Häufigkeit und Profil der ASS-Resistenz bei Patienten mit akuten kardiologischen Erkrankungen im Vergleich zu gesunden Probanden

Aufgrund der zentralen pathophysiologischen Bedeutung der Blutplättchen bei akuten und chronischen Gerinnungskrankheiten ist die Acetylsalicylsäure (ASS) das Standardmedikament zu deren Prophylaxe. Obwohl eine Vielzahl von Studien die Wirksamkeit der ASS zur Prävention und Prognoseverbesserung in verschiedenen Risikokollektiven belegen konnte, zeigten in den vergangenen Jahren zahlreiche Untersuchungen, dass ASS die Blutplättchenfunktion in bestimmten Patientengruppen nur unzureichend hemmt. Das Konzept der ASS-Resistenz entstand, eine Problematik von hoher Komplexität, für deren Entstehung multifaktorielle Mechanismen postuliert worden sind. Die Mehrzahl dieser Studien illustriert einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Vorliegen einer Resistenz gegenüber ASS und einem schlechten Langzeitverlauf sowie relevanten vaskulären Ereignissen. Die Definition dieses Phänomens wird nach wie vor kontrovers diskutiert, die ermittelten Prävalenzen zeigen eine enorme Spannweite und es fehlt aktuell an einer validierten und standardisierten Nachweismethode. Die ASS-Resistenz wurde nur in sehr wenigen Studien bei gesunden Probanden untersucht, ein unmittelbarer Vergleich eines gesunden Probandenkollektivs mit einer klinisch relevanten Patientengruppe erfolgte nicht. Vor diesem Hintergrund war es das Hauptziel der vorliegenden Arbeit, die Häufigkeit der ASS-Resistenz bei kardiovaskulären Patienten im Vergleich zu gesunden Probanden zu bestimmen sowie etwaige Assoziationen zwischen Vorerkrankungen bzw. kardiovaskulären Risikofaktoren und einer veränderten Prävalenz der ASS-Resistenz zu ermitteln. Hierbei wurde der sogenannte PADA-RASS (=Platelet Adhesion Assay zur Messung der Resistenz gegenüber ASS) als ein neuer Plättchenfunktionstest zur ASS-Resistenz-Diagnostik angewandt und evaluiert. Zur Vervollständigung der Plättchenfunktionsmessungen wurden zusätzlich die Plättchenadhäsivität sowie plättchengebundene HIT-II-Antikörper gemessen. Im Rahmen dieser prospektiven Diagnostikstudie wurden insgesamt 100 Probanden sowie 87 kardiovaskuläre Patienten der Klinik für Innere Medizin I des Universitätsklinikums Jena rekrutiert. Die angewandte Methode, der PADA-RASS, stellt eine Modifikation des PADA (=Platelet Adhesion Assay) dar und arbeitet mit heparinantikoaguliertem Vollblut und definierten Scherkräften. Zusätzlich bietet der PADA-RASS die Möglichkeit der ASS-Resistenz-Bestimmung unabhängig von einer vorhergehenden ASS-Einnahme. Es erfolgt eine invitro-Zugabe der ASS, womit die Erstellung einer Bezugsprobe ohne ASS realisiert werden kann. Als Resultate konnten neben den ASS-Respondern zwei verschiedene ASS-Resistenz-Gruppen detektiert werden: Die ASS-Nonresponse, bei der die Blutplättchen keine Reaktion auf ASS zeigen, und die sogenannte PRASA (paradoxical reaction on ASA), bei der statt einer ASS-vermittelten Hemmung der Thrombozyten eine Aktivierung beobachtet werden kann. Diese paradoxe Plättchenaktivierung durch ASS im heparinisiertem Blut stellt ein wesentliches und relevantes Ergebnis dar. In der vorliegenden Studie waren die Häufigkeiten der ASS-Nonresponse mit 36 % bei den gesunden Probanden und 26,4 % bei den Patienten sowie die Prävalenzen der PRASA mit 38 % bei den Probanden und 58,6 % bei den Patienten unerwartet hoch.

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