Stadtentwicklung Erlangen-Röthelheimpark. Politisch-geographische Betrachtung eines Flächenrecyclingprozesses

Language
de
Document Type
Master Thesis
Issue Date
2006-05-31
Issue Year
2003
Authors
Mattausch, Karin
Editor
Abstract

Je besser die Mitglieder einer funktionierenden Demokratie den Ablauf politischer Entscheidungsprozesse verstehen, desto größer ist das Interesse, das sie der Politik entgegenbringen. Diese Arbeit beschäftigt sich daher mit der Frage, wie raumbezogene politische Entscheidungsprozesse ablaufen, und leistet damit einen Beitrag zu dem Vorhaben, Politik transparenter werden zu lassen und dadurch der Bevölkerung die Partizipation an dem sonst so undurchsichtigen politischen Leben zu erleichtern. Am Beispiel von drei Konflikten, die im Rahmen eines Flächenrecyclingprozesses in Erlangen aufgetreten sind, wurde mit Hilfe des theoretischen Konzepts zur handlungsorientierten Geographischen Konfliktforschung von Paul Reuber (1999) das Handeln der beteiligten Akteure untersucht. Dabei sollten nähere Informationen über die Beweggründe dieses Handelns und über dessen Auswirkungen auf den Konfliktverlauf gewonnen werden. Das Konzept der Geographischen Konfliktforschung nach Reuber setzt sich aus verschiedenen sozialwissenschaftlichen Forschungsansätzen zusammen. Grundlage ist dabei die konstruktivistische Perspektive. Demnach basieren alle Handlungen eines Akteurs auf der Art und Weise, wie er seine Umwelt subjektiv wahrnimmt und bewertet. Objektive Wahrnehmung wird in dem Zusammenhang negiert. Vor diesem Hintergrund werden die Handlungen des Akteurs betrachtet. Im Sinne von Werlens (1995, 1997) methodologischem Individualismus und der Strukturationstheorie von Giddens (1988) ist eine individuelle Handlung ein „Produkt soziokultureller, physisch-materieller und individuell-subjektiver Komponenten“ (Reuber 1999). Darauf aufbauend wird es auch möglich, die Handlungen von Akteursgruppen zu analysieren, sofern man davon ausgeht, daß die einzelnen Mitglieder der Gruppe über identische Zielvorstellungen verfügen und einheitlich handeln. Mit Hilfe verschiedener Teilkonzepte (Rational- und Public-Choice-Theorie, Konzept der Macht, dreifache Subjektivierung des Raumes) können diese Komponenten einer Handlung angemessen untersucht und in einen Gesamtzusammenhang gestellt werden: 1. Die Rational-Choice-Theorie besagt, daß ein Akteur immer so handelt, daß er dadurch den größtmöglichen Nutzen erzielt. Im Gegensatz zum gewinnoptimierenden Homo Oeconomicus können diesen Handlungen auch emotionale oder intuitive Motive zugrunde liegen. Ausgangspunkt ist dabei, nach dem Prinzip des Konstruktivismus, die unvollständige und subjektive Raum-/Situations-Wahrnehmung des Akteurs. In Kombination mit den soziopolitischen „Spielregeln“ kristallisieren sich für ihn verschiedene Handlungsalternativen heraus, von denen er sich für diejenige entscheidet, die ihn den meisten Nutzen erwarten läßt. Die Bedeutung der „Spielregeln“ wird in der Theorie des Public-Choice beschrieben. Demnach stellen diese Regeln und Normen den Rahmen dar, innerhalb dessen der Akteur seine Handlungen wählen sollte. Entscheidet er sich für eine Alternative, die dem Gemeinwohl langfristig schaden zufügen könnte, greifen im Idealfall die Sanktionierungsmaßnahmen des Systems, indem sie ihn daran hindern, diese Handlungen auszuführen oder ihn nachträglich dafür bestrafen. 2. Ein weiterer Einflußfaktor ist die Macht des Akteurs, d.h. seine Position im gesellschaftlichen System, seine allokativen Ressourcen (z.B. Geld- und Grundbesitz), seine persönlichen Eigenschaften (z.B. Überzeugungskraft) und seine damit verbundenen Handlungsmöglichkeiten. 3. Die räumlichen Ressourcen werden im Konflikt in der Form wirksam, wie sie von den Beteiligten wahrgenommen werden. Nach dem Konzept der „dreifachen Subjektivierung des Raumes“ nimmt ein Akteur den Raum nicht nur subjektiv wahr, sondern er entwickelt – basierend auf seiner Wahrnehmung – subjektive raumbezogene Zielvorstellungen und stellt den Raum schließlich im Rahmen der Auseinandersetzung mit anderen Akteuren strategisch verzerrt dar, um seine persönlichen Ziele durchzusetzen. Die Folgen der Handlungen können schließlich wiederum Auswirkungen auf die Raumwahrnehmung der Akteure haben. Aus der Wechselwirkung dieser Teilaspekte ergeben sich die Handlungen der einzelnen Akteure. Durch Rekonstruktion eines Konflikts wird es weitgehend möglich, diese Einflußgrößen zu erkennen und ihre Bedeutung für den konkreten Fall zu bestimmen. Daraus lassen sich allgemeine Erkenntnisse über das Handeln von Akteuren im Konflikt ableiten.

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