Die Steinartefakte aus dem Großen Schulerloch (Grabung Birkner 1915). Zur Rekonstruktion von Inventaren sowie zur Frage der kulturellen und chronologischen Einordnung eines alt gegrabenen Fundmaterials auf der Basis archäologischer Methoden

Language
de
Document Type
Doctoral Thesis
Issue Date
2007-08-27
Issue Year
2006
Authors
Beck, Marcus
Editor
Abstract

The thesis is based on the lithic artefacts excavated by Prof. Ferdinand Birkner in 1915. The combined analysis of raw material variants and work pieces, informations about stratigraphic positions of the finds, and various documents such as the original record of the excavators revealed that it is unlikely that the lithics had been found in primary condition. It can be proposed, however, that the sediments containing the lithics had originally been situated at the entrance of the cave and had been used to level the cave floor during the works conducted in the jears 1826-28. These works led to fundamental changes of the entrance area to ease access into the cave. Detailed typological and technological comparisions between the Schulerloch artefacts and 25 Middle Palaeolithic assemablages in the neighbourhood showed that tere are particular similarities with the inventories from the G-Layers of the Sesselfelsgrotte. The total amount of lithic artefacts yielded in the sediments of the Schulerloch Cave can be projected to 10000 or even more pieces > 2 cm perhaps belonging to assemblages similar to those of the G-Layers. The artefacts from Schulerloch Cave are the last bits of supposedly once more complete parts of chaine operatoires giving glimpses at the human cave use in the Middle Palaeolithic. A lot of different sporadic occupations can be reconstructed most of them characterised by the import of prepared cores and further knapping and preparation of the cores. Based on the similarities with the G-Layers of the Sesselfelsgrotte and also other sites the main part of the Schulerloch assemblage is supposed to date to the Interpleniglacial.

Abstract

Grundlage der vorliegenden Arbeit ist das lithische Fundmaterial aus dem Großen Schulerloch, Ldkr. Kelheim, wie es im Jahr 1999 im Magazin der Archäologischen Staatssammlung München vorgefunden wurde. Es stammt zu wesentlichen Teilen aus der Grabung Ferdinand Birkners von 1915, wenige Stücke waren bei den Schürfungen Alexander Oberneders in den Jahren davor geborgen worden; einzelne Stücke aus dem Privatbesitz der Höhleneigentümer ergänzen diesen Bestand. Es ist wahrscheinlich, daß die Fundstücke in der Höhle nicht in situ angetroffen wurden, sondern daß die Grabungen Oberneders und Birkners in umgelagertem Sediment stattfanden. Hinweise dafür lieferte unter anderem die Kombination der Positionsangaben auf den Fundstücken mit der Werkstückanalyse. Durch diese Methodik war es möglich, trotz der Unvollständigkeit des überlieferten Bestandes, ein ungefähres Bild von der Verteilung der Artefakte zum Zeitpunkt der Ausgrabung zu bekommen. Diese Rekonstruktion der Fundverhältnisse lieferte die notwendige Vorarbeit für die archäologische Bearbeitung des Fundmaterials, das auf der Grundlage formenkundlicher, typologischer und technologischer Merkmale mit 25 ausgewählten Vergleichsinventaren aus der nahen Umgebung der Fundstelle in Beziehung gesetzt wurde. Das wichtigste auf diesem Weg gewonnene Ergebnis ist, daß der Fundbestand aus dem Großen Schulerloch in seiner Masse den mittelpaläolithischen G-Schichten der Sesselfelsgrotte nahesteht. Vermutlich hat das Schulerloch ehemals einen Niederschlag von 10.000 - 13.000 Artefakten >2cm enthalten, was etwa dem halben Umfang der G-Schichten entspricht. Als Kristallisationspunkt der Parallelen und Übereinstimmungen ließ sich ein als „Kerninventar“ bezeichneter Bestand herausarbeiten. Er umfaßt 415 Artefakte, die in ihren typologisch-morphologisch-technologischen Charakteristika mit den G-Schichten weitgehend übereinstimmen. Das Kerninventar kann mehrere Inventare bzw. Teile davon umfassen, die aber nicht zu trennen waren. Es ist auf den Abbau und die Korrektur vorpräparierter und bereits teilweise abgebauter Kerne zurückzuführen. Belegt sind verschiedene typisch mittelpaläolithische Abbaukonzepte, wobei das diskoide Konzept weitgehend auf Kreidesilices beschränkt ist, während sich das Levalloiskonzept auf Juramaterialien konzentriert. Letzteres kommt mit einigen Varianten vor, wobei die zentripetale Methode nicht durch Restkerne belegt ist. Ein Teil der Werkzeuge wurde importiert. Das Kerninventar bildet die episodenhafte Nutzung der Fundstelle ab, längere und durchgehende Aufenthalte sind nicht wahrscheinlich. Vorgeschlagen wird eine Datierung des Kerninventars und damit des archäologisch faßbaren Schwerpunktes des Materials aus dem Großen Schulerloch in einen älteren Abschnitt des Interpleniglazials – in die Zeit zwischen 45.000 und 55.000 vor Heute.

DOI
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