Kreatives Schreiben an der Hochschule. Interdisziplinäre Perspektiven auf kreative Schreibkompetenzen und Schreibprozesse von Studierenden. Eine qualitativ-empirische Untersuchung

Zusammenfassung

Die Dissertationsschrift fördert ein tiefgreifendes Verständnis eines der Schreibforschung zuträglichen Kreativitätsbegriffes und nimmt Bezug auf bekannte Vorurteile und Kritik gegenüber dem Kreativen Schreiben. Es wird untersucht, welche Anforderungen Kreatives Schreiben an Schreibende stellt, welche Determinanten es ab der Adoleszenz prägen und wie Kreativität und analytische Reflexion dabei zusammenspielen. Der theoretische Teil der Arbeit diskutiert dazu umfangreich und detailliert Konzepte und Erkenntnisse der Kreativitäts- und Schreibforschung. Im anschließenden empirischen Teil wird ein eigens entwickeltes mixed-method-Design vorgestellt, in dessen Rahmen drei voneinander unabhängige Untersuchungen zum Kreativen Schreiben erläutert und deren Ergebnisse abschließend zusammengeführt und bewertet werden. Ziel der Arbeit ist die (Weiter-)Entwicklung und Begründung eines hochschuldidaktischen Schreibkonzeptes inklusive eines Sets an Instrumenten, mit denen sowohl Schreibprodukte als auch Schreibprozesse differenziert analysiert, individuelle Verhaltensweisen erforscht und kreative Leistungen eingeschätzt werden können.

Im Rahmen eines dreijährigen Modellversuchs mit Studierenden wurden hierzu Synergien interdisziplinären Kreativen Schreibens und ästhetischen Gestaltens, Chancen und Grenzen mit qualitativen und quantitativen Methoden ebenso erforscht wie Möglichkeiten der Bewertung Kreativen Schreibens. Mithilfe eines für diese Untersuchung entwickelten Kriterienrasters zur Bewertung kreativer Leistungen beim Scheiben, das durch ein Rating-Verfahren mit fünf geschulten Ratern getestet wurde, konnte festgestellt werden, welche Aspekte von Kreativität beim Schreiben objektiv eingeschätzt werden können ‒ und das sowohl auf der Textprodukt- als auch auf der Schreibprozessebene.

Deutlich wurde, dass die Objektivität und Reliabilität der Bewertungen signifikant zunehmen, wenn Kriterien bei der Bewertung von Kreativität in Schreibprodukten zur Verfügung stehen. Die Rating von insgesamt 100 Texten von fünf Ratern weisen mehrheitlich große Übereinstimmungen auf ‒ nur bei einzelnen Kriterien sind die Rating stärker unterschiedlich. Klar wurde durch die Untersuchungen ebenfalls, dass tiefgründige Reflexionen über den eigenen Schreibprozess sehr häufig auch bei Studierenden zunächst konkreter Hilfestellung und Anleitung bedürfen, und sich die angestellten Reflexionen insgesamt mehrheitlich auf die Phase der Ideenfindung begrenzen. Für kreative und gleichzeitig ernsthafte Realisierungen von Schreibaufgaben hat sich herausgestellt, dass zu Beginn von Schreib- und Gestaltungsarrangements von Studierenden konkrete Vorgaben wie beispielsweise ein Rahmenthema oder detailliert strukturierte Arbeitsaufträge benötigt werden, während gleichzeitig für deren Ausgestaltung und Ausführung ein größtmöglicher Freiraum gewährleistet sein muss.

Aus hochschuldidaktischer Sicht testieren die Ergebnisse klare Synergien für die teilnehmenden Studierenden aufgrund einer stärkeren Interdisziplinarität in der akademischen (Lehrer-)Bildung. Diese äußern sich insbesondere in der (Weiter-)Entwicklung und Ausdifferenzierung von neuen Perspektiven auf Wahrnehmungen, Zusammenhänge, Darstellungsformen, Techniken und Verfahrensweisen beim Schreiben und kreativen Gestalten. In den studentischen Portfolio und erstellten „Besonderen Portraits“, die im Rahmen des dreijährigen Modellversuchs entstanden sind, wird dies besonders deutlich.

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