Untersuchung adaptiver Prozesse an den Photorezeptor-Bandsynapsen ausgewählter Wirbeltierspezies

Language
de
Document Type
Doctoral Thesis
Issue Date
2015-02-23
Issue Year
2014
Authors
Sendelbeck, Anna
Editor
Abstract

Bandsynapsen sind spezielle chemische Synapsen, die in sensorischen Neuronen wie den Haarsinneszellen im Innenohr oder den Photorezeptoren der Retina vorkommen. Charakteristisch für diesen Synapsentyp ist eine präsynaptische,elektronendichte Struktur, das synaptische Band, das an der aktiven Zone verankert ist. Sensorische Neurone müssen in der Lage sein, eine große Bandbreite an Stimulusintensitäten zu übertragen. Deshalb sind Bandsynapsen auf eine schnelle, graduierte und tonische Ausschüttung von Neurotransmitter in Abhängigkeit vom Membranpotential der Neurone spezialisiert. In der Säugerretina wird an den Photorezeptor-Bandsynapsen der Neurotransmitter Glutamat ausgeschüttet, mit höchsten Freisetzungsraten im Dunkeln und einer kontinuierlichen Anpassung der Transmitterausschüttung an eine Zu- oder Abnahme der Lichtintensität. Damit gehören Photorezeptor-Bandsynapsen zu den komplexesten und leistungsfähigsten Synapsen im zentralen Nervensystem. Trotz intensiver Forschung ist jedoch noch weitestgehend unbekannt, welche Mechanismen und Proteine dazu beitragen, die Transmitterfreisetzung an den Photorezeptor-Bandsynapsen an verschiedene Lichtintensitäten anzupassen. Unsere Arbeitsgruppe konnte zeigen, dass strukturelle Veränderungen am synaptischen Band, der lange Zeit präferierte Mechanismus, keinen generellen Mechanismus zur Adaptation der Photorezeptor-Bandsynapse darstellen (Fuchs et al., 2013). Im Jahr 2009 stellten Jackman und Kollegen eine alternative Hypothese zur Funktion und Adaptation der Photorezeptor-Bandsynapse auf. Während die synaptischen Bänder der Zapfen-Photorezeptoren des Bahama-Anolis im Hellen gleichmäßig mit Vesikeln beladen sind, ist die Basis der Bänder im Dunkeln nahezu frei von Vesikeln. Die Autoren folgerten, dass sich das synaptische Band wie ein Kondensator verhält, der sich im Hellen mit Vesikeln belädt und diese beim Übergang ins Dunkel in einem phasischen Schub, gefolgt von einer tonischen Komponente, freisetzt (Jackman et al., 2009). In BL/6 Mäusen sind die Vesikel ebenfalls unterschiedlich verteilt, hier werden die Vesikel jedoch im Hellen von der Basis des synaptischen Bandes ferngehalten (Fuchs, 2012). Die Unterschiede in der Vesikelverteilung zwischen Anolis und Maus wurden auf einen Speziesunterschied zurückgeführt (Fuchs, 2012). Im ersten Teil meiner Doktorarbeit untersuchte ich auf lichtmikroskopischer Ebene mit histologischen und immuncytochemischen Methoden vergleichend die Retinae vier verschiedener Wirbeltierspezies: Maus (Mus musculus), Ratte (Rattus norvegicus), Degu (Octodon degus) und Axolotl (Ambystoma mexicanum). Auf elektronenmikroskopischer Ebene konnte ich zeigen, dass die Lebensweise – Tag- oder Nachtaktivität – der untersuchten Spezies mit der Vesikelverteilung am Photorezeptor synaptischen Band korreliert und dass die Vesikelverteilung möglicherweise für die Adaptation an längerfristig konstant bleibende Lichtverhältnisse wichtig ist. Außerdem konnte ich zeigen, dass die Geometrie der Photorezeptor Prä- und Postsynapse – der Winkel zwischen den invaginierenden postsynaptischen Horizontalzellfortsätzen und der präsynaptischen arciformen Dichte – sowie die Fläche der invaginierenden postsynaptischen Elemente (Horizontalzellfortsätze und Bipolarzelldendriten) in den Stäbchen-Terminalien bei adaptiven Prozessen an der Photorezeptor-Bandsynapse eine Rolle spielen. Nach der Identifikation verschiedener adaptiver Prozesse stellte sich die Frage, welche Proteine an diesen adaptiven Vorgängen beteiligt sein könnten. Bereits in meiner Masterarbeit identifizierte ich die Complexine (Cplxe) 3 und 4 als vielversprechende Kandidaten (Sendelbeck, 2011). Cplxe sind wichtige regulatorische Proteine des SNARE-Komplexes, der die Fusion der synaptischen Vesikel mit der Plasmamembran vermittelt. Bisher wurden vier Cplx Isoformen identifiziert, an den Bandsynapsen der Retina kommen ausschließlich die Cplxe 3 und 4 vor. Deshalb geht man davon aus, dass sie spezielle, an die tonische Transmitterfreisetzung der Bandsynapsen angepasste, Funktionen übernehmen, die bisher aber noch weitestgehend unverstanden sind. Im zweiten Teil meiner Doktorarbeit untersuchte ich deshalb, wie sich das Fehlen von Cplx3 und/oder 4 auf die verschiedenen, zuvor beschriebenen, adaptiven Prozesse auswirkt. Meine Ergebnisse zeigen, dass der Knockout bzw. der Doppelknockout von Cplx3 und/oder Cplx4 dazu führt, dass (a) die Vesikelverteilung am Photorezeptor synaptischen Band beeinträchtigt ist, (b) der Winkel zwischen den invaginierenden Horizontalzellfortsätzen und der arciformen Dichte zunimmt und (c) die Fläche der postsynaptischen Invaginationen der Horizontal- und Bipolarzellen in den Stäbchen-Terminalien zunimmt. Die Cplxe 3 und 4 übernehmen daher neben ihrer Rolle als SNARE-Komplex Regulatoren auch wichtige Funktionen bei adaptiven Prozessen an der Photorezeptor-Bandsynapse. Dafür spricht auch die erhöhte Proteinmenge an Cplx 3 und 4 in helladaptierten BL/6 Mäusen, die ich in Western-Blot Analysen fand. Außerdem erhielt ich mit einem in situ Proximity Ligation Assay einen Hinweis auf eine mögliche Interaktion von Cplx3 bzw. 4 mit Synaptotagmin 1. Der dritte und letzte Teil meiner Doktorarbeit umfasst meine Vorarbeiten zur Entwicklung eines FM1-43 Exocytose Imaging Assays an Retina-Vibratomschnitten und die Ergebnisse erster erfolgreicher Imaging-Vorversuche.

DOI
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