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Aktueller Stand der Antirefluxchirurgie in Deutschland im Jahre 2000. Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage mit Analyse von 2540 Antirefluxeingriffen
Aktueller Stand der Antirefluxchirurgie in Deutschland im Jahre 2000. Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage mit Analyse von 2540 Antirefluxeingriffen
In der vorliegenden Untersuchung zur Situation der Antirefluxchirurgie in der Bundesrepublik Deutschland wurden von 546 angeschriebenen Kliniken und Chirurgen 392 ausgefüllte Fragebögen zurückgesandt. Der Rücklauf entspricht somit 71,8%. Alle ausgewerteten Fragebögen umfassen zusammen 2.540 im Jahre 1999 durchgeführte Antirefluxoperationen. Die vorgelegte Analyse ist damit die umfassendste detaillierte Antirefluxchirurgieerhebung im internationalen Schrifttum. Die Kernaussagen der Auswertung sind: Der Grossteil (80,8%) der Operationen wird in laparoskopischer Technik durchgeführt und entspricht damit dem allgemein anerkannten Standard. Die laparoskopische Technik setzte sich vor allem in den letzten Jahren deutlich durch. Die fünf am häufigsten durchgeführten Operationsmethoden sind in absteigender Reihenfolge Nissen-Rossetti, Toupet, Floppy-Nissen, AHFP und Original-Nissen. Bei der präoperativen Diagnostik spielen objektive Methoden wie Ösophagogastroduodenoskopie, Histologie, Breischluckuntersuchung und funktionelle Methoden wie Manometrie und pH-Metrie die wichtigste Rolle. Hinzu kommt in Bezug auf die Indikationsstellung neben den Ergebnissen aus oben genannten Methoden die Berücksichtigung subjektiver Beschwerden wie Leidensdruck, Sodbrennen, Volumenreflux, Versagen der konservativen Therapie, Medikamentenunverträglichkeit sowie das Vorliegen einer Ösophagitis oder eines Barrett-Ösophagus. Die Konversionsrate beträgt 2,2%, am häufigsten wegen intraoperativer Blutungen (42%) und apparativ-technischer sowie verwachsungsbedingter Komplikationen (je 17%). Bei der Verfahrenswahl verfolgen über 50% der Chirurgen ein sogenanntes maßgeschneidertes „tailored concept“, wobei je nach Ergebnissen der präoperativen Diagnostik von der genannten Standardoperationsmethode abgewichen wird. So zeigt sich ein deutlicher Trend zu partiellen Verfahren, obwohl als Standardmethode meist (64%) eine 360o-Fundoplikatio genannt wird. Bezüglich der technischen Details der einzelnen Verfahren herrscht eine überraschende Variabilität. So erscheint es fast so, als würde jeder Chirurg nach persönlichem Belieben und Erfahrung einzelne Details verändern und häufig wird auch von Empfehlungen der Konsensus- Konferenzen abgewichen. Die Gesamtkomplikationsrate liegt nach offener Fundoplikatio mit 15,0% signifikant höher als nach laparoskopischer Fundoplikatio mit 7,7%. Die Hauptkomplikationen 48 nach offener Fundoplikatio sind Wundheilungsstörungen, Milzverletzung und nichtchirurgische Komplikationen, nach laparoskopischer Fundoplikatio sind dies überwiegend Pleuraläsionen und Magenwandverletzung. Bei den schwerwiegenden Perforationskomplikationen zeigt sich kein Unterschied. Als eigenständiger Risikofaktor muss die Operationsfrequenz angesehen werden. So sinkt die Komplikationsrate von 14,0% in unerfahrenen Kliniken auf 4,2% in erfahrenen Kliniken. Die Letalität liegt bei 0,1%, die durchschnittliche postoperative Aufenthaltsdauer bei 10 (offene Operation) bzw. 6 (laparoskopische Operation) Tagen. Bezüglich des Outcomes sind die partiellen den 360o-Techniken im Vergleich der Langzeitdysphagieraten und Interventionen signifikant überlegen. Außerdem treten mehr Rezidive nach Nissen-Rossetti/Original-Nissen als nach Short-Floppy-Nissen auf. Sonst zeigt sich kein Unterschied im Outcome zwischen den verschiedenen Methoden bezüglich der Rezidiv- und Kurzzeitdysphagierate. Somit lässt sich in den vorliegenden Daten eine große Variabilität bezogen auf die von den verschiedenen Chirurgen geforderte präoperative Diagnostik und Indikationsstellung als auch auf das gewählte Operationsverfahren belegen. Eindeutig zeigt sich in den letzten Jahren eine deutliche Zunahme der laparoskopischen Verfahren, die in der Hand des Erfahrenen offensichtliche Vorzüge gegenüber den offenen Operationsmethoden hat, wobei sich dieser Trend zur laparoskopischen Antirefluxchirurgie in Zukunft sicherlich fortsetzen wird. Eine eindeutige Empfehlung für einen „Goldstandard“ der Antirefluxoperationen kann trotz des ausführlichen Datenmaterials nicht abgegeben werden, es scheinen sich aber Tendenzen zugunsten der laparoskopischen partiellen Verfahren abzuzeichnen. Aufgrund all dieser Beobachtungen müssen für die Zukunft weitere prospektive randomisierte Multicenter-Studien gefordert werden, um die verschiedenen operativen Antirefluxverfahren im Rahmen von Qualitätsmanagementprogrammen beurteilen zu können. So kann auch zukünftig eine operative Versorgung der Refluxerkrankung auf hohem Niveau zur Verfügung gestellt werden.
Antirefluxchirurgie
Hohle, Matthias
2009
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Hohle, Matthias (2009): Aktueller Stand der Antirefluxchirurgie in Deutschland im Jahre 2000: Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage mit Analyse von 2540 Antirefluxeingriffen. Dissertation, LMU München: Medizinische Fakultät
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Abstract

In der vorliegenden Untersuchung zur Situation der Antirefluxchirurgie in der Bundesrepublik Deutschland wurden von 546 angeschriebenen Kliniken und Chirurgen 392 ausgefüllte Fragebögen zurückgesandt. Der Rücklauf entspricht somit 71,8%. Alle ausgewerteten Fragebögen umfassen zusammen 2.540 im Jahre 1999 durchgeführte Antirefluxoperationen. Die vorgelegte Analyse ist damit die umfassendste detaillierte Antirefluxchirurgieerhebung im internationalen Schrifttum. Die Kernaussagen der Auswertung sind: Der Grossteil (80,8%) der Operationen wird in laparoskopischer Technik durchgeführt und entspricht damit dem allgemein anerkannten Standard. Die laparoskopische Technik setzte sich vor allem in den letzten Jahren deutlich durch. Die fünf am häufigsten durchgeführten Operationsmethoden sind in absteigender Reihenfolge Nissen-Rossetti, Toupet, Floppy-Nissen, AHFP und Original-Nissen. Bei der präoperativen Diagnostik spielen objektive Methoden wie Ösophagogastroduodenoskopie, Histologie, Breischluckuntersuchung und funktionelle Methoden wie Manometrie und pH-Metrie die wichtigste Rolle. Hinzu kommt in Bezug auf die Indikationsstellung neben den Ergebnissen aus oben genannten Methoden die Berücksichtigung subjektiver Beschwerden wie Leidensdruck, Sodbrennen, Volumenreflux, Versagen der konservativen Therapie, Medikamentenunverträglichkeit sowie das Vorliegen einer Ösophagitis oder eines Barrett-Ösophagus. Die Konversionsrate beträgt 2,2%, am häufigsten wegen intraoperativer Blutungen (42%) und apparativ-technischer sowie verwachsungsbedingter Komplikationen (je 17%). Bei der Verfahrenswahl verfolgen über 50% der Chirurgen ein sogenanntes maßgeschneidertes „tailored concept“, wobei je nach Ergebnissen der präoperativen Diagnostik von der genannten Standardoperationsmethode abgewichen wird. So zeigt sich ein deutlicher Trend zu partiellen Verfahren, obwohl als Standardmethode meist (64%) eine 360o-Fundoplikatio genannt wird. Bezüglich der technischen Details der einzelnen Verfahren herrscht eine überraschende Variabilität. So erscheint es fast so, als würde jeder Chirurg nach persönlichem Belieben und Erfahrung einzelne Details verändern und häufig wird auch von Empfehlungen der Konsensus- Konferenzen abgewichen. Die Gesamtkomplikationsrate liegt nach offener Fundoplikatio mit 15,0% signifikant höher als nach laparoskopischer Fundoplikatio mit 7,7%. Die Hauptkomplikationen 48 nach offener Fundoplikatio sind Wundheilungsstörungen, Milzverletzung und nichtchirurgische Komplikationen, nach laparoskopischer Fundoplikatio sind dies überwiegend Pleuraläsionen und Magenwandverletzung. Bei den schwerwiegenden Perforationskomplikationen zeigt sich kein Unterschied. Als eigenständiger Risikofaktor muss die Operationsfrequenz angesehen werden. So sinkt die Komplikationsrate von 14,0% in unerfahrenen Kliniken auf 4,2% in erfahrenen Kliniken. Die Letalität liegt bei 0,1%, die durchschnittliche postoperative Aufenthaltsdauer bei 10 (offene Operation) bzw. 6 (laparoskopische Operation) Tagen. Bezüglich des Outcomes sind die partiellen den 360o-Techniken im Vergleich der Langzeitdysphagieraten und Interventionen signifikant überlegen. Außerdem treten mehr Rezidive nach Nissen-Rossetti/Original-Nissen als nach Short-Floppy-Nissen auf. Sonst zeigt sich kein Unterschied im Outcome zwischen den verschiedenen Methoden bezüglich der Rezidiv- und Kurzzeitdysphagierate. Somit lässt sich in den vorliegenden Daten eine große Variabilität bezogen auf die von den verschiedenen Chirurgen geforderte präoperative Diagnostik und Indikationsstellung als auch auf das gewählte Operationsverfahren belegen. Eindeutig zeigt sich in den letzten Jahren eine deutliche Zunahme der laparoskopischen Verfahren, die in der Hand des Erfahrenen offensichtliche Vorzüge gegenüber den offenen Operationsmethoden hat, wobei sich dieser Trend zur laparoskopischen Antirefluxchirurgie in Zukunft sicherlich fortsetzen wird. Eine eindeutige Empfehlung für einen „Goldstandard“ der Antirefluxoperationen kann trotz des ausführlichen Datenmaterials nicht abgegeben werden, es scheinen sich aber Tendenzen zugunsten der laparoskopischen partiellen Verfahren abzuzeichnen. Aufgrund all dieser Beobachtungen müssen für die Zukunft weitere prospektive randomisierte Multicenter-Studien gefordert werden, um die verschiedenen operativen Antirefluxverfahren im Rahmen von Qualitätsmanagementprogrammen beurteilen zu können. So kann auch zukünftig eine operative Versorgung der Refluxerkrankung auf hohem Niveau zur Verfügung gestellt werden.