Determinanten der beruflichen Belastung bei jungen Lehrerinnen und Lehrern: Eine Längsschnittstudie

Language
de
Document Type
Doctoral Thesis
Issue Date
2005-06-10
Issue Year
2005
Authors
Candova, Antonia
Editor
Abstract

The thesis investigates the influence of dispositional and situational characteristics and their interaction on job-related stress in young teachers. The data originate from the prospective longitudinal study Careers in mathematics, focused on the professional careers of graduates in mathematics. During the study, 266 mathematics teachers were questioned in three surveys: immediately after graduation, as well as 2 and 4.5 years later. Our working model, based on Abele’s (2002) career- and life-planning model, is extended by some aspects of Rudow’s (1994) model of stress and strain in the teaching profession. Our hypotheses suggested that the dispositional and situational factors do not only influence stress and complaints in a direct way, but also indirectly, through the expectations and goals. In terms of the interactionistic approach, the dispositional characteristics, expectations and goals were supposed to have a moderating influence on the relation between situational factors and stress. Furthermore, reciprocal relations between the outcome-variables were postulated. The general hypotheses were concretized in accordance with the previous empirical research and were tested by regressions and path analysis. The collected data supported the working model. Dispositional characteristics, expectations and goals were shown to have the strongest influence on the subjective stress experience. The difference between male and female teacher’s job-related stress was negligible. Female teachers showed a higher complaints level, confirming this as a general tendency in women. Job-related self-efficacy expectations, agency, neuroticism and consciousness predicted job-related stress. The influence of agency and workplace-related negative social relationships on teacher-specific stress was mediated by job-related self-efficacy expectations. Complaints were predicted by neuroticism and agency. Job-related orientations and goals, the influence of which on stress in teachers had not been tested before, manifested themselves as significant predictors. Specifically, relationship, work-environment and autonomy goals, as well as part-time-job orientation and integrational orientation increased job-related stress. Prestige goals and triphase orientation did predict later complaints. Social support, parentship and partnership had different effects on the stress and complaints, depending on expectations, goals and personality. On the other hand, the influence of objective job-related characteristics was weak. Only discrimination experience had a direct influence on teacher’s stress. The influence of negative social relationships on teacher’s stress was mediated by job-related self efficacy expectations. The postulated reciprocal relations between outcome-variables were validated for general job-related stress and job satisfaction. The concept of complaints as a long-term result of stress could also be validated. In comparison with a sample of mathematics-graduates in other occupational fields, the teacher sample showed a selection effect affecting job-related expectations and goals. Teachers differed strongly from other professional groups in job-related expectations and goals, which correlated or even predicted a strong subjective stress experience. Specifically, expectations, which correlated with reduced job engagement (part-time-job, triphase model), were much stronger in teachers. The results are discussed with respect to the working model as well as to top-down-, bottom-up- and interactionistic approach. We make some recommendations regarding an implementation of entrance tests for teacher training course and possible improvements of teacher’s education. Finally, we discuss adjustments of teacher’s job setup and improved stress management training.

Abstract

In der vorliegenden Arbeit wird geprüft, ob berufliche Belastung bei jungen Lehrerinnen und Lehrern von Personenmerkmalen (Top-down-Ansatz), Umweltmerkmalen (Bottom-up-Ansatz) und/oder der Interaktion zwischen Merkmalen der Person und Situation beeinflusst wird. Die Daten stammen aus der prospektiven Längsschnittsstudie Berufsverläufe in der Mathematik, die sich mit der beruflichen Entwicklung von Mathematikabsolvierenden (Diplom und Lehramt) befasst. Hier werden Daten von 266 aktuell berufstätigen Mathematiklehrerinnen und -lehrern ausgewertet, die zum ersten Mal gleich nach dem Examen, zum zweiten Mal zwei Jahre später und zuletzt knapp fünf Jahre nach dem Studienabschluss befragt wurden. Das hier zugrunde gelegte Arbeitsmodell basiert auf dem Modell der Lebensplanung in Beruf und Privatleben von Abele (2002), das um weitere Komponenten des Rahmenmodells der Belastung und Beanspruchung im Lehrerberuf von Rudow (1994) ergänzt wurde. Die aus dem Arbeitsmodell abgeleiteten allgemeinen Hypothesen besagen, dass Personen- und Umweltvariablen sich direkt und indirekt über Erwartungen und Ziele auf Belastung und Beschwerden auswirken. Im Sinne des interaktionistischen Ansatzes wird ein moderierender Einfluss von Personenvariablen, Erwartungen und Zielen auf die Beziehung zwischen Umweltvariablen und Belastung bzw. Beschwerden angenommen. Außerdem werden wechselseitige Beziehungen zwischen einzelnen Ergebnisvariablen postuliert. Diese allgemeinen Hypothesen werden aufgrund bisheriger empirischer Befunde spezifiziert und mit Hilfe von Regressions- und Pfadanalysen geprüft. Das Arbeitsmodell konnte anhand der Daten weitgehend bestätigt werden. Aus den Ergebnissen geht hervor, dass Personenvariablen, Erwartungen und Ziele den stärksten Einfluss auf das Belastungserleben haben. Lehrerinnen und Lehrer unterscheiden sich bezüglich Belastungserlebens kaum. Bei Lehrerinnen zeigt sich eine höhere Beschwerdeneigung, die aber bei Frauen generell besteht. Berufliche Selbstwirksamkeitserwartungen, Instrumentalität, Neurotizismus und Gewissenhaftigkeit sagen berufliche Belastung voraus. Berufliche Selbstwirksamkeitserwartungen vermitteln auch den Einfluss von Instrumentalität und perzipierten negativen Beziehungen am Arbeitsplatz auf lehrerspezifische Belastung. Beschwerden werden von Neurotizismus und Instrumentalität voraussagt. Als bedeutsame Prädiktoren haben sich des Weiteren berufsbezogene Orientierungen und Ziele erwiesen, deren Einfluss auf das Belastungserleben bei Lehrern erstmalig untersucht wurde. Insbesondere Beziehungs-, Arbeitsumwelt- und Autonomieziele sowie Teilzeit- und Integrationsorientierung haben einen fördernden Einfluss auf berufliche Belastung. Prestigeziele und Drei-Phasen-Orientierung sagen Beschwerden zum späteren Zeitpunkt voraus. Im Sinne des interaktionistischen Ansatzes wirken sich soziale Unterstützung, Partnerschaft und Elternschaft in Abhängigkeit von unterschiedlichen Erwartungen, Zielen sowie bestimmten Persönlichkeitseigenschaften unterschiedlich auf Belastung und Beschwerden aus. Die Einflüsse von objektiven Berufsmerkmalen sind dagegen nur schwach. Von den perzipierten Arbeitsbedingungen wirken sich lediglich Benachteiligungserfahrungen direkt und negative Beziehungen am Arbeitsplatz indirekt über berufliche Selbstwirksamkeitserwartungen auf lehrerspezifische Belastung und Beschwerden aus. Was die postulierten wechselseitigen Beziehungen zwischen einzelnen Ergebnisvariablen betrifft, wurden diese für allgemeine Belastung und Arbeitszufriedenheit bestätigt. Die Auffassung von Beschwerden als Langzeitfolgen von Belastung und Stress konnte auch bestätigt werden. Beim Vergleich der vorliegenden Stichprobe mit Mathematikabsolvierenden in anderen Berufsfeldern zeigte sich ein Selektionseffekt, der berufsbezogene Erwartungen und Ziele betrifft. Lehrer unterscheiden sich von anderen Berufsgruppen stark in den berufsbezogenen Erwartungen und Zielen, die mit einem ungünstigeren Belastungserleben zusammenhängen oder es gar voraussagen. Insbesondere Erwartungen, die mit einem reduzierten Berufsengagement zusammenhängen (Teilzeit, Drei-Phasen-Modell) sind bei Lehrern viel stärker ausgeprägt. Die Befunde werden in Bezug auf das Arbeitsmodell sowie den Top-down-, Bottom-up- und den interaktionistischen Ansatz diskutiert. Abschließend werden Empfehlungen bezüglich Einführung von Eignungsprüfungen für das Lehramtsstudium und Verbesserung der Lehrerausbildung abgeleitet. Außerdem werden Veränderungsmöglichkeiten der Gestaltung von Lehrertätigkeit sowie Kompetenzstärkung und Entwicklung eines besseren Stressmanagements bei Lehrern diskutiert.

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