Expression von spannungsabhängigen Kaliumkanälen in humanen Gliomen unterschiedlicher Malignität

Spannungsaktivierte Kaliumkanäle ermöglichen Kaliumionen die Passage der Zellmembran entlang eines Konzentrations-gradienten in Abhängigkeit von der Membranspannung. Kalium-kanäle sind ubiquitär auf sehr unterschiedlichen Zelltypen vorhanden. Ihre wichtigste Funktionen ist die Aufrechterhaltung des Ruhemembran-potentials. Sie sind für die Erregbarkeit von Zellen durch Membranrepolarisation, für die Frequenzmodulation von Aktionspotentialen und für die Regulation der K+- Homöostase verantwortlich. Im ZNS sind verschiedene Isoformen der spannungsabhängigen Kanäle in großer Dichte und Vielfalt nachweisbar (u.a. Kv1.1-1.6, Kv1.7, hEAG1, hERG1). Ihre Verteilung ist inter- und intrazellulär unterschiedlich. In Gliazellen konnte eine Rolle bei der Zellproliferation nach-gewiesen werden. Andere Isoformen scheinen in der Tumorgenese und im malignen Wachstum involviert zu sein. Auch in Gliomen konnten mittels elektrophysiologischer Untersuchungen spannungsabhängige Kaliumkanäle nach-gewiesen werden. Ihre funktionelle Rolle ist dort jedoch unklar. Gegenstand der vorliegenden Arbeit war die Untersuchung der mRNA-Expression der Kanäle Kv1.3, Kv1.5, hEAG1 und hERG1 in 17 Gliomen unterschiedlicher Malignität sowie einer tumorfreien Hirngewebsprobe mittels RT-PCR. Die Fragestellung war, ob eine Abhängigkeit zwischen Kanalexpression und Malignitätsgrad von Gliomen nachzuweisen ist und ob sich dadurch Hinweise auf die Bedeutung der Kanäle für diese Hirntumorentität ergeben. Die Kanalausstattung der tumorfreien Probe entsprach der aktuellen Literatur, sämtliche untersuchten Isoformen waren amplifizierbar. Auch in den Gliomen wurden alle Kanäle exprimiert. Die Kanalexpressionsmuster der Gliome waren von dem der nicht-neoplastischen Gewebeprobe sowie untereinander verschieden. In den Gliomen waren die Kanäle Kv1.5 und hERG1 am stärksten nachweisbar, gefolgt von hEAG1, die schwächste Expression zeigte Kv1.3. Korrelationen der Signalstärke mit dem Tumormalignitätsgrad und der Histologie waren bei Kv1.5, hEAG1 und hERG1 erkennbar. Tendenziell waren in Gliomen von niedrigem WHOGrad stärkere Kanalexpressionen und in höhergradigen Gliomen geringere Expressionssignale nachweisbar. Diese Unterschiede waren zum Teil statistisch signifikant. Dieses „inverse Muster“ konnte in Untersuchungen für Natriumkanäle ebenfalls gefunden werden (Schrey et al. 2002). Möglicherweise ist diese Suppression intrinsischer Kanalaktivitäten in Gliomen ein generelles Phänomen und kann als Marker genutzt werden. Weitere Untersuchungen sind notwendig, um diese Hypothese – auch in Beziehung zum klinischen Verlauf – zu testen. Kv1.3 zeigte kein spezifisches Expressionsmuster. Eine zelldifferenzierungs-abhängige Korrelation, wie sie in Mikrogliazellen beschrieben wurde, kann somit nicht auf Gliomzellen übertragen werden. Ob die Isoform Kv1.5 mit ihrer relativ stärkeren Expression in niedriggradigen Gliomen, d.h. also in höher differenzierten Tumoren, möglicherweise als „Differenzierungsmarker“ genutzt werden könnte, erfordert weitere Untersuchungen. Ferner ist eine Abklärung lohnens-wert, ob ihre Expression im Zusammenhang mit einem besseren klinischen Outcome steht und etwaige Korrelationen mit einer günstigeren Prognose nachweisbar sind, wie es für andere Kanalarten bereits beschrieben wurde (besseres klinisches Outcome bei Medulloblastomen mit bestimmter Genexpression, Pomeroy et al. 2002). Hinweise auf ein onkogenes Potential von hEAG1 (Überexpression in Tumoren, vgl. Pardo et al. 1999) liessen sich für einen Teil der humanen Gliome teilweise finden: die hEAG1-Expression war in einzelnen Gliomen erhöht. Allerdings fand sich kein Nachweis einer erhöhten Expression nur in höhermalignen Tumoren, im Gegenteil, dort fand sich sogar eine verminderte Expression. Bezüglich hERG1 korreliert die hohe Expression in Astrozytomen mit dem in der Literatur vermuteten hERG-assoziierten selektiven Vorteil für das Tumorwachstum. Auf Grund einer verminderten Expression in höhermalignen Gliomen ist die Bedeutung des Kanals allerdings für das maligne Wachstum von Hirntumoren fraglich. Anscheinend muss hinsichtlich seiner Funktion in Gliomen von der in nicht-neuralen Tumoren unterschieden werden.

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