Einfluss der thermischen Prozessführung auf die Eigenschaften von Graphitformteilen, hergestellt durch Pulverspritzguss von Mesophasen-Kohlenstoff

Language
de
Document Type
Doctoral Thesis
Issue Date
2008-11-19
Issue Year
2007
Authors
Rottmair, Christian Anton
Editor
Abstract

Carbonaceous mesophase is a promising precursor to produce high strength micro grain graphite. Unfortunately, compacting mesophase powders with automated die shaping processes is difficult, since these fine powders have a strong tendency to agglomerate and thus exhibit a bad pourability. Another major disadvantage of this method is the inhomogeneous density distribution in the specimens, arising from the production technique. Furthermore, the complexity of the final product is limited to simple shapes. For more complex parts, expensive mechanical postprocessing is inevitable. To provide a net-shape technique for complex as well as thick-walled carbon parts, a powder injection molding (PIM) process has been developed, by using a water-based binder system. Since water can be removed by mere drying, the critical overlap of binder removal and pyrolysis / sintering of mesocarbon is avoided. However, specimens produced with the above mentioned process show significant lower densities and lower mechanical properties compared to uniaxially pressed parts. To overcome these disadvan-tages, the present study evaluates the sintering behavior of samples molded with meso-carbon microbead (MCMB) powder. In a first approach the influence of the heating rate and pressure during the sintering of pressed MCMB bars was studied by characterizing the changes in density, Young’s Modulus and flexural strength after calcination and graphitization. Results show, that the mechanical properties of MCMB based graphite primarily depend on the sintering step. As this work indicates, the mechanical properties of pressed MCMB parts can be improved by either adapting the heating profiles towards higher mass loss rates or by applying inert gas pressure during the sintering. These changes enhance the liquid phase sin-tering mechanism and strengthen the Matrix-MCMB-spheres interface. As further experiments show, the obtained results do also apply for injection molded specimens. In a theoretical approach the sintering and densification mechanisms occurring during the change of the mesophase towards graphite material is described. The shrinkage itself could be calculated applying a simple geometric model. The mechanical properties of the injection molded graphite are promising and show the economic potential of this newly developed net-shape process in comparison to conven-tional machining.

Abstract

Bei der klassischen Herstellung von Fein- und Feinstkorngraphiten durch das isostatische oder axiale Pressen von Koks mit einer Binderphase aus Pech und anschließendem Kalzinieren und Graphitieren kann nur poröses Material mit limitierten mechanischen Kennwerten produziert werden. Durch die nur bei Mesophasenpulvern auftretenden selbstsinternden Eigenschaften ist es möglich, Material mit Porositäten um 8 Vol.% zu erreichen. Nachteilig beim Einsatz von Mesophasenpulver ist deren schlechte Rieselfähigkeit und ihre Tendenz zur Agglomeratbildung, die eine weitgehende Automatisierung der Herstellungsprozesse verhindern. Die darstellbare Geometrie der Formkörper ist durch die Beschränkung auf Pressverfahren limitiert, so dass zum Beispiel Hinterschneidungen nur bedingt und mit sehr aufwendigen Matrizenkonstruktionen möglich sind. Im Bereich der Pulvermetallurgie hat sich bei komplex geformten Massenteilen der Pulverspritzguss als Alternative zu den Pressverfahren in der Fertigung etabliert. Dabei wird das Metallpulver mit einer organischen Binderphase versetzt und bei moderaten Temperaturen zwischen 70 °C und 180 °C in die gewünschte Form gespritzt. In einer nachfolgenden thermischen Behandlung wird der Binder ausgetrieben und die Teile auf die gewünschte Enddichte gesintert. Mit dem Einsatz sinterfähiger Kohlenstoff-Mesophasenpulver scheint es erfolgversprechend, die Technologie des Pulverspritzgusses auf die Produktion komplex geformter, graphitischer Teile zu übertragen. Im ersten Teil dieser Arbeit wird der Einfluss der Prozessparameter wie Inertgasdruck, Art der Gasatmosphäre und der Heizraten beim Karbonisieren und Graphitieren auf die Eigenschaften uniaxial gepresster Formteile aus Mesophasenmaterial untersucht. Dabei zeigt sich, dass Dichte, Festigkeit und Elastizitätsmodul des resultierenden Materials sich durch schnellere Prozesse mit höheren Massenverlustraten oder einer Druckbeaufschlagung während des Sinterns steigern lassen. Jedoch ist die Heizrate nach oben beschränkt, denn ab einem bestimmten Grenzwert erfolgt ein Aufschäumen des Materials und eine Zerstörung des Formteils. Ein Vergleich des Bruchbildes schnell oder druckbeaufschlagt gesinterter Proben mit Referenzkörpern zeigt einen Wechsel des Bruchbildes. Langsam gesinterte Probekörper weisen ein raues, transgranulares Bruchbild mit vielen ausgerissenen Sphärolithen auf, schnell gesinterte Formkörper bzw. unter Druckbeaufschlagung gesinterte Teile zeigen ein glatteres, intragranulares Bruchbild, d.h. der Bruchverlauf erfolgt gleichmäßig innerhalb der Mesophasensphärolithen und der Matrix. Die besten mechanischen Werte werden mit uniaxial gepressten Proben erzielt, die mit einem Prozess mit einer Massenverlustrate von 0,1 %min-1 gesintert wurden. Diese Proben weisen eine Biegefestigkeit von 98 MPa bei einem Elastizitätsmodul von 15 GPa auf. Im zweiten Teil der vorliegenden Arbeit erfolgt die Übertragung der im ersten Teil gewonnenen Erkenntnisse auf die Glühbehandlungen von im Spritzguss hergestellter Formteile aus Kohlenstoffmesophase. Die Herausforderung besteht dabei darin, einen durch die Entfernung des zur Verarbeitung im Spritzguss notwendigen Bindersystems hochporösen Formkörper zu einem Bauteil mit maximaler Enddichte und hoher mechanischer Belastbarkeit zu sintern. Im Wesentlichen lassen sich die Erkenntnisse aus dem ersten Teil auf die spritzgegossenen Formteile übertragen, die im Vergleich zu den Pressproben geringeren Gründichten lassen jedoch wesentlich höhere Heizraten und Masseverlustraten (bis zu 0,2 %min-1, ohne eine Schädigung des Bauteils) beim Karbonisieren zu. Allerdings liegen die erzielbaren mechanischen Eigenschaften mit einer max. Biegebruchfestigkeit von 55 MPa und einem Elastizitätsmodul von 12 GPa deutlich unter den mit Pressverfahren erreichbaren Werten. Dies konnte im Rahmen dieser Arbeit vor allem auf die zu geringe Sinterfähigkeit der verwendeten Mesophasen zurückgeführt werden. Ein Vergleich der Reindichte und der geometrischen Dichte über den gesamten Wärmebehandlungsprozess hinweg verdeutlicht, dass eine Verdichtung im Sinne einer Halsbildung und Porenelimination nicht stattfindet. Diese Theorie wird auch durch ein einfaches geometrisches Modell (Norfolk) gestützt, mit dem sich der Bauteilschwund allein auf den Schwund der einzelnen Mesophasensphärolithen zurückgeführt werden kann. Der positive Einfluss höherer Massenverlustraten und höherer Drücke wird mit einem kombinierten physikalisch-chemischen Modell basierend auf Veröffentlichungen von Hoffmann erklärt. Die in dieser Arbeit erreichten Werkstoffkennwerte lassen einen Einsatz des Pulverspritzgusses zur Produktion komplex geformter, graphitischer Teile (z.B. Wälzlagerkäfige) durchaus als ökonomische Alternative zur spanenden Bearbeitung erscheinen.

DOI
Document's Licence
Faculties & Collections
Zugehörige ORCIDs