Gedächtnisentwicklung im Vor- und Grundschulalter : eine mikrogenetische Studie zur Untersuchung semantischer Organisationsstrategien

Memory Development in pre-school and elementary school-aged children: A microgenetic study researching semantic organization strategies

Please always quote using this URN: urn:nbn:de:bvb:20-opus-15990
  • Gedächtnisstrategien stellen einen wichtigen Motor für die kontinuierliche Zunahme der Gedächtnisleistung bei Kindern im Vor- und Grundschulalter dar. Dabei wurde die Strategieentwicklung in den vergangenen Jahren bereits intensiv erforscht, wobei die Ergebnisse dieser Forschung in Abhängigkeit von der Untersuchungsmethode, der fokussierten Strategie und der Aufgabenschwierigkeit stark differierten. Die vorliegende Untersuchung wurde deshalb zur Klärung der folgenden kontrovers diskutierten Fragestellungen durchgeführt: Aus den Vorbefunden zurGedächtnisstrategien stellen einen wichtigen Motor für die kontinuierliche Zunahme der Gedächtnisleistung bei Kindern im Vor- und Grundschulalter dar. Dabei wurde die Strategieentwicklung in den vergangenen Jahren bereits intensiv erforscht, wobei die Ergebnisse dieser Forschung in Abhängigkeit von der Untersuchungsmethode, der fokussierten Strategie und der Aufgabenschwierigkeit stark differierten. Die vorliegende Untersuchung wurde deshalb zur Klärung der folgenden kontrovers diskutierten Fragestellungen durchgeführt: Aus den Vorbefunden zur Strategieentwicklung lassen sich verschiedene defizitäre Phasen ableiten, die die Kinder im Zusammenhang mit dem Erwerb einer bestimmten Strategie durchlaufen sollen. Während einer dieser Phasen wenden die Kinder eine Gedächtnisstrategie zwar spontan an, erreichen damit aber keinen Gewinn für ihre Gedächtnisleistung („Nutzungsdefizit“). Da die Inzidenz des Nutzungsdefizits in Abhängigkeit von verschiedenen Variablen stark unterschiedlich angegeben wird, sollte die vorliegende Arbeit klären, ob es sich bei diesem Defizit um ein Rand- oder generelles Entwicklungsphänomen handelt und welche Einflussfaktoren als verantwortlich für sein Auftreten angesehen werden können. Eine zweite Frage der vorliegenden Arbeit richtet sich auf intraindividuelle Entwicklungsverläufe beim Strategieerwerb. Daten aus Querschnittstudien sprechen für einen eher kontinuierlichen Erwerb von Gedächtnisstrategien, während Längsschnittuntersuchungen eine sprunghafte Entwicklung nahe legen. Die Anwendung unterschiedlicher Untersuchungsmethoden sollte in der vorliegenden Studie Aufschluss über den Verlauf der Entwicklung von Gedächtnisstrategien im Vor- und Grundschulalter geben. Ein großer Teil der bereits vorliegenden Studien zur Strategieentwicklung fokussierte auf eine einzige Gedächtnisstrategie. In der vorliegenden Untersuchung wurden verschiedene Strategien und die Auswirkung ihrer Interaktion auf die Gedächtnisleistung näher betrachtet. Um die verschiedenen Fragestellungen zu klären, wurden 492 Kinder mit einer semantischen Organisationsaufgabe sowie im Hinblick auf andere kognitive Variablen untersucht. Das Design der Untersuchung lässt sich als mikrogenetisch charakterisieren, wobei die Gedächtnis- und Strategieleistungen zu fünf verschiedenen Zeitpunkten in kurzer Abfolge überprüft wurden. Als weitere unabhängige Variablen wurden das Alter der Kinder (Kindergarten 4 Jahre, Kindergarten 5 Jahre, 1. Klasse, 2. Klasse), die Aufgabenschwierigkeit (leicht, schwer) sowie die Strategieinstruktion (Sortier-Instruktion, Cluster-Instruktion, keine Instruktion) variiert. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung bestätigen grundsätzlich Vorbefunde, nach denen das Sortiermaß die Fertigkeit zur semantischen Organisation besser repräsentiert als das Clustern. Die Transferleistung einer instruierten Strategie hing insbesondere vom Alter der Kinder ab – so profitierten Kindergartenkinder mittelfristig nicht von einer Strategieunterweisung, und insbesondere Zweitklässler konnten den Profit über alle Transferdurchgänge aufrecht erhalten. Während sich auf Gruppenebene einzelne Hinweise auf das generelle Auftreten einer nutzungsdefizitären Phase finden ließen, konnte aus den Analysen der individuellen Daten abgeleitet werden, dass das Nutzungsdefizit als randständiges Phänomen zu charakterisieren ist. Aus der Analyse der Einflussfaktoren lässt sich ableiten, dass das Defizit gehäuft bei jüngeren Kindern auftritt. Ein Zusammenhang mit der betrachteten Kategorisierungsstrategie (Sortieren vs. Clustern) ließ sich dagegen nicht spezifizieren. Entgegen den Befunden aus bereits vorliegenden längsschnittlich orientierten Untersuchungen konnte die Annahme einer sprunghaften Strategieentwicklung in der vorliegenden mikrogenetischen Studie nicht bestätigt werden. Die Stabilität des Strategieeinsatzes war bei jüngern Kindern und bei einer instruierten Strategie im Vergleich zu spontanem Strategiegebrauch geringer. Insgesamt zeigte sich ein relativ inkonsistenter Strategiegebrauch, das heißt, dass Kinder, die eine Strategie einmal erlernt hatten, diese über den Untersuchungszeitraum nicht immer beibehielten. Zur Untersuchung der Strategieverläufe erwiesen sich clusteranalytische Verfahren als besonders hilfreich. Im Hinblick auf den multiplen Gebrauch von Strategien zeigte sich, dass ältere Kinder und solche mit besseren Metagedächtnisleistungen mehr Gedächtnisstrategien einsetzten, und dieser multiple Strategieeinsatz mit einem Zugewinn in der Gedächtnisleistung in Verbindung stand.show moreshow less
  • Memory strategies are an important vehicle for the continual increase in memory performance of pre-school and elementary school aged children. Strategy development has thus been intensively researched in the last years; the results of these studies vary sharply dependent on the research method, the type of strategy researched, and task difficulty. Therefore, the present study was carried out to shed light on the following controversially discussed questions: From the preliminary findings concerning strategy development, various deficiencyMemory strategies are an important vehicle for the continual increase in memory performance of pre-school and elementary school aged children. Strategy development has thus been intensively researched in the last years; the results of these studies vary sharply dependent on the research method, the type of strategy researched, and task difficulty. Therefore, the present study was carried out to shed light on the following controversially discussed questions: From the preliminary findings concerning strategy development, various deficiency phases can be identified, which children supposedly go through in connection with the acquisition of a specific strategy. During one of these phases, children do apply a memory strategy on their own; however, the use of a strategy provides them with no benefit for their memory performance (“utilization deficiency”). Because reported rates of the incidence of the utilization deficiency varies greatly depending on different variables, the present study was intended to clarify whether this deficiency is a marginal or a general developmental phenomenon, and which factors of influence could be considered to be responsible for its occurrence. A second research question of the present study addresses intraindividual courses of development on strategy acquisition. Data from cross-sectional studies speak for a rather continual acquisition of memory strategies, whereas longitudinal studies indicate a more rapid type of development with leaps and bounds. The present study made use of various research methods in order to provide more information about the course of development of memory strategies in pre-school and elementary school age. Most of the studies that have already been done on strategy development focused on a single memory strategy. The present study looked more closely at various strategies and the effect of their interaction on memory performance. In order to address the various research questions, 492 children were tested with a semantic organization task, as well as with regard to other cognitive variables. The study design can be characterized as microgenetic, whereby the memory and strategy performances were tested over five time points in close succession. As further independent variables were the age of the children (4-yr.-old preschoolers, 5-yr.-old kindergarteners, first-graders, and second-graders), the task difficulty (easy, difficult), as well as strategy instruction (sorting prompt, clustering prompt, no prompt), the latter of which was varied during the second round of testing. The results of the present study essentially confirm the preliminary findings, according to which the amount of sorting better represents the ability to organize semantically than does clustering. The transfer performance of an instructed strategy was particularly dependent on the children’s age – the preschoolers and kindergarteners did not profit on average from the use of a strategy, but particulary second-graders were able to maintain the profit over all transfer rounds. Whereas single indicators of a general occurrence of a phase of utilization deficiency were found on the group level, the analyses of the individual data leads to the conclusion that the utilization deficiency should be characterized as a marginal phenomenon. From the analysis of influencing factors, it can be said that the deficiency occurs in greater numbers among younger children. A connection with the examined categorization strategy (sorting vs. clustering) could not be specified, however. Contrary to the findings of already performed longitudinally oriented studies, the assumption of rapid strategy development could not be supported in the present microgenetic study. The stability of strategy employment was lower among younger children and for instructed as compared to spontaneous strategy use. Overall, a relatively inconsistent strategy employment was observed, which means that children who had been instructed in a strategy one time did not always use that strategy over the time period of the study. Cluster analysis procedures proved to be especially helpful in examining strategy courses. Regarding multiple strategy use, it was shown that older children and those with better metamemory performances employed more memory strategies, and that this multiple strategy use was related to an improvement in memory performance.show moreshow less

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Metadaten
Author: Christina Schwenck
URN:urn:nbn:de:bvb:20-opus-15990
Document Type:Doctoral Thesis
Granting Institution:Universität Würzburg, Philosophische Fakultät III (bis Sept. 2007)
Faculties:Philosophische Fakultät III (bis Sept. 2007) / Institut für Psychologie (bis Sept. 2007)
Date of final exam:2005/07/05
Language:German
Year of Completion:2005
Dewey Decimal Classification:1 Philosophie und Psychologie / 15 Psychologie / 150 Psychologie
GND Keyword:Vorschulkind; Grundschulkind; Gedächtnisbildung
Tag:Gedächtnisentwicklung; Nutzungsdefizit; Strategieentwicklung; mikrogenetische Studie; multipler Strategiegebrauch
memory development; microgenetic study; multiple strategy use; strategy development; utilization deficiency
Release Date:2005/12/22
Advisor:Prof. Dr. Wolfgang Schneider