktion des Molekulargewichts durch Spaltung von Maus-γ-Globulin mittels Papain und Pepsin zur Herstellung von antigenunspezifischen F(ab’)2- und F(ab’)-Fragmenten realisiert. Die Antikörperfragmente wurden - wie ihr „Muttermolekül“ IgG - an den Hemicyaninfarbstoff Dy-676 gekoppelt. F(ab’)-Dy wurde in vitro an LS174T- und A375-Zellen sowie in vivo und ex vivo an den gleichen Tumormodellen in BALB/c/SCID-Mäusen auf Antigenunspezifität getestet. Daraufhin wurden mit den drei hergestellten Sonden IgG-, F(ab’)2- und F(ab’)-Dy Zeitreihenuntersuchungen der Verteilung im Blut sowie in den Organen Muskel, Herz, Lunge, Magen, Dünn- und Dickdarm, Leber, Nieren und Milz nach i.v.-Injektion in gesunde NMRI-Mäuse durchgeführt. In Zusammenschau der Ergebnisse ließ sich erkennen, dass die IgG-Dy-Sonde wie zu erwarten eine sehr komplexe und träge Kinetik besaß, die von verschiedenen Interaktionen mit den Körpergeweben, wie beispielsweise mit Gewebsmakrophagen oder Leberparenchymzellen, abhängig zu sein scheint. F(ab’)2-Dy hingegen zeigte eine optimierte Kinetik, da es sich schnell in den Geweben verteilte, rasch wieder eliminert wurde und keine die Pharmakokinetik beeinflussenden Interaktionen mit den Geweben einging. Zudem erwies sich die Sonde als hauptsächlich renal eliminiert - ein typisches Merkmal von Molekülen mit niedrigem Molekulargewicht. Die Untersuchungen zur Pharmakokinetik des F(ab’)-Dy führten interessanterweise zu gegensätzlichen Ergebnissen. Trotz schnellen An- und Abflutens der Sonde im Blut zeigte sich eine weitaus langsamere Kinetik in den Organen als für die F(ab)2-Dy-Sonde sowie eine starke Anreicherung in der Leber, was auf einen hepatischen Abbau hinweist. Dies steht zum einen entgegen dem biologischen Gesetz, dass die Rate des renalen Abbaus mit Abnahme des Molekulargewichts von Proteinen steigt und zum anderen entgegen den Erkenntnissen zu nuklearen F(ab’)-Sonden. Es ist hier anzunehmen, dass der Dy-Farbstoff selbst, anders als bei Verwendung der F(ab’)2-Sonde, einen enormen Einfluss auf die Pharmakokinetik der F(ab’)-Sonde nimmt, denn die in dieser Arbeit gewonnenen pharmakokinetischen Daten sind vereinbar mit in der Literatur bereits bekannten Daten zum Dy-676. Zusammenfassend zeigen die in der vorliegenden Arbeit durchgeführten Untersuchungen, dass es möglich ist, eine Optimierung der Pharmakokinetik fluorooptischer Antikörpersonden durch Reduktion des Molekulargewichts zu erlangen. Dabei erwies sich die F(ab’)2-Sonde im Vergleich zu IgG- und F(ab’)-Dy als zu favorisierende Sonde. Es ist vorstellbar, dass F(ab’)2-Dy als „Grundgerüst“ für eine Menge antigenspezifischer fluorooptischer Sonden zur molekularen Darstellung verschiedenster Erkrankungen genutzt werden kann.

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