Neuronale Korrelate sozialer Interaktion beim Menschen und deren genetische Modulation unter besonderer Berücksichtigung des Spiegelneuronensystems

Neuronal correlates of social interaction in humans and their genetic modulation with special regard to the mirror neuron system

Please always quote using this URN: urn:nbn:de:bvb:20-opus-81182
  • Die in vielen Lebenssituationen über Erfolg und Misserfolg, Sympathie und Antipathie entscheidende, unterschiedlich ausgeprägte Fähigkeit zur sozialen Interaktion ist Gegenstand neurowissenschaftlicher Untersuchungen. Die Versuche einer kortikalen Lokalisierung führten zur Beschreibung des Spiegelneuronensystems (SNS) in Hirnregionen, die sowohl beim Ausführen einer Aktion Aktivität zeigten als auch beim Beobachten derselben beim Gegenüber. Die stärkste Aktivierung dieser Areale wurde bei schrittweise abwechselnder Ausführung einer Aufgabe inDie in vielen Lebenssituationen über Erfolg und Misserfolg, Sympathie und Antipathie entscheidende, unterschiedlich ausgeprägte Fähigkeit zur sozialen Interaktion ist Gegenstand neurowissenschaftlicher Untersuchungen. Die Versuche einer kortikalen Lokalisierung führten zur Beschreibung des Spiegelneuronensystems (SNS) in Hirnregionen, die sowohl beim Ausführen einer Aktion Aktivität zeigten als auch beim Beobachten derselben beim Gegenüber. Die stärkste Aktivierung dieser Areale wurde bei schrittweise abwechselnder Ausführung einer Aufgabe in Koordination mit einem Partner, kurz abwechselnde soziale Aktion, erreicht. In der Autismus-Forschung fanden sich in bildgebenden Studien Belege für eine Dysfunktion des SNS, damit übereinstimmend waren die diesem System zugeschriebenen Fähigkeiten defizitär. Die genetische Forschung hat zeigen können, dass verschiedene Persönlichkeitseigenschaften mit genetischen Polymorphismen korrelieren. Von besonderem Interesse ist in diesem Zusammenhang der funktionelle Polymorphismus der Promotor Region des Serotonin–Transporter-Gens, der in verschiedenen Allelkombinationen aus S (Short)- und L (Long)– Varianten besteht, wobei die SS-Homozygotie bisher überwiegend mit negativ konnotierten Eigenschaften wie erhöhter Ängstlichkeit und ausgeprägter Hypervigilanz, einer Überempfindlichkeit auf äußere Reize mit stärkerer neuronaler Schreckreaktion, verknüpft wurde. Ziel der vorliegenden Studie war es, die Beziehungen zu untersuchen zwischen Persönlichkeitseigenschaften, insbesondere solcher aus dem Autismusspektrum, genetischen Polymorphismen (SERT, COMT) und kortikaler Aktivität unter Spiegelneuronen-Provokation. Dabei wurde die Hypothese aufgestellt, dass SS-Allelträger unter SNS-aktivierenden Versuchsbedingungen eine höhere kortikale Aktivität zeigen als LL-Allelträger. Weiterhin wurde überprüft, ob nachteilige Persönlichkeitseigenschaften aus dem Asperger-Spektrum invers korrelieren mit der Ausprägung kortikaler Aktivität unter Spiegelneuronen-Provokation. Unter Verwendung eines pseudorandomisierten Blockdesigns wurde bei 59 Probanden mittels der Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) unter alltagsnahen Versuchsbedingungen die kortikale Aktivität in drei definierten Hirnarealen (IPL, PMC und IFG) gemessen. Diese Daten wurden dann in Beziehung gesetzt zu den Ergebnissen der Genotypisierung und den ermittelten Persönlichkeitseigenschaften. Letztere wurden auch auf Korrelation mit den Genotypen (SERT, COMT) untersucht. Aktivierungsüberschneidung, definiert als kortikale Aktivität sowohl bei der Beobachtungs- als auch bei der alleinigen Ausführungsbedingung, als Charakteristikum des SNS, konnte in allen untersuchten Arealen nachgewiesen werden. Dabei ergab das abwechselnde Agieren als Prototyp der sozialen Interaktion die höchsten Werte. Für den SERT-Polymorphismus ergab sich im IPL-Kanal 40 ein deutlicher Einfluss der SS-Homozygotie. Für den COMT-Polymorphismus konnte kein Einfluss nachgewiesen werden. Im Vergleich der SERT-Genotypen mit den erfassten Persönlichkeitseigenschaften ergab sich ein signifikantes Ergebnis für den SS-Genotyp. Die für kompetente soziale Interaktion erforderliche Fähigkeit zum Attention Switching war bei SS-Allelträgern stärker ausgeprägt. Für diese in einer Asperger-Test-Subskala erfasste Persönlichkeitseigenschaft konnte zusätzlich im Vergleich mit der kortikalen Aktivitätsmessung eine begrenzte statistische Korrelation erfasst werden, indem unter den LL-Homozygoten der Kontrast der kortikalen Aktivität zwischen abwechselndem und alleinigem Ausführen bei geringerer Attention-Switching-Pathologie ausgeprägter war. Zusammenfassend lassen sich die Ergebnisse einordnen in Studien zum SNS, da hier mithilfe der fNIRS-Methodik kortikale Aktivität bei geeigneter realitätsnaher Provokation in den Arealen PMC, IFG und IPL nachweisbar war. Berichte zu erhöhter kortikaler Aktivität bei prototypischer sozialer Interaktion, hier dem abwechselnden Ausführen von Teilaufgaben, in Arealen, die sich dem SNS zuordnen lassen, werden durch die vorliegenden Daten gestützt. Die vorliegende Arbeit liefert erstmalig Daten zur Unterstützung der zentralen Hypothese einer Korrelation zwischen der mit fNIRS gemessenen kortikalen Aktivierung und unterschiedlichen Genotypen. SS-Allelträger zeigten eine höhere kortikale Aktivität im IPL-Kanal 40 bei prototypischer sozialer Interaktion im Vergleich zu den LL-Allelträgern. Zusätzlich gelang der Beleg für die Annahme einer Verknüpfung der SS-Homozygotie mit ausgeprägterem Attention Switching. Dies lässt sich einordnen in die These von Homberg und Lesch, die für die SS-Homozygotie aus evolutionstheoretischen Erwägungen eine bessere Ausprägung von Grundvoraussetzungen für erfolgreiche soziale Integration postulierten, da dieser Genotyp ansonsten durch die bisher assoziierten Eigenschaften wie erhöhter Ängstlichkeit, stärkerer Schreckreaktion und dem gehäuften Auftreten von Depressionen und Suizidalität in der Evolution kaum überlebt hätte.show moreshow less
  • The ability for social interaction - often crucial for success or failure, sympathy or antipathy is developed differently among people. Currently neuroscientific research has tried to localize this function within the cerebral cortex. This has led to description of the mirror neuron system (MNS) in cortical regions that show activity both while executing a task and while merely observing action carried out by a counterpart. Cortical activity was strongest in these areas when defined steps of a task had to be performed in coordination with aThe ability for social interaction - often crucial for success or failure, sympathy or antipathy is developed differently among people. Currently neuroscientific research has tried to localize this function within the cerebral cortex. This has led to description of the mirror neuron system (MNS) in cortical regions that show activity both while executing a task and while merely observing action carried out by a counterpart. Cortical activity was strongest in these areas when defined steps of a task had to be performed in coordination with a partner, i.e. with alternate social action. In the field of autism research neuro-imaging could show dysfunction of MNS accompanied by deficiency of personality traits that are attributed to the MNS. Furthermore genetic research could show a correlation between different personality traits and genetic polymorphisms. In this regard attention has been drawn to the functional polymorphism of the promoter of the serotonin-transporter-gene (5-HTTLPR = Serotonin Transporter linked polymorphism region). Short (S) and long (L) variants have been identified with the SS homozygous type being associated with mainly negative traits like increased anxiety, pronounced hypervigilance and hypersensitivity towards external stimuli leading to boosted startle response. This study aimed to examine the relationship between the following three variables: personality traits, especially those that are of importance within the autistic spectrum, genetic polymorphism (SERT, COMT) and cortical activity under provocation of MNS. Using a pseudo-randomized study design the cortical activity in three specified regions of the brain (IPL, PMC, IFG) was measured by the functional Near-Infrared-Spectroscopy (fNIRS) while 59 probands had to perform tasks from everyday life under controlled conditions. In order to give different stimuli to the MNS, four different test conditions were used. In condition 1 the proband who sat vis à vis the experimenter just watched him setting a table with five utensils and clearing it. In condition 2, 3 and 4 he had to do the same either alone, by moving every piece together with the leader or by alternately moving the pieces with him. The cortical activity recorded was put into relation to the results of genotypification and the personal traits derived from a set of questionnaires. The latter were also tested for correlation with the genotypes mentioned above. MNS activity as defined above could be detected in all three regions of interest. The four conditions led to considerable differences in cortical activity. Alternating action between proband and investigator as the prototype of social interaction showed the highest values. For SERT-polymorphism channel 40 in IPL showed significant influence of SS-homozygocity. The contrast between alternating and sole execution was more pronounced by carriers of the SS-allel than by carriers of the LL-allel. There were no differences within COMT-polymorphism. Within the SERT-polymorphism SS-genotypes showed a correlation with certain personal traits. The ability for attention switching, crucial for competent social interaction, was noticeably stronger here than with LL-Genotype. This trait was measured with a subscale of the Asperger test questionnaire. Analyzed in relation to the measurements of cortical activity it could be shown that among the LL-carriers the contrast between alternating and lone execution was bigger in the group that had less deficits with attention switching. In summary the results are in concordance with other studies aimed at MNS since they showed cortical activity by the fNIRS-method in the regions IPL, PMC and IFG in reaction to provocation in a realistic manner. In addition there is evidence to suggest neuronal crosslinking for this activity outside the areas associated with the MNS. Reports of increased cortical activity during prototypical social interaction, in this case alternating execution of subtasks, are supported by our results. For the first time data of this study supported the hypothesis of a correlation between different genotypes and cortical activity measured by the fNIRS-method. Carriers of the SS-allel showed higher cortical activity in IPL-channel 40 during prototype social interaction as compared to carriers of the LL-allel. Furthermore it could be shown that the SS-variant of SERT-polymorphism was correlated with better performance in attention switching. This supports the thesis of Homberg and Lesch who postulated that carriers of the SS-allel are better prepared for successful social interaction, otherwise they had not survived during evolution because of the other associated traits like increased anxiety, stronger startle response and frequent occurrence of depression and suicidal tendency.show moreshow less

Download full text files

Export metadata

Additional Services

Share in Twitter Search Google Scholar Statistics
Metadaten
Author: Andrea Cordes
URN:urn:nbn:de:bvb:20-opus-81182
Document Type:Doctoral Thesis
Granting Institution:Universität Würzburg, Medizinische Fakultät
Faculties:Medizinische Fakultät / Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie
Date of final exam:2013/08/01
Language:German
Year of Completion:2013
Dewey Decimal Classification:6 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften / 61 Medizin und Gesundheit / 610 Medizin und Gesundheit
GND Keyword:Soziale Interaktion
Tag:Attention Switching; SERT; Spiegelneuronensystem
Attention Switching; Mirror neuron system; SERT; Social interaction
Release Date:2013/09/09
Advisor:PD Dr, Martin Herrmann
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht