Schuld, Kategorie, Kompetenz und Prinzip

In der Arbeit wird untersucht, welche Rolle Schuld in der Aufbereitung und Bearbeitung zwischenmenschlicher Konflikte spielt. Dazu wird in einem ersten, interdisziplinären Teil eine Art Forschungsstand erarbeitet, mit dem sich drei Bedeutungen der Schuld konturieren lassen: als funktionale Kategorie steht Schuld dafür, daß Konflikte auf ihre sozialverträgliche Beendigung hin orientiert werden; als differenzierende Kompetenz erlaubt Schuld, Konflikte nach Maßgabe reflexiver Handlungseinstellungen zu prozessieren; und als konstitutives Prinzip schließlich zeigt Schuld die Erfahrung eines Bruchs an, die eine retrospektive Bewegung der Identifizierung eines Grundes und eine prospektive Bewegung der Überwindung des Bruchs motiviert. In einem zweiten Teil der Arbeit wird dann untersucht, welche Rolle das Beschuldigen und Vorwerfen sowie die sachliche Bestimmung und Begründung des Schuldhaften spielen. Mit Blick auf diese intersubjektive und referentielle Hinsicht wird erarbeitet, daß sich Schuld als Versuch bestimmen läßt, „soziale und intersubjektive Konflikte – die als Überwältigung und Verletzung der Integrität erlebt und wahrgenommen werden – zu artikulieren, zu adressieren, zu prozessieren und zu solvieren“, und Schuld so für die Fähigkeit einzelner steht, „aus ihrer Sicht ungerechtfertigte Einschränkungen und insbesondere Verletzungen ihres Handlungs¬vermögens bestimmend und begründend zu artikulieren und sie intersubjektiv-sozial unter Inanspruchnahme der geschichtlichen Lernfähigkeit – Partialität – von Individuen und Kollektiven zu prozessieren“ (S. 464). Abschließend wird die methodische Hypothese von der integral komplexen und kulturell integrierten Bedeutung der Schuld diskutiert, zudem wird die These entfaltet, das Böse zeige sich als innere Entgrenzung und Zersetzung der Schuld, so daß noch die Versuche der Auf- und Bearbeitung von Konflikten durch Schuld mit ihrem Scheitern konfrontiert werden.

Zitieren

Zitierform:
Zitierform konnte nicht geladen werden.