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Vergleichende Untersuchungen an der Netzhaut von Atheriniformes (Teleostei). Morphologie der äußeren Retina und spektrale Empfindlichkeit der Photorezeptoren
Vergleichende Untersuchungen an der Netzhaut von Atheriniformes (Teleostei). Morphologie der äußeren Retina und spektrale Empfindlichkeit der Photorezeptoren
Die vorliegende Arbeit stellt eine vergleichende –anatomische und physiologische- Untersuchung an der Netzhaut von Atheriniformes (Hornhechte, fliegende Fische, Halbschnäbler, Ährenfische, Zwischenkärpflinge, u. a.) dar. Ziel dieser Studie ist es, unter Berücksichtigung der verwandtschaftlichen Verhältnisse zu klären, inwieweit sich in Morphologie und spektraler Empfindlichkeit der äußeren Retina Anpassungen an die visuelle Umwelt zeigen. 13 Arten aus 8 Familien wurden licht- und elektronenmikroskopisch untersucht: Dermogenys pusillus, Hyporamphus affinis (Hemiramphidae); Parexocoetus mento (Exocoetidae); Belone belone, Tylosurus crocodylus, Xenentodon cancila (Belonidae); Scomberesox saurus (Scomberesocidae); Oryzias celebenensis (Oryziatidae); Ameca splendens (Goodeidae); Melanotaenia maccullochi, Glossolepis incisus (Melanotaeniidae); Atherina boyeri, Telmatherina ladigesi (Atherinidae). Die spektrale Empfindlichkeit der Photorezeptoren wurde bei D. pusillus, B. belone, M. maccullochi, A. boyeri und T. ladigesi mikrospektrophotometrisch, bei M. maccullochi außerdem histochemisch (NBT-Färbung) untersucht. Der Retinaaufbau entspricht bei allen untersuchten Vertretern der für diurnale Teleostier typischen Duplexretina. Bezüglich der morphologischen Befunde und spektralen Ergebnisse lassen sich zwischen den einzelnen Familien und mitunter sogar Arten z. T. deutliche Unterschiede feststellen. Dabei treten innerhalb eines Auges häufig regionale Unterschiede auf. Allerdings weisen bestimmte Gruppen auch gemeinsame Merkmale auf. So stellen neben den bei allen untersuchten Vertretern vorkommenden gleichen und ungleichen Doppelzapfen, bei den Belonidae und Scomberesocidae lediglich lange Einzelzapfen ein regelmäßiges Musterelement dar. Die übrigen Vertreter besitzen dagegen, zumindest in bestimmten Regionen, zusätzlich kurze Einzelzapfen. Melanotaenia weist mittlere Einzelzapfen an Stelle der kurzen und langen Einzelzapfen auf. Bei den meisten Arten lassen sich sporadisch bis lokal häufig, vermehrt in der ventralen Region, sowohl lineare als auch trianguläre Dreifachzapfen beobachten, bei A. splendens sogar Vierfachzapfen. Charakteristisch für die Atherinifomes ist ein vitreo-skleraler Dichtegradient der Ellipsoid-Mitochondrien, aus dem bei einigen Vertretern Riesenmitochondrien am skleralen Ellipsoidende resultieren. Melanotaenia und Oryzias besitzen an der Ellipsoidspitze ellipsosomenähnliche Körper, Ameca dagegen echte Ellipsosomen, die möglicherweise eine Synapomorphie der Cyprinodontoidea darstellen und durch selektive Filterung vermutlich der Kontrastverstärkung dienen. Während die Stäbchenanordnung bei den Ährenfischartigen keinerlei Regelmäßigkeiten aufweist, bilden die Zapfen im helladaptierten Zustand hochgeordnete Muster aus, die mitunter bis in die Synapsenregion verfolgt werden können. Reine und verdrehte Reihenmuster, sowie Viereckmuster kommen bei nahezu allen Vertretern vor, pentagonale Muster dagegen nur sporadisch. Einen bis dato in dieser Form einmaligen Mustertyp stellt das hexagonale Muster in der dorsalen Retina von B. belone dar, der möglicherweise eine Anpassung an das Sehen bei niedrigeren Lichtintensitäten darstellt. Reine und verdrehte Reihenmuster sowie Viereckmuster stehen häufig in direktem Zusammenhang mit lokalen Doppelzapfendichtemaxima. Solche Dichtehöchstwerte finden sich in der Regel in Retinaregionen, die Sehreize aus den Hauptblickrichtungen verarbeiten. Diese sind bei den Atheriniformes zumeist nach anterior, anterior-dorsad, anterio-ventrad, sowie dorso-temporad gerichtet. Die funktionelle Bedeutung von Dichtemaxima, Zapfenmuster und Zapfenverhältnissen wird unter Berücksichtigung der Lebensgewohnheiten des jeweiligen Vertreters in Zusammenhang mit den photischen Bedingungen seines Lebensraumes diskutiert. Während das λmax der Stäbchen mit Wellenlängen um 506nm relativ konstant erscheint, erstreckt sich die spektrale Empfindlichkeit der Zapfen bei den Atheriniformes von 369nm (UV) bis 576nm (rot). Dabei weisen A. boyeri (blau/grün) ein dichromatisches und T. ladigesi (UV/blau/grün), D. pusillus (UV/grün/rot) sowie B. belone (blau/brün/rot) ein trichromatisches Sehen auf. Das Zapfenpigmentrepertoire von M. maccullochi bietet die Voraussetzung für tetrachromatisches Sehen (UV/violett, blau, grün, rot). Verschiedene Opsinfamilien bei Melanotaenia und Dermogenys zeigen Polymorphismus. Hinweise auf ein Rhodopsin/Porphyropsingemisch, dessen Verhältnis innerhalb der Retina variiert, finden sich bei Telmatherina. Die zahlreichen unterschiedlichen spektralen Empfindlichkeiten lassen sich als Anpassung an die spektralen Eigenschaften des Lebensraumes, die intraspezifische Kommunikation oder den Nahrungserwerb deuten. Dabei spielen der violette und ultraviolette Bereich des Spektrums unter Umständen eine besondere Rolle als „geheime Wellenlängen“ im Rahmen der innerartlichen Verständigung. Vermutlich dient UV-Empfindlichkeit auch der Kontrastverstärkung und erleichtert somit die Beutedetektion. Als gemeinsames Merkmal, das den Atherinoidei und Cyprinodontoidei fehlt, besitzen die Exocoetoidei pigmentierte Strukturen im Augenbinnenraum, die wahrscheinlich modifizierte Processus falciformis darstellen. Während die fliegenden Fische und Halbschnäbler lediglich pigmentierte Zapfen in der Augenkammer aufweisen, zeigen Scomberesox und vor allem die Belonidae ein horizontales intraokulares Septum, das möglicherweise der Streulichtabsorption und als Blendschutz dient. Die Ergebnisse insgesamt machen deutlich, dass bei den Atheriniformes neben hochkonservierten Merkmalen auch abgeleitete Retinamerkmale zu beobachten sind, deren Ausprägungen einem starken evolutiven Wandel unterliegen. Sie stellen die Voraussetzung für die zahlreichen, vom Grundplan der Ordnung abweichenden Anpassungen an die im jeweiligen Mikrohabitat vorherrschenden Lichtbedingungen sowie an verhaltensökologische Gegebenheiten dar.
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Reckel, Frank
2001
Deutsch
Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München
Reckel, Frank (2001): Vergleichende Untersuchungen an der Netzhaut von Atheriniformes (Teleostei): Morphologie der äußeren Retina und spektrale Empfindlichkeit der Photorezeptoren. Dissertation, LMU München: Fakultät für Biologie
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Abstract

Die vorliegende Arbeit stellt eine vergleichende –anatomische und physiologische- Untersuchung an der Netzhaut von Atheriniformes (Hornhechte, fliegende Fische, Halbschnäbler, Ährenfische, Zwischenkärpflinge, u. a.) dar. Ziel dieser Studie ist es, unter Berücksichtigung der verwandtschaftlichen Verhältnisse zu klären, inwieweit sich in Morphologie und spektraler Empfindlichkeit der äußeren Retina Anpassungen an die visuelle Umwelt zeigen. 13 Arten aus 8 Familien wurden licht- und elektronenmikroskopisch untersucht: Dermogenys pusillus, Hyporamphus affinis (Hemiramphidae); Parexocoetus mento (Exocoetidae); Belone belone, Tylosurus crocodylus, Xenentodon cancila (Belonidae); Scomberesox saurus (Scomberesocidae); Oryzias celebenensis (Oryziatidae); Ameca splendens (Goodeidae); Melanotaenia maccullochi, Glossolepis incisus (Melanotaeniidae); Atherina boyeri, Telmatherina ladigesi (Atherinidae). Die spektrale Empfindlichkeit der Photorezeptoren wurde bei D. pusillus, B. belone, M. maccullochi, A. boyeri und T. ladigesi mikrospektrophotometrisch, bei M. maccullochi außerdem histochemisch (NBT-Färbung) untersucht. Der Retinaaufbau entspricht bei allen untersuchten Vertretern der für diurnale Teleostier typischen Duplexretina. Bezüglich der morphologischen Befunde und spektralen Ergebnisse lassen sich zwischen den einzelnen Familien und mitunter sogar Arten z. T. deutliche Unterschiede feststellen. Dabei treten innerhalb eines Auges häufig regionale Unterschiede auf. Allerdings weisen bestimmte Gruppen auch gemeinsame Merkmale auf. So stellen neben den bei allen untersuchten Vertretern vorkommenden gleichen und ungleichen Doppelzapfen, bei den Belonidae und Scomberesocidae lediglich lange Einzelzapfen ein regelmäßiges Musterelement dar. Die übrigen Vertreter besitzen dagegen, zumindest in bestimmten Regionen, zusätzlich kurze Einzelzapfen. Melanotaenia weist mittlere Einzelzapfen an Stelle der kurzen und langen Einzelzapfen auf. Bei den meisten Arten lassen sich sporadisch bis lokal häufig, vermehrt in der ventralen Region, sowohl lineare als auch trianguläre Dreifachzapfen beobachten, bei A. splendens sogar Vierfachzapfen. Charakteristisch für die Atherinifomes ist ein vitreo-skleraler Dichtegradient der Ellipsoid-Mitochondrien, aus dem bei einigen Vertretern Riesenmitochondrien am skleralen Ellipsoidende resultieren. Melanotaenia und Oryzias besitzen an der Ellipsoidspitze ellipsosomenähnliche Körper, Ameca dagegen echte Ellipsosomen, die möglicherweise eine Synapomorphie der Cyprinodontoidea darstellen und durch selektive Filterung vermutlich der Kontrastverstärkung dienen. Während die Stäbchenanordnung bei den Ährenfischartigen keinerlei Regelmäßigkeiten aufweist, bilden die Zapfen im helladaptierten Zustand hochgeordnete Muster aus, die mitunter bis in die Synapsenregion verfolgt werden können. Reine und verdrehte Reihenmuster, sowie Viereckmuster kommen bei nahezu allen Vertretern vor, pentagonale Muster dagegen nur sporadisch. Einen bis dato in dieser Form einmaligen Mustertyp stellt das hexagonale Muster in der dorsalen Retina von B. belone dar, der möglicherweise eine Anpassung an das Sehen bei niedrigeren Lichtintensitäten darstellt. Reine und verdrehte Reihenmuster sowie Viereckmuster stehen häufig in direktem Zusammenhang mit lokalen Doppelzapfendichtemaxima. Solche Dichtehöchstwerte finden sich in der Regel in Retinaregionen, die Sehreize aus den Hauptblickrichtungen verarbeiten. Diese sind bei den Atheriniformes zumeist nach anterior, anterior-dorsad, anterio-ventrad, sowie dorso-temporad gerichtet. Die funktionelle Bedeutung von Dichtemaxima, Zapfenmuster und Zapfenverhältnissen wird unter Berücksichtigung der Lebensgewohnheiten des jeweiligen Vertreters in Zusammenhang mit den photischen Bedingungen seines Lebensraumes diskutiert. Während das λmax der Stäbchen mit Wellenlängen um 506nm relativ konstant erscheint, erstreckt sich die spektrale Empfindlichkeit der Zapfen bei den Atheriniformes von 369nm (UV) bis 576nm (rot). Dabei weisen A. boyeri (blau/grün) ein dichromatisches und T. ladigesi (UV/blau/grün), D. pusillus (UV/grün/rot) sowie B. belone (blau/brün/rot) ein trichromatisches Sehen auf. Das Zapfenpigmentrepertoire von M. maccullochi bietet die Voraussetzung für tetrachromatisches Sehen (UV/violett, blau, grün, rot). Verschiedene Opsinfamilien bei Melanotaenia und Dermogenys zeigen Polymorphismus. Hinweise auf ein Rhodopsin/Porphyropsingemisch, dessen Verhältnis innerhalb der Retina variiert, finden sich bei Telmatherina. Die zahlreichen unterschiedlichen spektralen Empfindlichkeiten lassen sich als Anpassung an die spektralen Eigenschaften des Lebensraumes, die intraspezifische Kommunikation oder den Nahrungserwerb deuten. Dabei spielen der violette und ultraviolette Bereich des Spektrums unter Umständen eine besondere Rolle als „geheime Wellenlängen“ im Rahmen der innerartlichen Verständigung. Vermutlich dient UV-Empfindlichkeit auch der Kontrastverstärkung und erleichtert somit die Beutedetektion. Als gemeinsames Merkmal, das den Atherinoidei und Cyprinodontoidei fehlt, besitzen die Exocoetoidei pigmentierte Strukturen im Augenbinnenraum, die wahrscheinlich modifizierte Processus falciformis darstellen. Während die fliegenden Fische und Halbschnäbler lediglich pigmentierte Zapfen in der Augenkammer aufweisen, zeigen Scomberesox und vor allem die Belonidae ein horizontales intraokulares Septum, das möglicherweise der Streulichtabsorption und als Blendschutz dient. Die Ergebnisse insgesamt machen deutlich, dass bei den Atheriniformes neben hochkonservierten Merkmalen auch abgeleitete Retinamerkmale zu beobachten sind, deren Ausprägungen einem starken evolutiven Wandel unterliegen. Sie stellen die Voraussetzung für die zahlreichen, vom Grundplan der Ordnung abweichenden Anpassungen an die im jeweiligen Mikrohabitat vorherrschenden Lichtbedingungen sowie an verhaltensökologische Gegebenheiten dar.