Evolution der Interaktion floraler Proteine

Die Blütenorganidentität wird in Angiospermen durch die kombinatorische Interaktion von MADS-Domänen-Transkriptionsfaktoren der floralen homöotischen Klassen A, B, C und E determiniert. Nach dem „floral quartet“-Modell binden diese MADS-Domänen-Proteine als Dimere an zwei benachbarte cis-regulatorische DNA-Elemente (CArG-Boxen) und bilden, unter Biegung der dazwischenliegenden DNA, tetramere Komplexe aus. Das der Blütenentwicklung zugrunde liegende Interaktionsnetzwerk ist in höheren Eudikotylen gut untersucht, aber es ist wenig über dessen Entstehung bekannt. Sowohl phylogenetische als auch morphologische Merkmale deuten darauf hin, dass die Blütenentwicklung von basalen Angiospermen durch ein vergleichsweise ursprüngliches Interaktionsnetzwerk reguliert wird. Deshalb wurde in dieser Arbeit das Interaktionsverhalten von floralen homöotischen Proteinen aus drei phylogenetisch informativen basalen Angiospermen untersucht. Bei der Rekonstruktion des dimerischen Interaktionsnetzwerks konnte eine hohe Konservierung der Interaktionen von MADS-Domänen-Proteinen in basalen und höheren eudikotylen Angiospermen beobachtet werden. Beispielhaft sollen Interaktionen zwischen AG-/AGL6-, AG-/SEP-, SEP-/AGL6- und DEF-/GLO-ähnlichen Proteinen genannt werden. Aber auch nicht konservierte Interaktionen, wie zum Beispiel zwischen AG-/PI-, AGL6-/AP3- und AGL6-/PI-ähnlichen Proteinen konnten detektiert werden. Zusätzlich konnten fast alle Proteine als Homodimer an DNA binden. Weiterhin konnte die Bildung homotetramerer Komplexe von Proteinen der SEP-, AGL6-, AG-, DEF- und GLO-Klade und die Bildung heterotetramer Komplexe der DEF-/GLO-Klade mittels Gelretardierungsanalysen in-vitro nachgewiesen werden. Letztgenannte Komplexe beinhalten keine E-funktionsverwandten Proteine wie die durch das „floral quartet“ prognostizierten Komplexe. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse konnte ein neues Modell für die Blütenorgandeterminierung in basalen Angiospermen, das „fading B/C“-Modell, postuliert werden. Dieses Modell erklärt die Determination der einzelnen Blütenorgane allein durch die Bildung tetramerer Komplexe B- und C-funktionsverwandter Proteine. Für tetramere Komplexe aus E-funktionsverwandten Proteinen wird eine Beteiligung an der Induktion des Blütenmeristems vorgeschlagen. Der vorgeschlagene Mechanismus ist weitaus weniger komplex als das für höhere Eudikotyle postulierte „floral quartet“-Modell. Demnach hat sich eine komplexere Regulation der Blütenbildung erst durch die Integration von E-funktionsähnlichen Proteinen in die einzelnen Komplexe im Verlauf der Evolution der Angiospermen herausgebildet. Diese Entwicklung trug wahrscheinlich zur Standardisierung des Blütenbauplans und zur Bewahrung der Blüte als stabile Reproduktionseinheit bei.

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